war schwül und schwer. Sie suchten den Schatten des nahen Buchenwäldchens.
Anton und Hedwig gingen voran, und plauder- ten von ihren Hoffnungen. Hedwig wollte wissen, ob ihr Kind, wenn es zur Welt käme, ihr, oder sei- nem Vater ähnlich sehen werde? Oder Beiden? Ob es blaue Augen haben werde, oder braune? Ob es ein Anton sein werde, oder eine Julia --" denn nach unserer guten Gräfin muß es heißen. Ja, gewiß. Und ist's ein Junge, muß er Julius heißen, nicht Anton. Es ist auch besser, daß er nicht nach dem Vater genannt werde, schon der Verwechslungen wegen. Nehmen wir an, ich sagte eines Morgens zu Ottilien: "ich habe wenig geschlafen, mein Anton hat die ganze Nacht geschrieen, -- was müßte sie von Dir denken?"
Ottilie, den Rittmeister führend, folgte ihnen. Ein ängstlicher Ausruf aus ihrem Munde, störte Hedwig's zärtliches Geplauder. Sie wendeten sich: Hedwig's Vater lag am Boden, Ottilie knieete neben ihm. -- Ein Gewitter zog in der Ferne herauf. -- Der alte Soldat schien todt. Hedwig's herzdurch- schneidendes Jammergeschrei weckte ihn noch einmal aus seiner Betäubung. Er versuchte die Augen zu
Die Vagabunden. IV. 11
war ſchwuͤl und ſchwer. Sie ſuchten den Schatten des nahen Buchenwaͤldchens.
Anton und Hedwig gingen voran, und plauder- ten von ihren Hoffnungen. Hedwig wollte wiſſen, ob ihr Kind, wenn es zur Welt kaͤme, ihr, oder ſei- nem Vater aͤhnlich ſehen werde? Oder Beiden? Ob es blaue Augen haben werde, oder braune? Ob es ein Anton ſein werde, oder eine Julia —“ denn nach unſerer guten Graͤfin muß es heißen. Ja, gewiß. Und iſt’s ein Junge, muß er Julius heißen, nicht Anton. Es iſt auch beſſer, daß er nicht nach dem Vater genannt werde, ſchon der Verwechslungen wegen. Nehmen wir an, ich ſagte eines Morgens zu Ottilien: „ich habe wenig geſchlafen, mein Anton hat die ganze Nacht geſchrieen, — was muͤßte ſie von Dir denken?“
Ottilie, den Rittmeiſter fuͤhrend, folgte ihnen. Ein aͤngſtlicher Ausruf aus ihrem Munde, ſtoͤrte Hedwig’s zaͤrtliches Geplauder. Sie wendeten ſich: Hedwig’s Vater lag am Boden, Ottilie knieete neben ihm. — Ein Gewitter zog in der Ferne herauf. — Der alte Soldat ſchien todt. Hedwig’s herzdurch- ſchneidendes Jammergeſchrei weckte ihn noch einmal aus ſeiner Betaͤubung. Er verſuchte die Augen zu
Die Vagabunden. IV. 11
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war ſchwuͤl und ſchwer. Sie ſuchten den Schatten
des nahen Buchenwaͤldchens.
Anton und Hedwig gingen voran, und plauder-
ten von ihren Hoffnungen. Hedwig wollte wiſſen,
ob ihr Kind, wenn es zur Welt kaͤme, ihr, oder ſei-
nem Vater aͤhnlich ſehen werde? Oder Beiden? Ob
es blaue Augen haben werde, oder braune? Ob es
ein Anton ſein werde, oder eine Julia —“ denn nach
unſerer guten Graͤfin muß es heißen. Ja, gewiß.
Und iſt’s ein Junge, muß er Julius heißen, nicht
Anton. Es iſt auch beſſer, daß er nicht nach dem
Vater genannt werde, ſchon der Verwechslungen
wegen. Nehmen wir an, ich ſagte eines Morgens
zu Ottilien: „ich habe wenig geſchlafen, mein Anton
hat die ganze Nacht geſchrieen, — was muͤßte ſie
von Dir denken?“
Ottilie, den Rittmeiſter fuͤhrend, folgte ihnen.
Ein aͤngſtlicher Ausruf aus ihrem Munde, ſtoͤrte
Hedwig’s zaͤrtliches Geplauder. Sie wendeten ſich:
Hedwig’s Vater lag am Boden, Ottilie knieete neben
ihm. — Ein Gewitter zog in der Ferne herauf. —
Der alte Soldat ſchien todt. Hedwig’s herzdurch-
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/165>, abgerufen am 16.02.2025.
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