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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852.

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mehr selbige noch einmal frisch zu schneiden und unser
schönes jüngst vermähltes Paar zu verfolgen in seine
Flitterwochen; sogar darüber hinaus.

Sie waren sehr schön diese Flitterwochen.

Man denke nur: sanfter Herbst, ländliches Still-
leben, kurze herrliche Tage, lange traute Abende!
Und als nun der Winter kam; als der Schnee so
reinlich und weiß die Fluren deckte; als die grünen
Tannenwälder rauschten; als Anton den kleinen
Rennschlitten lenkte und von der neben ihm sitzenden,
in einen unermeßlichen Bärenpelz vermummten Hed-
wig kaum ein Drittel des Gesichtes übrig blieb, wo-
mit sie dem Geliebten zulächelte; als Peterl's Beine
fast zu kurz waren, auf den Kuffen des schmalen
Schlittens Fuß zu fassen, er aber dennoch fürchterlich
mit der großen Peitsche knallte, daß alle alten Wei-
ber des Dorfes durch die kleinen Fensterlein guckten;
als Anton vor seiner Mutter Häuschen anhielt und
Hedwig aus dem Fell des brummigen Bären mit
Nachtigallenstimme Ottilien einlud, sie möchte zum
Thee auf's Schloß kommen; als Anton sodann, heim-
gekehrt, die rothbäckig-gefrorene Frau an der Hand,
in Rittmeisters Zimmer ging und sie schon auf dem
Gange den Vater lachen hörten über Schkramprl,

mehr ſelbige noch einmal friſch zu ſchneiden und unſer
ſchoͤnes juͤngſt vermaͤhltes Paar zu verfolgen in ſeine
Flitterwochen; ſogar daruͤber hinaus.

Sie waren ſehr ſchoͤn dieſe Flitterwochen.

Man denke nur: ſanfter Herbſt, laͤndliches Still-
leben, kurze herrliche Tage, lange traute Abende!
Und als nun der Winter kam; als der Schnee ſo
reinlich und weiß die Fluren deckte; als die gruͤnen
Tannenwaͤlder rauſchten; als Anton den kleinen
Rennſchlitten lenkte und von der neben ihm ſitzenden,
in einen unermeßlichen Baͤrenpelz vermummten Hed-
wig kaum ein Drittel des Geſichtes uͤbrig blieb, wo-
mit ſie dem Geliebten zulaͤchelte; als Peterl’s Beine
faſt zu kurz waren, auf den Kuffen des ſchmalen
Schlittens Fuß zu faſſen, er aber dennoch fuͤrchterlich
mit der großen Peitſche knallte, daß alle alten Wei-
ber des Dorfes durch die kleinen Fenſterlein guckten;
als Anton vor ſeiner Mutter Haͤuschen anhielt und
Hedwig aus dem Fell des brummigen Baͤren mit
Nachtigallenſtimme Ottilien einlud, ſie moͤchte zum
Thee auf’s Schloß kommen; als Anton ſodann, heim-
gekehrt, die rothbaͤckig-gefrorene Frau an der Hand,
in Rittmeiſters Zimmer ging und ſie ſchon auf dem
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[156/0160] mehr ſelbige noch einmal friſch zu ſchneiden und unſer ſchoͤnes juͤngſt vermaͤhltes Paar zu verfolgen in ſeine Flitterwochen; ſogar daruͤber hinaus. Sie waren ſehr ſchoͤn dieſe Flitterwochen. Man denke nur: ſanfter Herbſt, laͤndliches Still- leben, kurze herrliche Tage, lange traute Abende! Und als nun der Winter kam; als der Schnee ſo reinlich und weiß die Fluren deckte; als die gruͤnen Tannenwaͤlder rauſchten; als Anton den kleinen Rennſchlitten lenkte und von der neben ihm ſitzenden, in einen unermeßlichen Baͤrenpelz vermummten Hed- wig kaum ein Drittel des Geſichtes uͤbrig blieb, wo- mit ſie dem Geliebten zulaͤchelte; als Peterl’s Beine faſt zu kurz waren, auf den Kuffen des ſchmalen Schlittens Fuß zu faſſen, er aber dennoch fuͤrchterlich mit der großen Peitſche knallte, daß alle alten Wei- ber des Dorfes durch die kleinen Fenſterlein guckten; als Anton vor ſeiner Mutter Haͤuschen anhielt und Hedwig aus dem Fell des brummigen Baͤren mit Nachtigallenſtimme Ottilien einlud, ſie moͤchte zum Thee auf’s Schloß kommen; als Anton ſodann, heim- gekehrt, die rothbaͤckig-gefrorene Frau an der Hand, in Rittmeiſters Zimmer ging und ſie ſchon auf dem Gange den Vater lachen hoͤrten uͤber Schkramprl,

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Zitationshilfe: Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/160>, abgerufen am 24.11.2024.