mir das Anseh'n eines Kenners gebe; das Recht dazu und meine Ansprüche auf Kennerschaft sind theuer genug erkauft. Jch habe auch einmal mitgemacht! -- Ja, ja; starren Sie mich immer an, Herr von Holtei, ich war selbst Kunstreiter. Es ist hier nicht der Ort, romantische Selbstbekenntnisse zu liefern, auch kneift mein sanftes Weibchen mich unsanft in den Arm, damit ich schweigen soll. Also nur noch einen Vor- schlag in aller Eil', denn dort seh' ich schon den mächtigen Schecken der himmlischen Lejars -- (kneife nicht, Hedwig!) -- Sie müssen mich in Liebenau besuchen. Und das bald. Jch habe einige kürzlich erschienene Bände ihrer Memoiren gelesen, deren Offenheit, natürliche Plauderei, wenn ich so sagen darf, mich auf den Gedanken gebracht hat, Jhnen eine literarische Arbeit anzutragen, wozu Sie das Material aus meinen Händen empfangen würden. Sie können, wenn Sie erst mit Jhrem Leben fertig sind, an die Schilderung des meinigen gehen, welches nicht arm an allerlei Schicksalen ist. Doch darüber ist lange und viel zu plaudern. Also besuchen Sie mich in meinen Wäldern. Vielleicht erwacht noch ein- mal in Jhnen die Lust am Vogelfang! Wir sind ja ohnedies schon Brüder und Freunde in Shakespeare,
mir das Anſeh’n eines Kenners gebe; das Recht dazu und meine Anſpruͤche auf Kennerſchaft ſind theuer genug erkauft. Jch habe auch einmal mitgemacht! — Ja, ja; ſtarren Sie mich immer an, Herr von Holtei, ich war ſelbſt Kunſtreiter. Es iſt hier nicht der Ort, romantiſche Selbſtbekenntniſſe zu liefern, auch kneift mein ſanftes Weibchen mich unſanft in den Arm, damit ich ſchweigen ſoll. Alſo nur noch einen Vor- ſchlag in aller Eil’, denn dort ſeh’ ich ſchon den maͤchtigen Schecken der himmliſchen Léjars — (kneife nicht, Hedwig!) — Sie muͤſſen mich in Liebenau beſuchen. Und das bald. Jch habe einige kuͤrzlich erſchienene Baͤnde ihrer Memoiren geleſen, deren Offenheit, natuͤrliche Plauderei, wenn ich ſo ſagen darf, mich auf den Gedanken gebracht hat, Jhnen eine literariſche Arbeit anzutragen, wozu Sie das Material aus meinen Haͤnden empfangen wuͤrden. Sie koͤnnen, wenn Sie erſt mit Jhrem Leben fertig ſind, an die Schilderung des meinigen gehen, welches nicht arm an allerlei Schickſalen iſt. Doch daruͤber iſt lange und viel zu plaudern. Alſo beſuchen Sie mich in meinen Waͤldern. Vielleicht erwacht noch ein- mal in Jhnen die Luſt am Vogelfang! Wir ſind ja ohnedies ſchon Bruͤder und Freunde in Shakeſpeare,
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mir das Anſeh’n eines Kenners gebe; das Recht dazu
und meine Anſpruͤche auf Kennerſchaft ſind theuer
genug erkauft. Jch habe auch einmal mitgemacht! —
Ja, ja; ſtarren Sie mich immer an, Herr von Holtei,
ich war ſelbſt Kunſtreiter. Es iſt hier nicht der Ort,
romantiſche Selbſtbekenntniſſe zu liefern, auch kneift
mein ſanftes Weibchen mich unſanft in den Arm,
damit ich ſchweigen ſoll. Alſo nur noch einen Vor-
ſchlag in aller Eil’, denn dort ſeh’ ich ſchon den
maͤchtigen Schecken der himmliſchen Léjars — (kneife
nicht, Hedwig!) — Sie muͤſſen mich in Liebenau
beſuchen. Und das bald. Jch habe einige kuͤrzlich
erſchienene Baͤnde ihrer Memoiren geleſen, deren
Offenheit, natuͤrliche Plauderei, wenn ich ſo ſagen
darf, mich auf den Gedanken gebracht hat, Jhnen
eine literariſche Arbeit anzutragen, wozu Sie das
Material aus meinen Haͤnden empfangen wuͤrden.
Sie koͤnnen, wenn Sie erſt mit Jhrem Leben fertig
ſind, an die Schilderung des meinigen gehen, welches
nicht arm an allerlei Schickſalen iſt. Doch daruͤber
iſt lange und viel zu plaudern. Alſo beſuchen Sie
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Holtei, Karl von: Die Vagabunden. Bd. 4. Breslau, 1852, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holtei_vagabunden04_1852/212>, abgerufen am 16.07.2024.
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