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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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spät als gar nicht," und schob dies auch in den
Koffer. Und diesen fest verschlossen, die Schlüssel
versiegelt, ließ er ohne Aufschub an den Kammer-
diener des Herrn van der Helfft befördern, durch
welchen er sich eine schriftliche Bescheinigung über
richtigen Empfang erbat.

Eine solche wurde denn auch vom "Kommissionair"
zurückgebracht, doch erst nach langem vergeblichem
Harren, welches Anton um so ungeduldiger machte,
je heißer seine Sehnsucht entbrannte, die Räume, die
er jetzt noch inne hatte, meiden zu dürfen und der
Straße d'Enfer für ewig den Rücken zu wenden.
Jedes Geräusch machte ihn zittern, weil er die
Gefürchtete erwartete.

Als nun endlich der Mensch wiederkam und von
Anton angerufen wurde: Um Gottes Willen, wie
lange zaudert ihr? Da entgegnete er:

"Jch habe die größte Mühe gehabt den Kammer-
diener überhaupt nur zu sprechen und ihn zur Abfas-
sung dieser Schrift zu bewegen. Das ganze Hotel
befindet sich in einer Art von Aufruhr, Alles läuft
durcheinander, kein Mensch hat den Kopf auf der
rechten Stelle. Die junge schöne Kreolin, die
Begleiterin des reichen Herrn aus Deutschland, hat

ſpaͤt als gar nicht,“ und ſchob dies auch in den
Koffer. Und dieſen feſt verſchloſſen, die Schluͤſſel
verſiegelt, ließ er ohne Aufſchub an den Kammer-
diener des Herrn van der Helfft befoͤrdern, durch
welchen er ſich eine ſchriftliche Beſcheinigung uͤber
richtigen Empfang erbat.

Eine ſolche wurde denn auch vom „Kommiſſionair“
zuruͤckgebracht, doch erſt nach langem vergeblichem
Harren, welches Anton um ſo ungeduldiger machte,
je heißer ſeine Sehnſucht entbrannte, die Raͤume, die
er jetzt noch inne hatte, meiden zu duͤrfen und der
Straße d’Enfer fuͤr ewig den Ruͤcken zu wenden.
Jedes Geraͤuſch machte ihn zittern, weil er die
Gefuͤrchtete erwartete.

Als nun endlich der Menſch wiederkam und von
Anton angerufen wurde: Um Gottes Willen, wie
lange zaudert ihr? Da entgegnete er:

„Jch habe die groͤßte Muͤhe gehabt den Kammer-
diener uͤberhaupt nur zu ſprechen und ihn zur Abfaſ-
ſung dieſer Schrift zu bewegen. Das ganze Hôtel
befindet ſich in einer Art von Aufruhr, Alles laͤuft
durcheinander, kein Menſch hat den Kopf auf der
rechten Stelle. Die junge ſchoͤne Kreolin, die
Begleiterin des reichen Herrn aus Deutſchland, hat

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[327/0329] ſpaͤt als gar nicht,“ und ſchob dies auch in den Koffer. Und dieſen feſt verſchloſſen, die Schluͤſſel verſiegelt, ließ er ohne Aufſchub an den Kammer- diener des Herrn van der Helfft befoͤrdern, durch welchen er ſich eine ſchriftliche Beſcheinigung uͤber richtigen Empfang erbat. Eine ſolche wurde denn auch vom „Kommiſſionair“ zuruͤckgebracht, doch erſt nach langem vergeblichem Harren, welches Anton um ſo ungeduldiger machte, je heißer ſeine Sehnſucht entbrannte, die Raͤume, die er jetzt noch inne hatte, meiden zu duͤrfen und der Straße d’Enfer fuͤr ewig den Ruͤcken zu wenden. Jedes Geraͤuſch machte ihn zittern, weil er die Gefuͤrchtete erwartete. Als nun endlich der Menſch wiederkam und von Anton angerufen wurde: Um Gottes Willen, wie lange zaudert ihr? Da entgegnete er: „Jch habe die groͤßte Muͤhe gehabt den Kammer- diener uͤberhaupt nur zu ſprechen und ihn zur Abfaſ- ſung dieſer Schrift zu bewegen. Das ganze Hôtel befindet ſich in einer Art von Aufruhr, Alles laͤuft durcheinander, kein Menſch hat den Kopf auf der rechten Stelle. Die junge ſchoͤne Kreolin, die Begleiterin des reichen Herrn aus Deutſchland, hat

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/329>, abgerufen am 27.11.2024.