Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Und an die wilder pochende Stirn Tastete meine Hand wie im Fieber Und zitternd frug ich: "Was willst du?? Wer bist du??" "Was willst du? Wer bist du?
Windiges Püpplein!" lachte der Schreckliche, "Ist da das Küchlein kaum aus dem Ei geschlüpft Und klatscht schon verwegen Mit seinen ärmlichen, Schalenumschlotterten Federchen, Flügelstolz, wie der alte, Braungesprenkelte Weih, Der über ihm hoch in blauer Luft Beutelüsterne Kreise zieht! Wer bist du!! Was willst du!! Thor, der so fragt! Beherbergt dein winziges Menschengehirnchen Etwa noch mehr solcher ungezogenen, Täppischen Schulbubenwitze? Schleudre erst von dir, weit, weit von dir, Dein florumflattertes, schellenumklingeltes, Kleinliches Selbst; Entziffre Nachts unterm Sternenhimmel Das große Räthselbuch der Natur; Begreife mit deinem Zwergverstand, Wie die Blume blüht und die Sonne scheint; Und an die wilder pochende Stirn Taſtete meine Hand wie im Fieber Und zitternd frug ich: „Was willſt du?? Wer biſt du??“ „Was willſt du? Wer biſt du?
Windiges Püpplein!“ lachte der Schreckliche, „Iſt da das Küchlein kaum aus dem Ei geſchlüpft Und klatſcht ſchon verwegen Mit ſeinen ärmlichen, Schalenumſchlotterten Federchen, Flügelſtolz, wie der alte, Braungeſprenkelte Weih, Der über ihm hoch in blauer Luft Beutelüſterne Kreiſe zieht! Wer biſt du!! Was willſt du!! Thor, der ſo fragt! Beherbergt dein winziges Menſchengehirnchen Etwa noch mehr ſolcher ungezogenen, Täppiſchen Schulbubenwitze? Schleudre erſt von dir, weit, weit von dir, Dein florumflattertes, ſchellenumklingeltes, Kleinliches Selbſt; Entziffre Nachts unterm Sternenhimmel Das große Räthſelbuch der Natur; Begreife mit deinem Zwergverſtand, Wie die Blume blüht und die Sonne ſcheint; <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <pb facs="#f0306" n="284"/> <lg n="48"> <l>Und an die wilder pochende Stirn</l><lb/> <l>Taſtete meine Hand wie im Fieber</l><lb/> <l>Und zitternd frug ich:</l><lb/> <l>„Was willſt du?? Wer biſt du??“</l><lb/> </lg> <lg n="49"> <l>„Was willſt du? Wer biſt du?</l><lb/> <l>Windiges Püpplein!“ lachte der Schreckliche,</l><lb/> <l>„Iſt da das Küchlein kaum aus dem Ei geſchlüpft</l><lb/> <l>Und klatſcht ſchon verwegen</l><lb/> <l>Mit ſeinen ärmlichen,</l><lb/> <l>Schalenumſchlotterten Federchen,</l><lb/> <l>Flügelſtolz, wie der alte,</l><lb/> <l>Braungeſprenkelte Weih,</l><lb/> <l>Der über ihm hoch in blauer Luft</l><lb/> <l>Beutelüſterne Kreiſe zieht!</l><lb/> <l>Wer biſt du!! Was willſt du!!</l><lb/> <l>Thor, der ſo fragt!</l><lb/> <l>Beherbergt dein winziges Menſchengehirnchen</l><lb/> <l>Etwa noch mehr ſolcher ungezogenen,</l><lb/> <l>Täppiſchen Schulbubenwitze?</l><lb/> <l>Schleudre erſt von dir, weit, weit von dir,</l><lb/> <l>Dein florumflattertes, ſchellenumklingeltes,</l><lb/> <l>Kleinliches Selbſt;</l><lb/> <l>Entziffre Nachts unterm Sternenhimmel</l><lb/> <l>Das große Räthſelbuch der Natur;</l><lb/> <l>Begreife mit deinem Zwergverſtand,</l><lb/> <l>Wie die Blume blüht und die Sonne ſcheint;</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [284/0306]
Und an die wilder pochende Stirn
Taſtete meine Hand wie im Fieber
Und zitternd frug ich:
„Was willſt du?? Wer biſt du??“
„Was willſt du? Wer biſt du?
Windiges Püpplein!“ lachte der Schreckliche,
„Iſt da das Küchlein kaum aus dem Ei geſchlüpft
Und klatſcht ſchon verwegen
Mit ſeinen ärmlichen,
Schalenumſchlotterten Federchen,
Flügelſtolz, wie der alte,
Braungeſprenkelte Weih,
Der über ihm hoch in blauer Luft
Beutelüſterne Kreiſe zieht!
Wer biſt du!! Was willſt du!!
Thor, der ſo fragt!
Beherbergt dein winziges Menſchengehirnchen
Etwa noch mehr ſolcher ungezogenen,
Täppiſchen Schulbubenwitze?
Schleudre erſt von dir, weit, weit von dir,
Dein florumflattertes, ſchellenumklingeltes,
Kleinliches Selbſt;
Entziffre Nachts unterm Sternenhimmel
Das große Räthſelbuch der Natur;
Begreife mit deinem Zwergverſtand,
Wie die Blume blüht und die Sonne ſcheint;
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