Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
O, wenn er las und schrieb,
Schlug ihm das Herz so warm,
Und unverstanden blieb
Ihm sein Collegenschwarm.
Wenn der in Saus und Braus
Sich Sonntags amüsirte,
Dann saß er still zu Haus
Am Werktisch und studirte.
Die Schusterkugel warf
Aufs Buch ihr Licht herab
Und seitlich hub sich scharf
Sein schwarzer Schatten ab.
Man sah ihn, wenn er kroch,
Bis an die Decke schwanken,
Doch höher reichten noch
Des Schwärmers Traumgedanken.
Er träumte, seine Saat
Ging auf im Zeitverlauf
Und schon schloß ein Mandat
Ihm auch den Reichstag auf.
Sein Wort flog wie ein Ball,
Er stand auf der Tribüne,
Halb Rousseau, halb Lassalle,
Und sprach von Schuld und Sühne.
O, wenn er las und ſchrieb,
Schlug ihm das Herz ſo warm,
Und unverſtanden blieb
Ihm ſein Collegenſchwarm.
Wenn der in Saus und Braus
Sich Sonntags amüſirte,
Dann ſaß er ſtill zu Haus
Am Werktiſch und ſtudirte.
Die Schuſterkugel warf
Aufs Buch ihr Licht herab
Und ſeitlich hub ſich ſcharf
Sein ſchwarzer Schatten ab.
Man ſah ihn, wenn er kroch,
Bis an die Decke ſchwanken,
Doch höher reichten noch
Des Schwärmers Traumgedanken.
Er träumte, ſeine Saat
Ging auf im Zeitverlauf
Und ſchon ſchloß ein Mandat
Ihm auch den Reichstag auf.
Sein Wort flog wie ein Ball,
Er ſtand auf der Tribüne,
Halb Rouſſeau, halb Laſſalle,
Und ſprach von Schuld und Sühne.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0196" n="174"/>
          <lg n="33">
            <l><hi rendition="#in">O</hi>, wenn er las und &#x017F;chrieb,</l><lb/>
            <l>Schlug ihm das Herz &#x017F;o warm,</l><lb/>
            <l>Und unver&#x017F;tanden blieb</l><lb/>
            <l>Ihm &#x017F;ein Collegen&#x017F;chwarm.</l><lb/>
            <l>Wenn der in Saus und Braus</l><lb/>
            <l>Sich Sonntags amü&#x017F;irte,</l><lb/>
            <l>Dann &#x017F;aß er &#x017F;till zu Haus</l><lb/>
            <l>Am Werkti&#x017F;ch und &#x017F;tudirte.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="34">
            <l>Die Schu&#x017F;terkugel warf</l><lb/>
            <l>Aufs Buch ihr Licht herab</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;eitlich hub &#x017F;ich &#x017F;charf</l><lb/>
            <l>Sein &#x017F;chwarzer Schatten ab.</l><lb/>
            <l>Man &#x017F;ah ihn, wenn er kroch,</l><lb/>
            <l>Bis an die Decke &#x017F;chwanken,</l><lb/>
            <l>Doch höher reichten noch</l><lb/>
            <l>Des Schwärmers Traumgedanken.</l><lb/>
          </lg>
          <lg n="35">
            <l>Er träumte, &#x017F;eine Saat</l><lb/>
            <l>Ging auf im Zeitverlauf</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chon &#x017F;chloß ein Mandat</l><lb/>
            <l>Ihm auch den Reichstag auf.</l><lb/>
            <l>Sein Wort flog wie ein Ball,</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;tand auf der Tribüne,</l><lb/>
            <l>Halb Rou&#x017F;&#x017F;eau, halb La&#x017F;&#x017F;alle,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;prach von Schuld und Sühne.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0196] O, wenn er las und ſchrieb, Schlug ihm das Herz ſo warm, Und unverſtanden blieb Ihm ſein Collegenſchwarm. Wenn der in Saus und Braus Sich Sonntags amüſirte, Dann ſaß er ſtill zu Haus Am Werktiſch und ſtudirte. Die Schuſterkugel warf Aufs Buch ihr Licht herab Und ſeitlich hub ſich ſcharf Sein ſchwarzer Schatten ab. Man ſah ihn, wenn er kroch, Bis an die Decke ſchwanken, Doch höher reichten noch Des Schwärmers Traumgedanken. Er träumte, ſeine Saat Ging auf im Zeitverlauf Und ſchon ſchloß ein Mandat Ihm auch den Reichstag auf. Sein Wort flog wie ein Ball, Er ſtand auf der Tribüne, Halb Rouſſeau, halb Laſſalle, Und ſprach von Schuld und Sühne.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/196
Zitationshilfe: Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_buch_1886/196>, abgerufen am 21.11.2024.