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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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dank' ich Dir, Dir allein: Deiner Muttertreue, Dei-
ner Sorgfalt, Deinem Beispiel, Deinem Segen. Ja,
Deinem Segen. Wie sagte der gute Pastor damals
an Deinem Grabe zu mir: "Deiner Großmutter
Segen wird Dich begleiten durch's Leben; welche
Versuchungen, Leiden, Prüfungen Dir vorbehalten
sind, zuletzt wirst Du über Alle siegen und glücklich
sein, so gewiß die Seele selig ist, deren Leichnam hier
begraben liegt." Ja, so sprach er ... und ich habe
Dein Grab noch nicht besucht? Zürne mir nicht,
Großmutter; ich komme in dieser Nacht, wenn sie
alle schlafen, daß mich Niemand sieht. Leider hab'
ich's oft versäumt, im Elend, im tiefsten Grame,
meine Zuflucht zu Dir zu nehmen, Trost zu suchen
bei Dir; -- jetzt aber, im Glücke, welches über mich
kommt, wie wenn es mich ersticken wollte, jetzt mußt
Du mich aufrecht erhalten; das Andenken an Dich!
Das Andenken meiner Kindheit!

So redete, so träumte Anton in die Abenddäm-
merung hinein, mit einer Lebhaftigkeit, als ob wirk-
lich die alte Mutter Goksch vor ihm stände.

Unterdessen war die Stubenthür unbemerkt auf-
gegangen, der Riese Schkramprl hatte sich leise her-
eingeschlichen und fragte nun in den dünnsten Tönen

dank’ ich Dir, Dir allein: Deiner Muttertreue, Dei-
ner Sorgfalt, Deinem Beiſpiel, Deinem Segen. Ja,
Deinem Segen. Wie ſagte der gute Paſtor damals
an Deinem Grabe zu mir: „Deiner Großmutter
Segen wird Dich begleiten durch’s Leben; welche
Verſuchungen, Leiden, Pruͤfungen Dir vorbehalten
ſind, zuletzt wirſt Du uͤber Alle ſiegen und gluͤcklich
ſein, ſo gewiß die Seele ſelig iſt, deren Leichnam hier
begraben liegt.“ Ja, ſo ſprach er ... und ich habe
Dein Grab noch nicht beſucht? Zuͤrne mir nicht,
Großmutter; ich komme in dieſer Nacht, wenn ſie
alle ſchlafen, daß mich Niemand ſieht. Leider hab’
ich’s oft verſaͤumt, im Elend, im tiefſten Grame,
meine Zuflucht zu Dir zu nehmen, Troſt zu ſuchen
bei Dir; — jetzt aber, im Gluͤcke, welches uͤber mich
kommt, wie wenn es mich erſticken wollte, jetzt mußt
Du mich aufrecht erhalten; das Andenken an Dich!
Das Andenken meiner Kindheit!

So redete, ſo traͤumte Anton in die Abenddaͤm-
merung hinein, mit einer Lebhaftigkeit, als ob wirk-
lich die alte Mutter Gokſch vor ihm ſtaͤnde.

Unterdeſſen war die Stubenthuͤr unbemerkt auf-
gegangen, der Rieſe Schkramprl hatte ſich leiſe her-
eingeſchlichen und fragte nun in den duͤnnſten Toͤnen

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[101/0105] dank’ ich Dir, Dir allein: Deiner Muttertreue, Dei- ner Sorgfalt, Deinem Beiſpiel, Deinem Segen. Ja, Deinem Segen. Wie ſagte der gute Paſtor damals an Deinem Grabe zu mir: „Deiner Großmutter Segen wird Dich begleiten durch’s Leben; welche Verſuchungen, Leiden, Pruͤfungen Dir vorbehalten ſind, zuletzt wirſt Du uͤber Alle ſiegen und gluͤcklich ſein, ſo gewiß die Seele ſelig iſt, deren Leichnam hier begraben liegt.“ Ja, ſo ſprach er ... und ich habe Dein Grab noch nicht beſucht? Zuͤrne mir nicht, Großmutter; ich komme in dieſer Nacht, wenn ſie alle ſchlafen, daß mich Niemand ſieht. Leider hab’ ich’s oft verſaͤumt, im Elend, im tiefſten Grame, meine Zuflucht zu Dir zu nehmen, Troſt zu ſuchen bei Dir; — jetzt aber, im Gluͤcke, welches uͤber mich kommt, wie wenn es mich erſticken wollte, jetzt mußt Du mich aufrecht erhalten; das Andenken an Dich! Das Andenken meiner Kindheit! So redete, ſo traͤumte Anton in die Abenddaͤm- merung hinein, mit einer Lebhaftigkeit, als ob wirk- lich die alte Mutter Gokſch vor ihm ſtaͤnde. Unterdeſſen war die Stubenthuͤr unbemerkt auf- gegangen, der Rieſe Schkramprl hatte ſich leiſe her- eingeſchlichen und fragte nun in den duͤnnſten Toͤnen

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/105>, abgerufen am 24.11.2024.