um den Kirchenschmuck einer Amsterdammerin ge- ben, die ich, da sie mir zu Fuß begegneten, nicht zu der vornehmsten Klasse rechnen konnte. Nie sah ich so schöne und viele Brillanten um mich blitzen. Einige Frauen hatten Ohrringe von außer- ordentlicher Größe a jour gefaßt, die mich im Schein der Sonne entzückten -- denn ihr wißt ja die mystische Freude, die mir der siebenfach ge- brochne Strahl in den erstarrten Thautropfen macht. Auf der Brust hatten diese Frauen große Schleifen oder Nuster, wie man in Schwaben sagt, die wie Arons Schild blitzten. So standen sie auch in ihren Hausthüren in Seide von glän- zenden Farben gekleidet: Grün, Blau, schillern- des Gelb; aber alle tragen bei der Landeskleidung ein fatales Häubchen, das alle Haare verbirgt und unter dem Kinne gebunden ist. Diese un- leidliche Sucht die Kinnladen zu umwickeln sollte kein junges Weib theilen; heut zu Tage scheint man gar nicht mehr zu wissen, welcher Liebreiz in der Linie vom Ohr bis zum Kinn eines jungen Weibes liegt. Die Jugend spricht sich dort am lebendigsten aus, dort und in den Schläfen der Jungfrau, und aus diesen Zügen flieht sie auch am schnellsten. -- Das haben die hiesigen Frauen
um den Kirchenſchmuck einer Amſterdammerin ge- ben, die ich, da ſie mir zu Fuß begegneten, nicht zu der vornehmſten Klaſſe rechnen konnte. Nie ſah ich ſo ſchoͤne und viele Brillanten um mich blitzen. Einige Frauen hatten Ohrringe von außer- ordentlicher Groͤße a jour gefaßt, die mich im Schein der Sonne entzuͤckten — denn ihr wißt ja die myſtiſche Freude, die mir der ſiebenfach ge- brochne Strahl in den erſtarrten Thautropfen macht. Auf der Bruſt hatten dieſe Frauen große Schleifen oder Nuſter, wie man in Schwaben ſagt, die wie Arons Schild blitzten. So ſtanden ſie auch in ihren Hausthuͤren in Seide von glaͤn- zenden Farben gekleidet: Gruͤn, Blau, ſchillern- des Gelb; aber alle tragen bei der Landeskleidung ein fatales Haͤubchen, das alle Haare verbirgt und unter dem Kinne gebunden iſt. Dieſe un- leidliche Sucht die Kinnladen zu umwickeln ſollte kein junges Weib theilen; heut zu Tage ſcheint man gar nicht mehr zu wiſſen, welcher Liebreiz in der Linie vom Ohr bis zum Kinn eines jungen Weibes liegt. Die Jugend ſpricht ſich dort am lebendigſten aus, dort und in den Schlaͤfen der Jungfrau, und aus dieſen Zuͤgen flieht ſie auch am ſchnellſten. — Das haben die hieſigen Frauen
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um den Kirchenſchmuck einer Amſterdammerin ge-
ben, die ich, da ſie mir zu Fuß begegneten, nicht
zu der vornehmſten Klaſſe rechnen konnte. Nie
ſah ich ſo ſchoͤne und viele Brillanten um mich
blitzen. Einige Frauen hatten Ohrringe von außer-
ordentlicher Groͤße a jour gefaßt, die mich im
Schein der Sonne entzuͤckten — denn ihr wißt ja
die myſtiſche Freude, die mir der ſiebenfach ge-
brochne Strahl in den erſtarrten Thautropfen
macht. Auf der Bruſt hatten dieſe Frauen große
Schleifen oder Nuſter, wie man in Schwaben
ſagt, die wie Arons Schild blitzten. So ſtanden
ſie auch in ihren Hausthuͤren in Seide von glaͤn-
zenden Farben gekleidet: Gruͤn, Blau, ſchillern-
des Gelb; aber alle tragen bei der Landeskleidung
ein fatales Haͤubchen, das alle Haare verbirgt
und unter dem Kinne gebunden iſt. Dieſe un-
leidliche Sucht die Kinnladen zu umwickeln ſollte
kein junges Weib theilen; heut zu Tage ſcheint
man gar nicht mehr zu wiſſen, welcher Liebreiz in
der Linie vom Ohr bis zum Kinn eines jungen
Weibes liegt. Die Jugend ſpricht ſich dort am
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Jungfrau, und aus dieſen Zuͤgen flieht ſie auch
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/203>, abgerufen am 22.12.2024.
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