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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

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konnte mich erlösen, von der ewigen Angst, sie wieder
zu seh'n, wieder zu unterliegen. Sie ist todt ....
ich bin frei!! -- -- -- Frei! bis sie kommen, mich
in's Gefängniß abzuholen!

Dann wieder überließ er sich traurigen Aussichten
für sein Geschick im Allgemeinen, versank in trostlose
Träume, fand keinen Muth mehr sich zu ermannen
bis der Abend einbrach.

Er hatte den ganzen Tag über keine Nahrung
zu sich genommen; er fühlte das Bedürfniß dazu
nicht.

Jn der Dämmerung sah er bleiche blutige Schat-
ten. Aus jener Ecke erhob sich Bärbel's schlotternder
Leib auf zerbrochenen Gebeinen; das Jammerbild
winkte ihm zu und glühende Augen, glühend wie in
Stunden ihrer feurigsten Vereinigung erschreckten ihn.

Jm anderen Winkel lag sterbend der schwarze
Wolfgang, der ihm drohte; ihn schnöden Wortbruchs
zieh'.

Nur fort aus dieser Höllenstraße schrie er angstvoll.

Seine schwere Kiste lud er mühsam auf die
Schulter und von ihrer Last niedergebeugt verließ er
die Behausung, welche Madame Barbe gemiethet
hatte für den Baron de la Vanniere.

konnte mich erloͤſen, von der ewigen Angſt, ſie wieder
zu ſeh’n, wieder zu unterliegen. Sie iſt todt ....
ich bin frei!! — — — Frei! bis ſie kommen, mich
in’s Gefaͤngniß abzuholen!

Dann wieder uͤberließ er ſich traurigen Ausſichten
fuͤr ſein Geſchick im Allgemeinen, verſank in troſtloſe
Traͤume, fand keinen Muth mehr ſich zu ermannen
bis der Abend einbrach.

Er hatte den ganzen Tag uͤber keine Nahrung
zu ſich genommen; er fuͤhlte das Beduͤrfniß dazu
nicht.

Jn der Daͤmmerung ſah er bleiche blutige Schat-
ten. Aus jener Ecke erhob ſich Baͤrbel’s ſchlotternder
Leib auf zerbrochenen Gebeinen; das Jammerbild
winkte ihm zu und gluͤhende Augen, gluͤhend wie in
Stunden ihrer feurigſten Vereinigung erſchreckten ihn.

Jm anderen Winkel lag ſterbend der ſchwarze
Wolfgang, der ihm drohte; ihn ſchnoͤden Wortbruchs
zieh’.

Nur fort aus dieſer Hoͤllenſtraße ſchrie er angſtvoll.

Seine ſchwere Kiſte lud er muͤhſam auf die
Schulter und von ihrer Laſt niedergebeugt verließ er
die Behauſung, welche Madame Barbe gemiethet
hatte fuͤr den Baron de la Vannière.

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[329/0331] konnte mich erloͤſen, von der ewigen Angſt, ſie wieder zu ſeh’n, wieder zu unterliegen. Sie iſt todt .... ich bin frei!! — — — Frei! bis ſie kommen, mich in’s Gefaͤngniß abzuholen! Dann wieder uͤberließ er ſich traurigen Ausſichten fuͤr ſein Geſchick im Allgemeinen, verſank in troſtloſe Traͤume, fand keinen Muth mehr ſich zu ermannen bis der Abend einbrach. Er hatte den ganzen Tag uͤber keine Nahrung zu ſich genommen; er fuͤhlte das Beduͤrfniß dazu nicht. Jn der Daͤmmerung ſah er bleiche blutige Schat- ten. Aus jener Ecke erhob ſich Baͤrbel’s ſchlotternder Leib auf zerbrochenen Gebeinen; das Jammerbild winkte ihm zu und gluͤhende Augen, gluͤhend wie in Stunden ihrer feurigſten Vereinigung erſchreckten ihn. Jm anderen Winkel lag ſterbend der ſchwarze Wolfgang, der ihm drohte; ihn ſchnoͤden Wortbruchs zieh’. Nur fort aus dieſer Hoͤllenſtraße ſchrie er angſtvoll. Seine ſchwere Kiſte lud er muͤhſam auf die Schulter und von ihrer Laſt niedergebeugt verließ er die Behauſung, welche Madame Barbe gemiethet hatte fuͤr den Baron de la Vannière.

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/331>, abgerufen am 27.11.2024.