Holz, Arno: Das Buch der Zeit. Lieder eines Modernen. Zürich, 1886.Ins Waldversteck verirrt sie sich nur selten, Die blaue Blume ist ihr längst verblüht; Doch zieht die Ahnung neugeborner Welten Ihr süßer als ein Märchen durchs Gemüth. Zur Armuth tritt sie hin und zählt die Groschen, Ihr rothes Banner pflanzt sie in den Streit, An ihr Herz schlägt das große Herz der Zeit Und aller Weltschmerz scheint ihr abgedroschen. Doch heute singt sie, was ihr längst verboten, Mir scheint, dein Lächeln hat sie mir behext, Und unter deine altbekannten Noten Schreibt sie begeistert einen neuen Text. Die Flur ergrünt und bläulich blüht der Flieder, Ich aber leire meine Lenzmusik Und lachend schon vernehm ich die Kritik: Das denkt und singt ja wie ein Seifensieder! Ins Waldverſteck verirrt ſie ſich nur ſelten, Die blaue Blume iſt ihr längſt verblüht; Doch zieht die Ahnung neugeborner Welten Ihr ſüßer als ein Märchen durchs Gemüth. Zur Armuth tritt ſie hin und zählt die Groſchen, Ihr rothes Banner pflanzt ſie in den Streit, An ihr Herz ſchlägt das große Herz der Zeit Und aller Weltſchmerz ſcheint ihr abgedroſchen. Doch heute ſingt ſie, was ihr längſt verboten, Mir ſcheint, dein Lächeln hat ſie mir behext, Und unter deine altbekannten Noten Schreibt ſie begeiſtert einen neuen Text. Die Flur ergrünt und bläulich blüht der Flieder, Ich aber leire meine Lenzmuſik Und lachend ſchon vernehm ich die Kritik: Das denkt und ſingt ja wie ein Seifenſieder! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0050" n="28"/> <lg n="3"> <l>Ins Waldverſteck verirrt ſie ſich nur ſelten,</l><lb/> <l>Die blaue Blume iſt ihr längſt verblüht;</l><lb/> <l>Doch zieht die Ahnung neugeborner Welten</l><lb/> <l>Ihr ſüßer als ein Märchen durchs Gemüth.</l><lb/> <l>Zur Armuth tritt ſie hin und zählt die Groſchen,</l><lb/> <l>Ihr rothes Banner pflanzt ſie in den Streit,</l><lb/> <l>An ihr Herz ſchlägt das große Herz der Zeit</l><lb/> <l>Und aller Weltſchmerz ſcheint ihr abgedroſchen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Doch heute ſingt ſie, was ihr längſt verboten,</l><lb/> <l>Mir ſcheint, dein Lächeln hat ſie mir behext,</l><lb/> <l>Und unter deine altbekannten Noten</l><lb/> <l>Schreibt ſie begeiſtert einen neuen Text.</l><lb/> <l>Die Flur ergrünt und bläulich blüht der Flieder,</l><lb/> <l>Ich aber leire meine Lenzmuſik</l><lb/> <l>Und lachend ſchon vernehm ich die Kritik:</l><lb/> <l>Das denkt und ſingt ja wie ein Seifenſieder!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0050]
Ins Waldverſteck verirrt ſie ſich nur ſelten,
Die blaue Blume iſt ihr längſt verblüht;
Doch zieht die Ahnung neugeborner Welten
Ihr ſüßer als ein Märchen durchs Gemüth.
Zur Armuth tritt ſie hin und zählt die Groſchen,
Ihr rothes Banner pflanzt ſie in den Streit,
An ihr Herz ſchlägt das große Herz der Zeit
Und aller Weltſchmerz ſcheint ihr abgedroſchen.
Doch heute ſingt ſie, was ihr längſt verboten,
Mir ſcheint, dein Lächeln hat ſie mir behext,
Und unter deine altbekannten Noten
Schreibt ſie begeiſtert einen neuen Text.
Die Flur ergrünt und bläulich blüht der Flieder,
Ich aber leire meine Lenzmuſik
Und lachend ſchon vernehm ich die Kritik:
Das denkt und ſingt ja wie ein Seifenſieder!
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