Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.Reue zu mildern; sein Vertrauen zu befestigen; ihm Da sprang er auf, ein grauenhaftes Bild ver- Jch bin keine Dame nach der Mode, Anton, die Reue zu mildern; ſein Vertrauen zu befeſtigen; ihm Da ſprang er auf, ein grauenhaftes Bild ver- Jch bin keine Dame nach der Mode, Anton, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="109"/> Reue zu mildern; ſein Vertrauen zu befeſtigen; ihm<lb/> zu ſagen, daß der Mutter Segen des Vaters Fluch<lb/> loͤſen koͤnne; und weil, ſagte ich ihm, <hi rendition="#g">wahre</hi> Reue<lb/> ſich darin kund gebe, daß man durch ſie und in ihr<lb/> gut zu machen ſuche, was ſich noch auf Erden gut<lb/> machen laſſe, ſo moͤge er damit beginnen, Dich, den<lb/> Ausgeſtoßenen, durch ihn Vertriebenen, aufzuſuchen,<lb/> zu verſoͤhnen, ſich Dir bruͤderlich-liebend zuwenden<lb/> und ſeines Vaters Ehrenſchuld am Sohne ſeines<lb/> Vaters ausgleichen.</p><lb/> <p>Da ſprang er auf, ein grauenhaftes Bild ver-<lb/> zweifelnder Raſerei. Es iſt zu ſpaͤt, rief er aus, ich<lb/> hab’ ihn ermordet! —</p><lb/> <p>Jch bin keine Dame nach der Mode, Anton, die<lb/> zu ihrem Riechflaͤſchchen greift, wenn ein ausſaͤtziger<lb/> Bettler die Hand nach ihr ausſtreckt; ich falle nicht<lb/> in Ohnmacht, wenn ich Blut fließen ſehe; ich habe<lb/> nicht gejammert und gewinſelt uͤber haͤusliche Leiden,<lb/> an denen mein Eheſtand reich war; ich kann koͤrper-<lb/> liche Schmerzen ertragen, und ich konnte oftmals<lb/> laͤcheln, wenn Schmerzen der Seele in mir brannten;<lb/> ich leide nicht an ſchwachen Nerven, und bin, wenn<lb/> ſchon als Graͤfin geboren und im Glanze aufgewach-<lb/> ſen, ein ſtarkes Weib. Aber weißt Du, Anton, ſei-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0113]
Reue zu mildern; ſein Vertrauen zu befeſtigen; ihm
zu ſagen, daß der Mutter Segen des Vaters Fluch
loͤſen koͤnne; und weil, ſagte ich ihm, wahre Reue
ſich darin kund gebe, daß man durch ſie und in ihr
gut zu machen ſuche, was ſich noch auf Erden gut
machen laſſe, ſo moͤge er damit beginnen, Dich, den
Ausgeſtoßenen, durch ihn Vertriebenen, aufzuſuchen,
zu verſoͤhnen, ſich Dir bruͤderlich-liebend zuwenden
und ſeines Vaters Ehrenſchuld am Sohne ſeines
Vaters ausgleichen.
Da ſprang er auf, ein grauenhaftes Bild ver-
zweifelnder Raſerei. Es iſt zu ſpaͤt, rief er aus, ich
hab’ ihn ermordet! —
Jch bin keine Dame nach der Mode, Anton, die
zu ihrem Riechflaͤſchchen greift, wenn ein ausſaͤtziger
Bettler die Hand nach ihr ausſtreckt; ich falle nicht
in Ohnmacht, wenn ich Blut fließen ſehe; ich habe
nicht gejammert und gewinſelt uͤber haͤusliche Leiden,
an denen mein Eheſtand reich war; ich kann koͤrper-
liche Schmerzen ertragen, und ich konnte oftmals
laͤcheln, wenn Schmerzen der Seele in mir brannten;
ich leide nicht an ſchwachen Nerven, und bin, wenn
ſchon als Graͤfin geboren und im Glanze aufgewach-
ſen, ein ſtarkes Weib. Aber weißt Du, Anton, ſei-
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