Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite

erringen, vielleicht manche neue Sachen erfinden, die
noch nicht gesehen wurden; die mich selbst zufrieden
stellen auf einige Zeit, weil sie der Menge gefallen!
-- Aber dann wiederum entsann er sich, daß ihm die
Jartour, als eine in ihrem Metier sehr erfahrene und
routinirte Kennerin, allerlei Bedenklichkeiten gegen
seine Zukunft als Kunstreiter nicht vorenthalten habe.
Sie sind zu spät dazu gekommen, -- hatte sie ihm
bei ihren Abendgesprächen, als Krankenwärterin, ge-
sagt, -- sie werden immer ein Eleve bleiben, denn die
eigentliche Sicherheit, die rücksichtslose Zuversicht
mangelt. Daß Sie jetzt Beifall fanden, ist ganz
natürlich. Jhre jugendlich-schöne Erscheinung, Jhr
angeborener Anstand, Jhr musikalisches Talent, Jhr
Muth, -- dies Alles im Vereine überrascht und ent-
zückt die Zuschauer. Hat es doch auch uns, die wir
vom Handwerk sind, überrascht und entzückt. Aber
bei all' dem haben Sie -- mir wenigstens niemals
den Eindruck eines wirklichen Artisten gemacht. Sie
sind mir immer erschienen, wie ein junger, vornehmer
Herr, der aus Kaprize, und mehr zu seinem, als zu
des Publikums Vergnügen, diese Exercitien mitmachen
will. Jeder von den Jungen, die wir als Lehrlinge
bei der Truppe haben, wie er Jhnen an Eleganz und

erringen, vielleicht manche neue Sachen erfinden, die
noch nicht geſehen wurden; die mich ſelbſt zufrieden
ſtellen auf einige Zeit, weil ſie der Menge gefallen!
— Aber dann wiederum entſann er ſich, daß ihm die
Jartour, als eine in ihrem Metier ſehr erfahrene und
routinirte Kennerin, allerlei Bedenklichkeiten gegen
ſeine Zukunft als Kunſtreiter nicht vorenthalten habe.
Sie ſind zu ſpaͤt dazu gekommen, — hatte ſie ihm
bei ihren Abendgeſpraͤchen, als Krankenwaͤrterin, ge-
ſagt, — ſie werden immer ein Eleve bleiben, denn die
eigentliche Sicherheit, die ruͤckſichtsloſe Zuverſicht
mangelt. Daß Sie jetzt Beifall fanden, iſt ganz
natuͤrlich. Jhre jugendlich-ſchoͤne Erſcheinung, Jhr
angeborener Anſtand, Jhr muſikaliſches Talent, Jhr
Muth, — dies Alles im Vereine uͤberraſcht und ent-
zuͤckt die Zuſchauer. Hat es doch auch uns, die wir
vom Handwerk ſind, uͤberraſcht und entzuͤckt. Aber
bei all’ dem haben Sie — mir wenigſtens niemals
den Eindruck eines wirklichen Artiſten gemacht. Sie
ſind mir immer erſchienen, wie ein junger, vornehmer
Herr, der aus Kaprize, und mehr zu ſeinem, als zu
des Publikums Vergnuͤgen, dieſe Exercitien mitmachen
will. Jeder von den Jungen, die wir als Lehrlinge
bei der Truppe haben, wie er Jhnen an Eleganz und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0096" n="94"/>
erringen, vielleicht manche neue Sachen erfinden, die<lb/>
noch nicht ge&#x017F;ehen wurden; die mich &#x017F;elb&#x017F;t zufrieden<lb/>
&#x017F;tellen auf einige Zeit, weil &#x017F;ie der Menge gefallen!<lb/>
&#x2014; Aber dann wiederum ent&#x017F;ann er &#x017F;ich, daß ihm die<lb/>
Jartour, als eine in ihrem Metier &#x017F;ehr erfahrene und<lb/>
routinirte Kennerin, allerlei Bedenklichkeiten gegen<lb/>
&#x017F;eine Zukunft als Kun&#x017F;treiter nicht vorenthalten habe.<lb/>
Sie &#x017F;ind zu &#x017F;pa&#x0364;t dazu gekommen, &#x2014; hatte &#x017F;ie ihm<lb/>
bei ihren Abendge&#x017F;pra&#x0364;chen, als Krankenwa&#x0364;rterin, ge-<lb/>
&#x017F;agt, &#x2014; &#x017F;ie werden immer ein Eleve bleiben, denn die<lb/>
eigentliche Sicherheit, die ru&#x0364;ck&#x017F;ichtslo&#x017F;e Zuver&#x017F;icht<lb/>
mangelt. Daß Sie jetzt Beifall fanden, i&#x017F;t ganz<lb/>
natu&#x0364;rlich. Jhre jugendlich-&#x017F;cho&#x0364;ne Er&#x017F;cheinung, Jhr<lb/>
angeborener An&#x017F;tand, Jhr mu&#x017F;ikali&#x017F;ches Talent, Jhr<lb/>
Muth, &#x2014; dies Alles im Vereine u&#x0364;berra&#x017F;cht und ent-<lb/>
zu&#x0364;ckt die Zu&#x017F;chauer. Hat es doch auch uns, die wir<lb/>
vom Handwerk &#x017F;ind, u&#x0364;berra&#x017F;cht und entzu&#x0364;ckt. Aber<lb/>
bei all&#x2019; dem haben Sie &#x2014; mir wenig&#x017F;tens niemals<lb/>
den Eindruck eines wirklichen Arti&#x017F;ten gemacht. Sie<lb/>
&#x017F;ind mir immer er&#x017F;chienen, wie ein junger, vornehmer<lb/>
Herr, der aus Kaprize, und mehr zu &#x017F;einem, als zu<lb/>
des Publikums Vergnu&#x0364;gen, die&#x017F;e Exercitien mitmachen<lb/>
will. Jeder von den Jungen, die wir als Lehrlinge<lb/>
bei der Truppe haben, wie er Jhnen an Eleganz und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0096] erringen, vielleicht manche neue Sachen erfinden, die noch nicht geſehen wurden; die mich ſelbſt zufrieden ſtellen auf einige Zeit, weil ſie der Menge gefallen! — Aber dann wiederum entſann er ſich, daß ihm die Jartour, als eine in ihrem Metier ſehr erfahrene und routinirte Kennerin, allerlei Bedenklichkeiten gegen ſeine Zukunft als Kunſtreiter nicht vorenthalten habe. Sie ſind zu ſpaͤt dazu gekommen, — hatte ſie ihm bei ihren Abendgeſpraͤchen, als Krankenwaͤrterin, ge- ſagt, — ſie werden immer ein Eleve bleiben, denn die eigentliche Sicherheit, die ruͤckſichtsloſe Zuverſicht mangelt. Daß Sie jetzt Beifall fanden, iſt ganz natuͤrlich. Jhre jugendlich-ſchoͤne Erſcheinung, Jhr angeborener Anſtand, Jhr muſikaliſches Talent, Jhr Muth, — dies Alles im Vereine uͤberraſcht und ent- zuͤckt die Zuſchauer. Hat es doch auch uns, die wir vom Handwerk ſind, uͤberraſcht und entzuͤckt. Aber bei all’ dem haben Sie — mir wenigſtens niemals den Eindruck eines wirklichen Artiſten gemacht. Sie ſind mir immer erſchienen, wie ein junger, vornehmer Herr, der aus Kaprize, und mehr zu ſeinem, als zu des Publikums Vergnuͤgen, dieſe Exercitien mitmachen will. Jeder von den Jungen, die wir als Lehrlinge bei der Truppe haben, wie er Jhnen an Eleganz und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/96
Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 2. Breslau, 1852, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden02_1852/96>, abgerufen am 18.05.2024.