Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Und wenn ihr fleißig schmiert und salbt, Sorgt auch die Clique für Verbreitung, -- Denn wozu hat man sonst die Zeitung? -- Herr X hat wieder mal gekalbt! Ein Liederbuch ist's dieses Mal In rothem Maroquin gebunden Und überdies sehr warm empfunden Und wunderbar original! Und kauft man sich dann das Idol, Dann sind's die alten tauben Nüsse, Die längst genossenen Genüsse, Der aufgewärmte Sauerkohl: Von Wein und Wandern, Stern und Mond, Vom "Rauschebächlein", vom "Blauveilchen", Von "Küßmichmal" und "Warteinweilchen", Von "Liebe, die auf Wolken thront"! Und will der Dichter hoch hinaus,
Dann streicht er die Rubrik: "Erotisch!" Und hängt die Tafel: "Patriotisch!" Als Firmenzeichen vor sein Haus. Und wenn ihr fleißig ſchmiert und ſalbt, Sorgt auch die Clique für Verbreitung, — Denn wozu hat man ſonſt die Zeitung? — Herr X hat wieder mal gekalbt! Ein Liederbuch iſt's dieſes Mal In rothem Maroquin gebunden Und überdies ſehr warm empfunden Und wunderbar original! Und kauft man ſich dann das Idol, Dann ſind's die alten tauben Nüſſe, Die längſt genoſſenen Genüſſe, Der aufgewärmte Sauerkohl: Von Wein und Wandern, Stern und Mond, Vom „Rauſchebächlein“, vom „Blauveilchen“, Von „Küßmichmal“ und „Warteinweilchen“, Von „Liebe, die auf Wolken thront“! Und will der Dichter hoch hinaus,
Dann ſtreicht er die Rubrik: „Erotiſch!“ Und hängt die Tafel: „Patriotiſch!“ Als Firmenzeichen vor ſein Haus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0029" n="7"/> <lg n="9"> <l>Und wenn ihr fleißig ſchmiert und ſalbt,</l><lb/> <l>Sorgt auch die Clique für Verbreitung,</l><lb/> <l>— Denn wozu hat man ſonſt die Zeitung? —</l><lb/> <l>Herr X hat wieder mal gekalbt!</l><lb/> </lg> <lg n="10"> <l>Ein Liederbuch iſt's dieſes Mal</l><lb/> <l>In rothem Maroquin gebunden</l><lb/> <l>Und überdies ſehr warm empfunden</l><lb/> <l>Und wunderbar original!</l><lb/> </lg> <lg n="11"> <l>Und kauft man ſich dann das Idol,</l><lb/> <l>Dann ſind's die alten tauben Nüſſe,</l><lb/> <l>Die längſt genoſſenen Genüſſe,</l><lb/> <l>Der aufgewärmte Sauerkohl:</l><lb/> </lg> <lg n="12"> <l>Von Wein und Wandern, Stern und Mond,</l><lb/> <l>Vom „Rauſchebächlein“, vom „Blauveilchen“,</l><lb/> <l>Von „Küßmichmal“ und „Warteinweilchen“,</l><lb/> <l>Von „Liebe, die auf Wolken thront“!</l><lb/> </lg> <lg n="13"> <l>Und will der Dichter hoch hinaus,</l><lb/> <l>Dann ſtreicht er die Rubrik: „Erotiſch!“</l><lb/> <l>Und hängt die Tafel: „Patriotiſch!“</l><lb/> <l>Als Firmenzeichen vor ſein Haus.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [7/0029]
Und wenn ihr fleißig ſchmiert und ſalbt,
Sorgt auch die Clique für Verbreitung,
— Denn wozu hat man ſonſt die Zeitung? —
Herr X hat wieder mal gekalbt!
Ein Liederbuch iſt's dieſes Mal
In rothem Maroquin gebunden
Und überdies ſehr warm empfunden
Und wunderbar original!
Und kauft man ſich dann das Idol,
Dann ſind's die alten tauben Nüſſe,
Die längſt genoſſenen Genüſſe,
Der aufgewärmte Sauerkohl:
Von Wein und Wandern, Stern und Mond,
Vom „Rauſchebächlein“, vom „Blauveilchen“,
Von „Küßmichmal“ und „Warteinweilchen“,
Von „Liebe, die auf Wolken thront“!
Und will der Dichter hoch hinaus,
Dann ſtreicht er die Rubrik: „Erotiſch!“
Und hängt die Tafel: „Patriotiſch!“
Als Firmenzeichen vor ſein Haus.
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