Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein armes Findelkind,
Im ersten Morgengrau,
Umweht vom Winterwind,
Fand ihn die Zeitungsfrau.
Er that's ihr lächelnd an,
Der rosige Rebeller,
Und auf nahm ihn ihr Mann
In seinen Schusterkeller.
Hier wuchs er in die Welt,
Ein Bursch mit blondem Haar,
Sein einzig Tummelfeld
Das Großstadt-Trottoir.
Wohl schwoll der Stiefelkram,
Doch auch das Taufregister,
Und nach und nach bekam
Er sieben Milchgeschwister.
Und knapper ward das Brot,
Der Junge mußte "ran"!
Und bleich im Dienst der Noth
Hub nun sein Elend an.
Er stand im Setzersaal,
Die Hand am Letternkasten,
Und half das Volksjournal
Des Nachts zusammenhasten.
Ein armes Findelkind,
Im erſten Morgengrau,
Umweht vom Winterwind,
Fand ihn die Zeitungsfrau.
Er that's ihr lächelnd an,
Der roſige Rebeller,
Und auf nahm ihn ihr Mann
In ſeinen Schuſterkeller.
Hier wuchs er in die Welt,
Ein Burſch mit blondem Haar,
Sein einzig Tummelfeld
Das Großſtadt-Trottoir.
Wohl ſchwoll der Stiefelkram,
Doch auch das Taufregiſter,
Und nach und nach bekam
Er ſieben Milchgeſchwiſter.
Und knapper ward das Brot,
Der Junge mußte „ran“!
Und bleich im Dienſt der Noth
Hub nun ſein Elend an.
Er ſtand im Setzerſaal,
Die Hand am Letternkaſten,
Und half das Volksjournal
Des Nachts zuſammenhaſten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0187" n="165"/>
          <lg n="6">
            <l>Ein armes Findelkind,</l><lb/>
            <l>Im er&#x017F;ten Morgengrau,</l><lb/>
            <l>Umweht vom Winterwind,</l><lb/>
            <l>Fand ihn die Zeitungsfrau.</l><lb/>
            <l>Er that's ihr lächelnd an,</l><lb/>
            <l>Der ro&#x017F;ige Rebeller,</l><lb/>
            <l>Und auf nahm ihn ihr Mann</l><lb/>
            <l>In &#x017F;einen Schu&#x017F;terkeller.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="7">
            <l>Hier wuchs er in die Welt,</l><lb/>
            <l>Ein Bur&#x017F;ch mit blondem Haar,</l><lb/>
            <l>Sein einzig Tummelfeld</l><lb/>
            <l>Das Groß&#x017F;tadt-Trottoir.</l><lb/>
            <l>Wohl &#x017F;chwoll der Stiefelkram,</l><lb/>
            <l>Doch auch das Taufregi&#x017F;ter,</l><lb/>
            <l>Und nach und nach bekam</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;ieben Milchge&#x017F;chwi&#x017F;ter.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="8">
            <l>Und knapper ward das Brot,</l><lb/>
            <l>Der Junge mußte &#x201E;ran&#x201C;!</l><lb/>
            <l>Und bleich im Dien&#x017F;t der Noth</l><lb/>
            <l>Hub nun &#x017F;ein Elend an.</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;tand im Setzer&#x017F;aal,</l><lb/>
            <l>Die Hand am Letternka&#x017F;ten,</l><lb/>
            <l>Und half das Volksjournal</l><lb/>
            <l>Des Nachts zu&#x017F;ammenha&#x017F;ten.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0187] Ein armes Findelkind, Im erſten Morgengrau, Umweht vom Winterwind, Fand ihn die Zeitungsfrau. Er that's ihr lächelnd an, Der roſige Rebeller, Und auf nahm ihn ihr Mann In ſeinen Schuſterkeller. Hier wuchs er in die Welt, Ein Burſch mit blondem Haar, Sein einzig Tummelfeld Das Großſtadt-Trottoir. Wohl ſchwoll der Stiefelkram, Doch auch das Taufregiſter, Und nach und nach bekam Er ſieben Milchgeſchwiſter. Und knapper ward das Brot, Der Junge mußte „ran“! Und bleich im Dienſt der Noth Hub nun ſein Elend an. Er ſtand im Setzerſaal, Die Hand am Letternkaſten, Und half das Volksjournal Des Nachts zuſammenhaſten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/187
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/187>, abgerufen am 21.11.2024.