Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Weh, jeder Tyrannei, Wenn er bis Mitternacht Am Pult der Druckerei Geschrieben und gedacht! Wem seine Blitze sprühn, Vergißt das Athemholen, Denn seine Worte glühn Im Hirn wie rothe Kohlen. Ein rechter Proletar! Ein wahres Zorngedicht! Wer seine Mutter war? Er weiß es selber nicht! Vielleicht ein Kind der Lust, Das, weil die Noth es taufte, Das Herz aus seiner Brust Um schnödes Gold verkaufte. Vielleicht auch nur, ja nur,
Ein Weib in Goldbrokat, Das trotz Moraldressur In eine Pfütze trat. Vielleicht liegt sie schon todt In einer eklen Gosse, Vielleicht bespritzt mit Koth Ihn ihre Staatskarosse. Weh, jeder Tyrannei, Wenn er bis Mitternacht Am Pult der Druckerei Geſchrieben und gedacht! Wem ſeine Blitze ſprühn, Vergißt das Athemholen, Denn ſeine Worte glühn Im Hirn wie rothe Kohlen. Ein rechter Proletar! Ein wahres Zorngedicht! Wer ſeine Mutter war? Er weiß es ſelber nicht! Vielleicht ein Kind der Luſt, Das, weil die Noth es taufte, Das Herz aus ſeiner Bruſt Um ſchnödes Gold verkaufte. Vielleicht auch nur, ja nur,
Ein Weib in Goldbrokat, Das trotz Moraldreſſur In eine Pfütze trat. Vielleicht liegt ſie ſchon todt In einer eklen Goſſe, Vielleicht beſpritzt mit Koth Ihn ihre Staatskaroſſe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0186" n="164"/> <lg n="3"> <l>Weh, jeder Tyrannei,</l><lb/> <l>Wenn er bis Mitternacht</l><lb/> <l>Am Pult der Druckerei</l><lb/> <l>Geſchrieben und gedacht!</l><lb/> <l>Wem ſeine Blitze ſprühn,</l><lb/> <l>Vergißt das Athemholen,</l><lb/> <l>Denn ſeine Worte glühn</l><lb/> <l>Im Hirn wie rothe Kohlen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ein rechter Proletar!</l><lb/> <l>Ein wahres Zorngedicht!</l><lb/> <l>Wer ſeine Mutter war?</l><lb/> <l>Er weiß es ſelber nicht!</l><lb/> <l>Vielleicht ein Kind der Luſt,</l><lb/> <l>Das, weil die Noth es taufte,</l><lb/> <l>Das Herz aus ſeiner Bruſt</l><lb/> <l>Um ſchnödes Gold verkaufte.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Vielleicht auch nur, ja <hi rendition="#g">nur</hi>,</l><lb/> <l>Ein Weib in Goldbrokat,</l><lb/> <l>Das trotz Moraldreſſur</l><lb/> <l>In eine Pfütze trat.</l><lb/> <l>Vielleicht liegt ſie ſchon todt</l><lb/> <l>In einer eklen Goſſe,</l><lb/> <l>Vielleicht beſpritzt mit Koth</l><lb/> <l>Ihn ihre Staatskaroſſe.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [164/0186]
Weh, jeder Tyrannei,
Wenn er bis Mitternacht
Am Pult der Druckerei
Geſchrieben und gedacht!
Wem ſeine Blitze ſprühn,
Vergißt das Athemholen,
Denn ſeine Worte glühn
Im Hirn wie rothe Kohlen.
Ein rechter Proletar!
Ein wahres Zorngedicht!
Wer ſeine Mutter war?
Er weiß es ſelber nicht!
Vielleicht ein Kind der Luſt,
Das, weil die Noth es taufte,
Das Herz aus ſeiner Bruſt
Um ſchnödes Gold verkaufte.
Vielleicht auch nur, ja nur,
Ein Weib in Goldbrokat,
Das trotz Moraldreſſur
In eine Pfütze trat.
Vielleicht liegt ſie ſchon todt
In einer eklen Goſſe,
Vielleicht beſpritzt mit Koth
Ihn ihre Staatskaroſſe.
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