Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 3. Breslau, 1852.Nicolo vorgetragen. Das Adagio rein, edel, einfach; Nach Beendigung des Tonstückes, während der Anton verlor keine seiner Bewegungen. Anton Nicolo vorgetragen. Das Adagio rein, edel, einfach; Nach Beendigung des Tonſtuͤckes, waͤhrend der Anton verlor keine ſeiner Bewegungen. Anton <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080" n="76"/> Nicolo vorgetragen. Das Adagio rein, edel, einfach;<lb/> das Rondo heiter, friſch, lieblich; voll Melodie, An-<lb/> muth, neckiſcher Grazie und mit Bizarrerieen und<lb/> Kaprizen ausgeziert, die wie Schmetterlinge und gol-<lb/> dene Jnſekten in Blumen gaukeln.</p><lb/> <p>Nach Beendigung des Tonſtuͤckes, waͤhrend der<lb/> Sturm des Entzuͤckens immer lauter und anhaltender<lb/> nachbrauſete, ward er in die Hofloge beſchieden. Man<lb/> ſah, wie alle ihm huldigten. Er, ſeine Geige unter’m<lb/> Arme, nahm das hin, als koͤnnte es nicht anders ſein.<lb/> Nur da ſchoͤne Damen ihm die Haͤnde zum Kuſſe<lb/> reichten, legte er ſeine Geige bei Seite auf einen<lb/> Stuhl, um die dargebotenen Finger dankbarer faſſen<lb/> und kuͤſſen zu koͤnnen.</p><lb/> <p>Anton verlor keine ſeiner Bewegungen. Anton<lb/> bemerkte auch, daß eine junge Schoͤne ſich an des<lb/> Meiſters Geige zu thun machte. Durch ſehr natuͤr-<lb/> liche Gedankenverbindung fiel Tieletunke ihm ein<lb/> und wie dieſe mit ihrer Scheere ihn außer Stand<lb/> geſetzt, ſeine eigene Violine vor Carino erklingen zu<lb/> laſſen, ſo daß er des Fremden ſeine ergreifen muͤſſen.<lb/> Auf Paganini’s Jnſtrument, fluͤſterte er, waͤre das<lb/> unmoͤglich: aus dieſem wuͤrden Funken blitzen, mich<lb/> davon zu vertreiben, wenn ich mich daran wagen wollt.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [76/0080]
Nicolo vorgetragen. Das Adagio rein, edel, einfach;
das Rondo heiter, friſch, lieblich; voll Melodie, An-
muth, neckiſcher Grazie und mit Bizarrerieen und
Kaprizen ausgeziert, die wie Schmetterlinge und gol-
dene Jnſekten in Blumen gaukeln.
Nach Beendigung des Tonſtuͤckes, waͤhrend der
Sturm des Entzuͤckens immer lauter und anhaltender
nachbrauſete, ward er in die Hofloge beſchieden. Man
ſah, wie alle ihm huldigten. Er, ſeine Geige unter’m
Arme, nahm das hin, als koͤnnte es nicht anders ſein.
Nur da ſchoͤne Damen ihm die Haͤnde zum Kuſſe
reichten, legte er ſeine Geige bei Seite auf einen
Stuhl, um die dargebotenen Finger dankbarer faſſen
und kuͤſſen zu koͤnnen.
Anton verlor keine ſeiner Bewegungen. Anton
bemerkte auch, daß eine junge Schoͤne ſich an des
Meiſters Geige zu thun machte. Durch ſehr natuͤr-
liche Gedankenverbindung fiel Tieletunke ihm ein
und wie dieſe mit ihrer Scheere ihn außer Stand
geſetzt, ſeine eigene Violine vor Carino erklingen zu
laſſen, ſo daß er des Fremden ſeine ergreifen muͤſſen.
Auf Paganini’s Jnſtrument, fluͤſterte er, waͤre das
unmoͤglich: aus dieſem wuͤrden Funken blitzen, mich
davon zu vertreiben, wenn ich mich daran wagen wollt.
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