Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich stoße von dem Thron
Das Wörtchen "mein und dein",
Das brave Volk wird schon
Auf seinem Posten sein.
Drum tanzt nur! Der Vulkan
Wird bald in Feuer kreißen,
Dann wird es Zahn um Zahn
Und Aug um Auge heißen!"
Was er nur halb durchdacht,
Er rief es wildverstört,
Und manche stille Nacht
Hat seinen Fluch gehört.
Die Furcht vor Gold und Rang
Verschwur er hoch und theuer,
Ein wilder Wissensdrang
Rann ihm durchs Hirn wie Feuer.
Wohl stand er hart in Frohn,
Ein armer Proletar,
Doch blieb sein halber Lohn
Beim Bücher-Antiquar.
An jedem Wahltag strich
Er ruhlos um die Thüren
Und haschte Zettel sich,
Flugblätter und Broschüren.
Ich ſtoße von dem Thron
Das Wörtchen „mein und dein“,
Das brave Volk wird ſchon
Auf ſeinem Poſten ſein.
Drum tanzt nur! Der Vulkan
Wird bald in Feuer kreißen,
Dann wird es Zahn um Zahn
Und Aug um Auge heißen!“
Was er nur halb durchdacht,
Er rief es wildverſtört,
Und manche ſtille Nacht
Hat ſeinen Fluch gehört.
Die Furcht vor Gold und Rang
Verſchwur er hoch und theuer,
Ein wilder Wiſſensdrang
Rann ihm durchs Hirn wie Feuer.
Wohl ſtand er hart in Frohn,
Ein armer Proletar,
Doch blieb ſein halber Lohn
Beim Bücher-Antiquar.
An jedem Wahltag ſtrich
Er ruhlos um die Thüren
Und haſchte Zettel ſich,
Flugblätter und Broſchüren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0195" n="173"/>
          <lg n="30">
            <l>Ich &#x017F;toße von dem Thron</l><lb/>
            <l>Das Wörtchen &#x201E;mein und dein&#x201C;,</l><lb/>
            <l>Das brave Volk wird &#x017F;chon</l><lb/>
            <l>Auf &#x017F;einem Po&#x017F;ten &#x017F;ein.</l><lb/>
            <l>Drum tanzt nur! Der Vulkan</l><lb/>
            <l>Wird bald in Feuer kreißen,</l><lb/>
            <l>Dann wird es Zahn um Zahn</l><lb/>
            <l>Und Aug um Auge heißen!&#x201C;</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="31">
            <l>Was er nur halb durchdacht,</l><lb/>
            <l>Er rief es wildver&#x017F;tört,</l><lb/>
            <l>Und manche &#x017F;tille Nacht</l><lb/>
            <l>Hat &#x017F;einen Fluch gehört.</l><lb/>
            <l>Die Furcht vor Gold und Rang</l><lb/>
            <l>Ver&#x017F;chwur er hoch und theuer,</l><lb/>
            <l>Ein wilder Wi&#x017F;&#x017F;ensdrang</l><lb/>
            <l>Rann ihm durchs Hirn wie Feuer.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="32">
            <l>Wohl &#x017F;tand er hart in Frohn,</l><lb/>
            <l>Ein armer Proletar,</l><lb/>
            <l>Doch blieb &#x017F;ein halber Lohn</l><lb/>
            <l>Beim Bücher-Antiquar.</l><lb/>
            <l>An jedem Wahltag &#x017F;trich</l><lb/>
            <l>Er ruhlos um die Thüren</l><lb/>
            <l>Und ha&#x017F;chte Zettel &#x017F;ich,</l><lb/>
            <l>Flugblätter und Bro&#x017F;chüren.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0195] Ich ſtoße von dem Thron Das Wörtchen „mein und dein“, Das brave Volk wird ſchon Auf ſeinem Poſten ſein. Drum tanzt nur! Der Vulkan Wird bald in Feuer kreißen, Dann wird es Zahn um Zahn Und Aug um Auge heißen!“ Was er nur halb durchdacht, Er rief es wildverſtört, Und manche ſtille Nacht Hat ſeinen Fluch gehört. Die Furcht vor Gold und Rang Verſchwur er hoch und theuer, Ein wilder Wiſſensdrang Rann ihm durchs Hirn wie Feuer. Wohl ſtand er hart in Frohn, Ein armer Proletar, Doch blieb ſein halber Lohn Beim Bücher-Antiquar. An jedem Wahltag ſtrich Er ruhlos um die Thüren Und haſchte Zettel ſich, Flugblätter und Broſchüren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/195
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/195>, abgerufen am 21.11.2024.