Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

"Nein doch! So eine Unverschämtheit!"

Sie hatte ihn unterm Tisch mit dem Knie
gestossen.

"Pique Ass! Nicht wahr, Wiebelchen?"

"Sehr wohl, schöne Dame! Sehr wohl!
Vortrefflich, meiner Treu! Was wäre da zu
fürchten? Ich -- e -- selbst bin -- e -- hm!
-- leidlich tugendhaft . . ."

Der kleine Fortinbras war jetzt vollständig
vergessen. "Voll Speis' und Trank in seiner
Sünden Maienblüte" lag er jetzt wieder "sicher
beigepackt" hinten in seiner dunklen Korbecke
und starrte nun trübselig drüben in den Cigar¬
rettenqualm, der in dicken Schichten um die
grüne Glocke wogte. Seit seiner Geburt war
er nicht übermässig oft aus seinem Winkel
hervorgeholt worden. Das unerwartete Glück
heute hatte ihn ganz sehnsüchtig nach dem
Lichte dort gemacht. Der Schooss, der Zucker¬
kringel, die Löckchen . . . er hatte wieder zu
quäken angefangen.

Amalie rührte sich nicht. Der Bengel
wollte blos immer genommen sein. Sie hatte
schon an einmal genug.

"Coeur Trumpf, Nielchen!"

5

„Nein doch! So eine Unverschämtheit!“

Sie hatte ihn unterm Tisch mit dem Knie
gestossen.

„Pique Ass! Nicht wahr, Wiebelchen?“

„Sehr wohl, schöne Dame! Sehr wohl!
Vortrefflich, meiner Treu! Was wäre da zu
fürchten? Ich — e — selbst bin — e — hm!
— leidlich tugendhaft . . .“

Der kleine Fortinbras war jetzt vollständig
vergessen. „Voll Speis' und Trank in seiner
Sünden Maienblüte“ lag er jetzt wieder „sicher
beigepackt“ hinten in seiner dunklen Korbecke
und starrte nun trübselig drüben in den Cigar¬
rettenqualm, der in dicken Schichten um die
grüne Glocke wogte. Seit seiner Geburt war
er nicht übermässig oft aus seinem Winkel
hervorgeholt worden. Das unerwartete Glück
heute hatte ihn ganz sehnsüchtig nach dem
Lichte dort gemacht. Der Schooss, der Zucker¬
kringel, die Löckchen . . . er hatte wieder zu
quäken angefangen.

Amalie rührte sich nicht. Der Bengel
wollte blos immer genommen sein. Sie hatte
schon an einmal genug.

„Coeur Trumpf, Nielchen!“

5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0069" n="65"/>
          <p>&#x201E;Nein doch! So eine Unverschämtheit!&#x201C;</p><lb/>
          <p>Sie hatte ihn unterm Tisch mit dem Knie<lb/>
gestossen.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Pique Ass! Nicht wahr, Wiebelchen?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Sehr wohl, schöne Dame! Sehr wohl!<lb/>
Vortrefflich, meiner Treu! Was wäre da zu<lb/>
fürchten? Ich &#x2014; e &#x2014; selbst bin &#x2014; e &#x2014; hm!<lb/>
&#x2014; leidlich tugendhaft . . .&#x201C;</p><lb/>
          <p>Der kleine Fortinbras war jetzt vollständig<lb/>
vergessen. &#x201E;Voll Speis' und Trank in seiner<lb/>
Sünden Maienblüte&#x201C; lag er jetzt wieder &#x201E;sicher<lb/>
beigepackt&#x201C; hinten in seiner dunklen Korbecke<lb/>
und starrte nun trübselig drüben in den Cigar¬<lb/>
rettenqualm, der in dicken Schichten um die<lb/>
grüne Glocke wogte. Seit seiner Geburt war<lb/>
er nicht übermässig oft aus seinem Winkel<lb/>
hervorgeholt worden. Das unerwartete Glück<lb/>
heute hatte ihn ganz sehnsüchtig nach dem<lb/>
Lichte dort gemacht. Der Schooss, der Zucker¬<lb/>
kringel, die Löckchen . . . er hatte wieder zu<lb/>
quäken angefangen.</p><lb/>
          <p>Amalie rührte sich nicht. Der Bengel<lb/>
wollte blos immer genommen sein. Sie hatte<lb/>
schon an einmal genug.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Coeur Trumpf, Nielchen!&#x201C;<lb/></p>
          <fw place="bottom" type="sig">5<lb/></fw>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0069] „Nein doch! So eine Unverschämtheit!“ Sie hatte ihn unterm Tisch mit dem Knie gestossen. „Pique Ass! Nicht wahr, Wiebelchen?“ „Sehr wohl, schöne Dame! Sehr wohl! Vortrefflich, meiner Treu! Was wäre da zu fürchten? Ich — e — selbst bin — e — hm! — leidlich tugendhaft . . .“ Der kleine Fortinbras war jetzt vollständig vergessen. „Voll Speis' und Trank in seiner Sünden Maienblüte“ lag er jetzt wieder „sicher beigepackt“ hinten in seiner dunklen Korbecke und starrte nun trübselig drüben in den Cigar¬ rettenqualm, der in dicken Schichten um die grüne Glocke wogte. Seit seiner Geburt war er nicht übermässig oft aus seinem Winkel hervorgeholt worden. Das unerwartete Glück heute hatte ihn ganz sehnsüchtig nach dem Lichte dort gemacht. Der Schooss, der Zucker¬ kringel, die Löckchen . . . er hatte wieder zu quäken angefangen. Amalie rührte sich nicht. Der Bengel wollte blos immer genommen sein. Sie hatte schon an einmal genug. „Coeur Trumpf, Nielchen!“ 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/69
Zitationshilfe: Holz, Arno; Schlaf, Johannes: Papa Hamlet. Übers. v. Bruno Franzius. Leipzig, 1889, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/holz_hamlet_1889/69>, abgerufen am 22.12.2024.