schon eine Entschuldigung voran, indem er sagte: "ich komme mir vor, wie ein außerordentlicher Bot- schafter, der entsendet um Unterhandlungen anzu- knüpfen, zu früh abreisete; gleich nachdem er fort war hat zu Hause eine Staats-Umwälzung Statt gefunden, die all' seine diplomatischen Feinheiten unnützt macht. Während ich vor einigen Stunden und seitdem ich bei Jhnen war, Bester, ist so viel geschehen, daß ich gar nicht weiß, womit ich erzählend beginnen soll. Jhr Duell kann nicht zu Stande kom- men; auch dann nicht, wenn Sie vom reinsten und ältesten Adel wären, denn Jhr Gegner ist auf und davon! Es klingt unglaublich, doch leider muß ich's glauben. Denken Sie: wir berathen gestern Abend alles Ernstes unter einander, was etwa geschehen könnte, den Schimpf des Fahnenschwenkens von des Gelbschnabels Kopf zu waschen -- und unterdeß schleicht er zu einer bewußten Dame, um bei ihr und von ihr, versprochenen Lohn zu empfangen für die an Demoiselle Adele verübte Büberei. Eine gewisse lustige Person eurer Truppe bekommt Wind, wird darüber zur traurigen, vielmehr zornigen Person; glaubt sich in eigenen Rechten gekränkt; sprengt eine verschlossene Thür, dringt ein und trennt das ungleiche
ſchon eine Entſchuldigung voran, indem er ſagte: „ich komme mir vor, wie ein außerordentlicher Bot- ſchafter, der entſendet um Unterhandlungen anzu- knuͤpfen, zu fruͤh abreiſete; gleich nachdem er fort war hat zu Hauſe eine Staats-Umwaͤlzung Statt gefunden, die all’ ſeine diplomatiſchen Feinheiten unnuͤtzt macht. Waͤhrend ich vor einigen Stunden und ſeitdem ich bei Jhnen war, Beſter, iſt ſo viel geſchehen, daß ich gar nicht weiß, womit ich erzaͤhlend beginnen ſoll. Jhr Duell kann nicht zu Stande kom- men; auch dann nicht, wenn Sie vom reinſten und aͤlteſten Adel waͤren, denn Jhr Gegner iſt auf und davon! Es klingt unglaublich, doch leider muß ich’s glauben. Denken Sie: wir berathen geſtern Abend alles Ernſtes unter einander, was etwa geſchehen koͤnnte, den Schimpf des Fahnenſchwenkens von des Gelbſchnabels Kopf zu waſchen — und unterdeß ſchleicht er zu einer bewußten Dame, um bei ihr und von ihr, verſprochenen Lohn zu empfangen fuͤr die an Demoiſelle Adele veruͤbte Buͤberei. Eine gewiſſe luſtige Perſon eurer Truppe bekommt Wind, wird daruͤber zur traurigen, vielmehr zornigen Perſon; glaubt ſich in eigenen Rechten gekraͤnkt; ſprengt eine verſchloſſene Thuͤr, dringt ein und trennt das ungleiche
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0041"n="39"/>ſchon eine Entſchuldigung voran, indem er ſagte: „ich<lb/>
komme mir vor, wie ein außerordentlicher Bot-<lb/>ſchafter, der entſendet um Unterhandlungen anzu-<lb/>
knuͤpfen, zu fruͤh abreiſete; gleich nachdem er fort<lb/>
war hat zu Hauſe eine Staats-Umwaͤlzung Statt<lb/>
gefunden, die all’ſeine diplomatiſchen Feinheiten<lb/>
unnuͤtzt macht. Waͤhrend ich vor einigen Stunden<lb/>
und ſeitdem ich bei Jhnen war, Beſter, iſt ſo viel<lb/>
geſchehen, daß ich gar nicht weiß, womit ich erzaͤhlend<lb/>
beginnen ſoll. Jhr Duell kann nicht zu Stande kom-<lb/>
men; auch dann nicht, wenn Sie vom reinſten und<lb/>
aͤlteſten Adel waͤren, denn Jhr Gegner iſt auf und<lb/>
davon! Es klingt unglaublich, doch leider muß ich’s<lb/>
glauben. Denken Sie: <hirendition="#g">wir</hi> berathen geſtern Abend<lb/>
alles Ernſtes unter einander, was etwa geſchehen<lb/>
koͤnnte, den Schimpf des Fahnenſchwenkens von des<lb/>
Gelbſchnabels Kopf zu waſchen — und unterdeß<lb/>ſchleicht <hirendition="#g">er</hi> zu einer bewußten Dame, um bei ihr und<lb/>
von ihr, verſprochenen Lohn zu empfangen fuͤr die an<lb/>
Demoiſelle Adele veruͤbte Buͤberei. Eine gewiſſe<lb/>
luſtige Perſon eurer Truppe bekommt Wind, wird<lb/>
daruͤber zur traurigen, vielmehr zornigen Perſon;<lb/>
glaubt ſich in eigenen Rechten gekraͤnkt; ſprengt eine<lb/>
verſchloſſene Thuͤr, dringt ein und trennt das ungleiche<lb/></p></div></body></text></TEI>
[39/0041]
ſchon eine Entſchuldigung voran, indem er ſagte: „ich
komme mir vor, wie ein außerordentlicher Bot-
ſchafter, der entſendet um Unterhandlungen anzu-
knuͤpfen, zu fruͤh abreiſete; gleich nachdem er fort
war hat zu Hauſe eine Staats-Umwaͤlzung Statt
gefunden, die all’ ſeine diplomatiſchen Feinheiten
unnuͤtzt macht. Waͤhrend ich vor einigen Stunden
und ſeitdem ich bei Jhnen war, Beſter, iſt ſo viel
geſchehen, daß ich gar nicht weiß, womit ich erzaͤhlend
beginnen ſoll. Jhr Duell kann nicht zu Stande kom-
men; auch dann nicht, wenn Sie vom reinſten und
aͤlteſten Adel waͤren, denn Jhr Gegner iſt auf und
davon! Es klingt unglaublich, doch leider muß ich’s
glauben. Denken Sie: wir berathen geſtern Abend
alles Ernſtes unter einander, was etwa geſchehen
koͤnnte, den Schimpf des Fahnenſchwenkens von des
Gelbſchnabels Kopf zu waſchen — und unterdeß
ſchleicht er zu einer bewußten Dame, um bei ihr und
von ihr, verſprochenen Lohn zu empfangen fuͤr die an
Demoiſelle Adele veruͤbte Buͤberei. Eine gewiſſe
luſtige Perſon eurer Truppe bekommt Wind, wird
daruͤber zur traurigen, vielmehr zornigen Perſon;
glaubt ſich in eigenen Rechten gekraͤnkt; ſprengt eine
verſchloſſene Thuͤr, dringt ein und trennt das ungleiche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/41>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.