sie blieb stark, wie in solchen Augenblicken es nur ein Weib, nur ein liebendes Weib vermag: dieselben Muskeln die ihrer ausdrucksvollen Physiognomie mit krampfhaftem Zucken den Stempel heftigen Schmerzes aufzwingen wollten, mußten einem stärkeren Willen gehorchend, in lautes Gelächter übergehen. Jst das ein Kind, rief sie jubelnd aus; begreift er nicht, daß wir beide, er und ich, schon gestern in's Hospital hätten wandern müssen, ohne Guillaume's Groß- muth!? Nein, lieber Freund, machen Sie sich keine Sorgen, Guillaume hat uns hinreichend versorgt. Es liegt ihm so viel an Jhnen, und er ist so erkennt- lich für die Vortheile die Sie ihm bereits gebracht, daß er sich die künftig noch zu bringenden um jeden Preis sichern will. Er weiß am Besten, wer ihm die vornehme Damenwelt in seinen Cirkus zaubert. Einen solchen Magneten läßt man nicht verderben: hier ist Gold, vollauf!
"Das hätt' ich nicht erwartet," sagte Anton tief aufathmend und vollkommen beruhiget; "für so nobel hab' ich "Papa Bonhomme" nicht gehalten. Nun, es freut mich, daß ich ihm mein Unrecht abbitten darf und ich will all' meine Kräfte aufbieten, reich- lich zu vergelten, was er an mir thut."
Von dieser Stunde an besserte sich Anton's
ſie blieb ſtark, wie in ſolchen Augenblicken es nur ein Weib, nur ein liebendes Weib vermag: dieſelben Muskeln die ihrer ausdrucksvollen Phyſiognomie mit krampfhaftem Zucken den Stempel heftigen Schmerzes aufzwingen wollten, mußten einem ſtaͤrkeren Willen gehorchend, in lautes Gelaͤchter uͤbergehen. Jſt das ein Kind, rief ſie jubelnd aus; begreift er nicht, daß wir beide, er und ich, ſchon geſtern in’s Hospital haͤtten wandern muͤſſen, ohne Guillaume’s Groß- muth!? Nein, lieber Freund, machen Sie ſich keine Sorgen, Guillaume hat uns hinreichend verſorgt. Es liegt ihm ſo viel an Jhnen, und er iſt ſo erkennt- lich fuͤr die Vortheile die Sie ihm bereits gebracht, daß er ſich die kuͤnftig noch zu bringenden um jeden Preis ſichern will. Er weiß am Beſten, wer ihm die vornehme Damenwelt in ſeinen Cirkus zaubert. Einen ſolchen Magneten laͤßt man nicht verderben: hier iſt Gold, vollauf!
„Das haͤtt’ ich nicht erwartet,“ ſagte Anton tief aufathmend und vollkommen beruhiget; „fuͤr ſo nobel hab’ ich „Papa Bonhomme“ nicht gehalten. Nun, es freut mich, daß ich ihm mein Unrecht abbitten darf und ich will all’ meine Kraͤfte aufbieten, reich- lich zu vergelten, was er an mir thut.“
Von dieſer Stunde an beſſerte ſich Anton’s
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ſie blieb ſtark, wie in ſolchen Augenblicken es nur ein
Weib, nur ein liebendes Weib vermag: dieſelben
Muskeln die ihrer ausdrucksvollen Phyſiognomie mit
krampfhaftem Zucken den Stempel heftigen Schmerzes
aufzwingen wollten, mußten einem ſtaͤrkeren Willen
gehorchend, in lautes Gelaͤchter uͤbergehen. Jſt das
ein Kind, rief ſie jubelnd aus; begreift er nicht, daß
wir beide, er und ich, ſchon geſtern in’s Hospital
haͤtten wandern muͤſſen, ohne Guillaume’s Groß-
muth!? Nein, lieber Freund, machen Sie ſich keine
Sorgen, Guillaume hat uns hinreichend verſorgt.
Es liegt ihm ſo viel an Jhnen, und er iſt ſo erkennt-
lich fuͤr die Vortheile die Sie ihm bereits gebracht,
daß er ſich die kuͤnftig noch zu bringenden um jeden
Preis ſichern will. Er weiß am Beſten, wer ihm
die vornehme Damenwelt in ſeinen Cirkus zaubert.
Einen ſolchen Magneten laͤßt man nicht verderben:
hier iſt Gold, vollauf!
„Das haͤtt’ ich nicht erwartet,“ ſagte Anton tief
aufathmend und vollkommen beruhiget; „fuͤr ſo nobel
hab’ ich „Papa Bonhomme“ nicht gehalten. Nun,
es freut mich, daß ich ihm mein Unrecht abbitten
darf und ich will all’ meine Kraͤfte aufbieten, reich-
lich zu vergelten, was er an mir thut.“
Von dieſer Stunde an beſſerte ſich Anton’s
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/65>, abgerufen am 27.11.2024.
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