Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Vor mir, Auf dem wachsüberzogenen Schreibtisch, Lagen die Bücher und Manuscripte Wüst durcheinander, Das "Goldlicht der Lampe" war längst erloschen Und statt des "braunen Kaffeedufts" Zog sich stickig der Brenzelgeruch Des schwarzverkohlten Dochts durch das Zimmer. Sonst aber stand, lag und hing Alles noch an seinem alten, Gewohnten Platz. Hüben die gelbsüchtge Venus von Gyps Drüben der Raphaelische Kupferstich, Links der Papierkorb und rechts die Wasserpfeife! Nur draußen hatte sich unterdeß Das Bild geändert. Weiß und kalt Stahl sich durchs Fenster das Morgenlicht, Linkshin hatte das Wiener Cafe Schamhaft seine Spiegelscheiben verhängt Und über den Asphalt wälzte sich dumpf Das wieder erwachte Geräusch der Straße. War das dieselbe Welt,
Die Welt von gestern? Und sollten die Bilder, Die tollen Bilder der letzten Nacht, Vor mir, Auf dem wachsüberzogenen Schreibtiſch, Lagen die Bücher und Manuſcripte Wüſt durcheinander, Das „Goldlicht der Lampe“ war längſt erloſchen Und ſtatt des „braunen Kaffeedufts“ Zog ſich ſtickig der Brenzelgeruch Des ſchwarzverkohlten Dochts durch das Zimmer. Sonſt aber ſtand, lag und hing Alles noch an ſeinem alten, Gewohnten Platz. Hüben die gelbſüchtge Venus von Gyps Drüben der Raphaeliſche Kupferſtich, Links der Papierkorb und rechts die Waſſerpfeife! Nur draußen hatte ſich unterdeß Das Bild geändert. Weiß und kalt Stahl ſich durchs Fenſter das Morgenlicht, Linkshin hatte das Wiener Café Schamhaft ſeine Spiegelſcheiben verhängt Und über den Asphalt wälzte ſich dumpf Das wieder erwachte Geräuſch der Straße. War das dieſelbe Welt,
Die Welt von geſtern? Und ſollten die Bilder, Die tollen Bilder der letzten Nacht, <TEI> <text> <body> <div> <lg type="poem"> <pb facs="#f0324" n="302"/> <lg n="86"> <l>Vor mir,</l><lb/> <l>Auf dem wachsüberzogenen Schreibtiſch,</l><lb/> <l>Lagen die Bücher und Manuſcripte</l><lb/> <l>Wüſt durcheinander,</l><lb/> <l>Das „Goldlicht der Lampe“ war längſt erloſchen</l><lb/> <l>Und ſtatt des „braunen Kaffeedufts“</l><lb/> <l>Zog ſich ſtickig der Brenzelgeruch</l><lb/> <l>Des ſchwarzverkohlten Dochts durch das Zimmer.</l><lb/> <l>Sonſt aber ſtand, lag und hing</l><lb/> <l>Alles noch an ſeinem alten,</l><lb/> <l>Gewohnten Platz.</l><lb/> <l>Hüben die gelbſüchtge Venus von Gyps</l><lb/> <l>Drüben der Raphaeliſche Kupferſtich,</l><lb/> <l>Links der Papierkorb und rechts die Waſſerpfeife!</l><lb/> <l>Nur draußen hatte ſich unterdeß</l><lb/> <l>Das Bild geändert.</l><lb/> <l>Weiß und kalt</l><lb/> <l>Stahl ſich durchs Fenſter das Morgenlicht,</l><lb/> <l>Linkshin hatte das Wiener Caf<hi rendition="#aq">é</hi></l><lb/> <l>Schamhaft ſeine Spiegelſcheiben verhängt</l><lb/> <l>Und über den Asphalt wälzte ſich dumpf</l><lb/> <l>Das wieder erwachte Geräuſch der Straße.</l><lb/> </lg> <lg n="87"> <l>War das dieſelbe Welt,</l><lb/> <l>Die Welt von geſtern?</l><lb/> <l>Und ſollten die Bilder,</l><lb/> <l>Die tollen Bilder der letzten Nacht,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [302/0324]
Vor mir,
Auf dem wachsüberzogenen Schreibtiſch,
Lagen die Bücher und Manuſcripte
Wüſt durcheinander,
Das „Goldlicht der Lampe“ war längſt erloſchen
Und ſtatt des „braunen Kaffeedufts“
Zog ſich ſtickig der Brenzelgeruch
Des ſchwarzverkohlten Dochts durch das Zimmer.
Sonſt aber ſtand, lag und hing
Alles noch an ſeinem alten,
Gewohnten Platz.
Hüben die gelbſüchtge Venus von Gyps
Drüben der Raphaeliſche Kupferſtich,
Links der Papierkorb und rechts die Waſſerpfeife!
Nur draußen hatte ſich unterdeß
Das Bild geändert.
Weiß und kalt
Stahl ſich durchs Fenſter das Morgenlicht,
Linkshin hatte das Wiener Café
Schamhaft ſeine Spiegelſcheiben verhängt
Und über den Asphalt wälzte ſich dumpf
Das wieder erwachte Geräuſch der Straße.
War das dieſelbe Welt,
Die Welt von geſtern?
Und ſollten die Bilder,
Die tollen Bilder der letzten Nacht,
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