Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

losen Blätter und Blüthen gewesen, nach denen der
verliebte Jüngling gefragt, und die seine Helfer,
prosaisch genug, in einem Futtersack herbeigeschleppt.
Mag sich das eitle Weib meinetwegen in Blumen
ersticken lassen! dachte er; was kümmert's mich?
Wenn sie nur der armen, wehrlosen Adele kein Leid
zufügen!

Die zweite Abtheilung begann; die Reihe sie zu
eröffnen war an Adele. Mit niedergeschlagenen,
rothgeweinten Augen, denen man den Schmerz über
die gestern erlittene Kränkung noch ansah, schwang
sich die Jartour auf's Pferd. Anton, obgleich es
nicht sein Tag war, hatte sich selbst zum Manegen-
dienst erboten, um für alle Fälle bei der Hand zu
sein und folgte dem Stallmeister, der die Leitpeitsche
führend und den Gaul antreibend, seine üblichen
kleinen Kreise beschrieb; auch überreichte er der Jar-
tour ihre Fahne, mit der sie den großen Rundlauf zu
machen hatte und die so konstruirt war, sich durch
einen Griff in zwei Fahnen theilen zu lassen, welche
dann lebhaft geschwungen wie Blitze um die dahin-
fliegende Reiterin sausten. Jn dem nämlichen
Moment, wo die Kapelle das für die Carriere
bestimmte raschere Tempo einsetzte, flog eine schwarze

loſen Blaͤtter und Bluͤthen geweſen, nach denen der
verliebte Juͤngling gefragt, und die ſeine Helfer,
proſaiſch genug, in einem Futterſack herbeigeſchleppt.
Mag ſich das eitle Weib meinetwegen in Blumen
erſticken laſſen! dachte er; was kuͤmmert’s mich?
Wenn ſie nur der armen, wehrloſen Adele kein Leid
zufuͤgen!

Die zweite Abtheilung begann; die Reihe ſie zu
eroͤffnen war an Adele. Mit niedergeſchlagenen,
rothgeweinten Augen, denen man den Schmerz uͤber
die geſtern erlittene Kraͤnkung noch anſah, ſchwang
ſich die Jartour auf’s Pferd. Anton, obgleich es
nicht ſein Tag war, hatte ſich ſelbſt zum Manègen-
dienſt erboten, um fuͤr alle Faͤlle bei der Hand zu
ſein und folgte dem Stallmeiſter, der die Leitpeitſche
fuͤhrend und den Gaul antreibend, ſeine uͤblichen
kleinen Kreiſe beſchrieb; auch uͤberreichte er der Jar-
tour ihre Fahne, mit der ſie den großen Rundlauf zu
machen hatte und die ſo konſtruirt war, ſich durch
einen Griff in zwei Fahnen theilen zu laſſen, welche
dann lebhaft geſchwungen wie Blitze um die dahin-
fliegende Reiterin ſauſten. Jn dem naͤmlichen
Moment, wo die Kapelle das fuͤr die Carrière
beſtimmte raſchere Tempo einſetzte, flog eine ſchwarze

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="25"/>
lo&#x017F;en Bla&#x0364;tter und Blu&#x0364;then gewe&#x017F;en, nach denen der<lb/>
verliebte Ju&#x0364;ngling gefragt, und die &#x017F;eine Helfer,<lb/>
pro&#x017F;ai&#x017F;ch genug, in einem Futter&#x017F;ack herbeige&#x017F;chleppt.<lb/>
Mag &#x017F;ich das eitle Weib meinetwegen in Blumen<lb/>
er&#x017F;ticken la&#x017F;&#x017F;en! dachte er; was ku&#x0364;mmert&#x2019;s mich?<lb/>
Wenn &#x017F;ie nur der armen, wehrlo&#x017F;en Adele kein Leid<lb/>
zufu&#x0364;gen!</p><lb/>
        <p>Die zweite Abtheilung begann; die Reihe &#x017F;ie zu<lb/>
ero&#x0364;ffnen war an Adele. Mit niederge&#x017F;chlagenen,<lb/>
rothgeweinten Augen, denen man den Schmerz u&#x0364;ber<lb/>
die ge&#x017F;tern erlittene Kra&#x0364;nkung noch an&#x017F;ah, &#x017F;chwang<lb/>
&#x017F;ich die Jartour auf&#x2019;s Pferd. Anton, obgleich es<lb/>
nicht &#x017F;ein Tag war, hatte &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zum Man<hi rendition="#aq">è</hi>gen-<lb/>
dien&#x017F;t erboten, um fu&#x0364;r alle Fa&#x0364;lle bei der Hand zu<lb/>
&#x017F;ein und folgte dem Stallmei&#x017F;ter, der die Leitpeit&#x017F;che<lb/>
fu&#x0364;hrend und den Gaul antreibend, &#x017F;eine u&#x0364;blichen<lb/>
kleinen Krei&#x017F;e be&#x017F;chrieb; auch u&#x0364;berreichte er der Jar-<lb/>
tour ihre Fahne, mit der &#x017F;ie den großen Rundlauf zu<lb/>
machen hatte und die &#x017F;o kon&#x017F;truirt war, &#x017F;ich durch<lb/>
einen Griff in zwei Fahnen theilen zu la&#x017F;&#x017F;en, welche<lb/>
dann lebhaft ge&#x017F;chwungen wie Blitze um die dahin-<lb/>
fliegende Reiterin &#x017F;au&#x017F;ten. Jn dem na&#x0364;mlichen<lb/>
Moment, wo die Kapelle das fu&#x0364;r die Carri<hi rendition="#aq">è</hi>re<lb/>
be&#x017F;timmte ra&#x017F;chere Tempo ein&#x017F;etzte, flog eine &#x017F;chwarze<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0027] loſen Blaͤtter und Bluͤthen geweſen, nach denen der verliebte Juͤngling gefragt, und die ſeine Helfer, proſaiſch genug, in einem Futterſack herbeigeſchleppt. Mag ſich das eitle Weib meinetwegen in Blumen erſticken laſſen! dachte er; was kuͤmmert’s mich? Wenn ſie nur der armen, wehrloſen Adele kein Leid zufuͤgen! Die zweite Abtheilung begann; die Reihe ſie zu eroͤffnen war an Adele. Mit niedergeſchlagenen, rothgeweinten Augen, denen man den Schmerz uͤber die geſtern erlittene Kraͤnkung noch anſah, ſchwang ſich die Jartour auf’s Pferd. Anton, obgleich es nicht ſein Tag war, hatte ſich ſelbſt zum Manègen- dienſt erboten, um fuͤr alle Faͤlle bei der Hand zu ſein und folgte dem Stallmeiſter, der die Leitpeitſche fuͤhrend und den Gaul antreibend, ſeine uͤblichen kleinen Kreiſe beſchrieb; auch uͤberreichte er der Jar- tour ihre Fahne, mit der ſie den großen Rundlauf zu machen hatte und die ſo konſtruirt war, ſich durch einen Griff in zwei Fahnen theilen zu laſſen, welche dann lebhaft geſchwungen wie Blitze um die dahin- fliegende Reiterin ſauſten. Jn dem naͤmlichen Moment, wo die Kapelle das fuͤr die Carrière beſtimmte raſchere Tempo einſetzte, flog eine ſchwarze

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/27
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/27>, abgerufen am 09.11.2024.