Heimath, Gott weiß wo! davon zu vernehmen. Für meine Nebenbuhlerin, für Ottilie, oder wie ihr sie immer nanntet "Tieletunke" blieb nichts zu thun, denn sie begehrte nichts. Das einzige Ziel ihres Lebens, wie es scheint, hat sie erreicht; sie bewohnt das kleine Häuschen in welchem Toni Körbe flocht; verkehrt mit niemand; auch nicht mit ihren Schwestern, die sich bald nach des Baron's Tode bei'm Schul- meister eingemiethet haben; besucht allwöchentlich den Kirchhof, wo sie das Grabkreuz der alten Großmut- ter Hahn mit Kränzen schmückt; geht nur schwarz gekleidet; lebt so zu sagen von nichts; und trocknet geduldig zur alten Jungfer zusammen.
Nun wieder zu mir. Kurze Zeit nachdem Herr Theodor van der Helfft selbstständig gemacht war, starb sein Vater. Wir zogen nach Liebenau. Der edle Jüngling zeigte anfänglich nicht übel Lust, ohne mich den Gutsherrn zu spielen und versuchte in ohn- mächtigem Hochmuth, mir deutlich zu machen, daß unser Zusammenwohnen seinem Rufe als Tugend- muster schaden müsse. Doch blieb es bei'm Versuche. Jch bin nicht darauf eingerichtet, zu gehorchen, mich zu fügen, ich setzte natürlich meinen Willen durch und bald war er völlig unterjocht. Was ihn wün-
Heimath, Gott weiß wo! davon zu vernehmen. Fuͤr meine Nebenbuhlerin, fuͤr Ottilie, oder wie ihr ſie immer nanntet „Tieletunke“ blieb nichts zu thun, denn ſie begehrte nichts. Das einzige Ziel ihres Lebens, wie es ſcheint, hat ſie erreicht; ſie bewohnt das kleine Haͤuschen in welchem Toni Koͤrbe flocht; verkehrt mit niemand; auch nicht mit ihren Schweſtern, die ſich bald nach des Baron’s Tode bei’m Schul- meiſter eingemiethet haben; beſucht allwoͤchentlich den Kirchhof, wo ſie das Grabkreuz der alten Großmut- ter Hahn mit Kraͤnzen ſchmuͤckt; geht nur ſchwarz gekleidet; lebt ſo zu ſagen von nichts; und trocknet geduldig zur alten Jungfer zuſammen.
Nun wieder zu mir. Kurze Zeit nachdem Herr Theodor van der Helfft ſelbſtſtaͤndig gemacht war, ſtarb ſein Vater. Wir zogen nach Liebenau. Der edle Juͤngling zeigte anfaͤnglich nicht uͤbel Luſt, ohne mich den Gutsherrn zu ſpielen und verſuchte in ohn- maͤchtigem Hochmuth, mir deutlich zu machen, daß unſer Zuſammenwohnen ſeinem Rufe als Tugend- muſter ſchaden muͤſſe. Doch blieb es bei’m Verſuche. Jch bin nicht darauf eingerichtet, zu gehorchen, mich zu fuͤgen, ich ſetzte natuͤrlich meinen Willen durch und bald war er voͤllig unterjocht. Was ihn wuͤn-
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Heimath, Gott weiß wo! davon zu vernehmen. Fuͤr
meine Nebenbuhlerin, fuͤr Ottilie, oder wie ihr ſie
immer nanntet „Tieletunke“ blieb nichts zu thun,
denn ſie begehrte nichts. Das einzige Ziel ihres
Lebens, wie es ſcheint, hat ſie erreicht; ſie bewohnt
das kleine Haͤuschen in welchem Toni Koͤrbe flocht;
verkehrt mit niemand; auch nicht mit ihren Schweſtern,
die ſich bald nach des Baron’s Tode bei’m Schul-
meiſter eingemiethet haben; beſucht allwoͤchentlich den
Kirchhof, wo ſie das Grabkreuz der alten Großmut-
ter Hahn mit Kraͤnzen ſchmuͤckt; geht nur ſchwarz
gekleidet; lebt ſo zu ſagen von nichts; und trocknet
geduldig zur alten Jungfer zuſammen.
Nun wieder zu mir. Kurze Zeit nachdem Herr
Theodor van der Helfft ſelbſtſtaͤndig gemacht war,
ſtarb ſein Vater. Wir zogen nach Liebenau. Der
edle Juͤngling zeigte anfaͤnglich nicht uͤbel Luſt, ohne
mich den Gutsherrn zu ſpielen und verſuchte in ohn-
maͤchtigem Hochmuth, mir deutlich zu machen, daß
unſer Zuſammenwohnen ſeinem Rufe als Tugend-
muſter ſchaden muͤſſe. Doch blieb es bei’m Verſuche.
Jch bin nicht darauf eingerichtet, zu gehorchen, mich
zu fuͤgen, ich ſetzte natuͤrlich meinen Willen durch
und bald war er voͤllig unterjocht. Was ihn wuͤn-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/281>, abgerufen am 24.11.2024.
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