Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852."Antonina! Da sie diesen Namen erwählte, hat Jn dem Bette zunächst dem seinigen siechte ein Der Tischler, seiner guten alten Mutter einziges Wie sie zum Letztenmale mit einander redeten Jch habe keine, erwiederte dieser. Wenn ich meine Mutter noch einmal sehen könnte, „Antonina! Da ſie dieſen Namen erwaͤhlte, hat Jn dem Bette zunaͤchſt dem ſeinigen ſiechte ein Der Tiſchler, ſeiner guten alten Mutter einziges Wie ſie zum Letztenmale mit einander redeten Jch habe keine, erwiederte dieſer. Wenn ich meine Mutter noch einmal ſehen koͤnnte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0011" n="7"/> <p>„Antonina! Da ſie dieſen Namen erwaͤhlte, hat<lb/> ſie meiner gedacht!“</p><lb/> <p>Jn dem Bette zunaͤchſt dem ſeinigen ſiechte ein<lb/> junger deutſcher Landsmann, ein armer Handwerker,<lb/> fuͤr welchen der Arzt keine Hoffnung mehr gab. Jn<lb/> dem Grade wie Anton ſich der Geſundheit naͤherte,<lb/> zehrte ſich der dahin ſterbende Tiſchlergeſell ſichtlich<lb/> ab und ſchwand dem fruͤhzeitigen Ende zu. Sie<lb/> wechſelten bisweilen deutſche Gruͤße miteinander;<lb/> Zauberklaͤnge aus heimathlicher Gegend.</p><lb/> <p>Der Tiſchler, ſeiner guten alten Mutter einziges<lb/> Kind, war ihr davon gegangen, „die Welt zu ſehen!“<lb/> Jn Paris war er in luͤderliche Geſellſchaft gerathen<lb/> und hatte ſich, ſeinem eigenen Ausdruck nach „auf<lb/> die ſchlechte Seite gelegt.“ Und auf dieſer ſetzte er<lb/> mit bitter’m Scherze hinzu, bleib’ ich nun liegen, bis<lb/> ſie mich auf den Ruͤcken legen.</p><lb/> <p>Wie ſie zum Letztenmale mit einander redeten<lb/> fragte der Tiſchler ob Anton nicht große Sehnſucht<lb/> empfaͤnde nach ſeiner Mutter!</p><lb/> <p>Jch habe keine, erwiederte dieſer.</p><lb/> <p>Wenn ich meine Mutter noch einmal ſehen koͤnnte,<lb/> dann wollte ich gerne ſterben, ſprach der Tiſchler.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [7/0011]
„Antonina! Da ſie dieſen Namen erwaͤhlte, hat
ſie meiner gedacht!“
Jn dem Bette zunaͤchſt dem ſeinigen ſiechte ein
junger deutſcher Landsmann, ein armer Handwerker,
fuͤr welchen der Arzt keine Hoffnung mehr gab. Jn
dem Grade wie Anton ſich der Geſundheit naͤherte,
zehrte ſich der dahin ſterbende Tiſchlergeſell ſichtlich
ab und ſchwand dem fruͤhzeitigen Ende zu. Sie
wechſelten bisweilen deutſche Gruͤße miteinander;
Zauberklaͤnge aus heimathlicher Gegend.
Der Tiſchler, ſeiner guten alten Mutter einziges
Kind, war ihr davon gegangen, „die Welt zu ſehen!“
Jn Paris war er in luͤderliche Geſellſchaft gerathen
und hatte ſich, ſeinem eigenen Ausdruck nach „auf
die ſchlechte Seite gelegt.“ Und auf dieſer ſetzte er
mit bitter’m Scherze hinzu, bleib’ ich nun liegen, bis
ſie mich auf den Ruͤcken legen.
Wie ſie zum Letztenmale mit einander redeten
fragte der Tiſchler ob Anton nicht große Sehnſucht
empfaͤnde nach ſeiner Mutter!
Jch habe keine, erwiederte dieſer.
Wenn ich meine Mutter noch einmal ſehen koͤnnte,
dann wollte ich gerne ſterben, ſprach der Tiſchler.
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