habe. Haben die Thiere etwa einen größern Raum nöthig, um lustig zu seyn? denn sonst geht es ih- nen hier doch gewiß gut. Mir däucht das widrige nachahmende Geschlecht bedürfe der Freiheit am wenigsten. Je mehr Kraft ein Thier hat, je we- her thut mir seine Sklaverei. -- Endlich erblickte ich zwei Zebras -- die machten mich lustig! so ein Zebra sieht immer aus, als wärs ihm kein Ernst mit seinem bunten Fell. Aber hier in Holland sollten sie recht häufig seyn; in einem solchen nord- holländischen Dorfe, wo das Pflaster gemahlt und die Baumstämme angestrichen sind, da sollte man mit lautet Zebras fahren. So ein Zebra sieht doch nur wie ein geputzter Esel aus und hat nicht seiner guten Vettern vernünftiges Wesen. Diese könig- lichen Zebras waren ganz rund von Wohlleben, und schienen zu der Unbändigkeit, die man ih- rem Geschlechte sonst Schuld giebt, viel zu fett.
Nun ging ich die Pflanzen aufzusuchen, die ihren Hunger in ihrem Vaterlande stillen, die Bäume, die sie in Afrikas Einöden beschatten. Groß ist der botanische Garten nicht, aber mit ei- ner herrlichen Sauberkeit unterhalten, und an Mannigfaltigkeit und Zahl der fremden Pflanzen
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habe. Haben die Thiere etwa einen groͤßern Raum noͤthig, um luſtig zu ſeyn? denn ſonſt geht es ih- nen hier doch gewiß gut. Mir daͤucht das widrige nachahmende Geſchlecht beduͤrfe der Freiheit am wenigſten. Je mehr Kraft ein Thier hat, je we- her thut mir ſeine Sklaverei. — Endlich erblickte ich zwei Zebras — die machten mich luſtig! ſo ein Zebra ſieht immer aus, als waͤrs ihm kein Ernſt mit ſeinem bunten Fell. Aber hier in Holland ſollten ſie recht haͤufig ſeyn; in einem ſolchen nord- hollaͤndiſchen Dorfe, wo das Pflaſter gemahlt und die Baumſtaͤmme angeſtrichen ſind, da ſollte man mit lautet Zebras fahren. So ein Zebra ſieht doch nur wie ein geputzter Eſel aus und hat nicht ſeiner guten Vettern vernuͤnftiges Weſen. Dieſe koͤnig- lichen Zebras waren ganz rund von Wohlleben, und ſchienen zu der Unbaͤndigkeit, die man ih- rem Geſchlechte ſonſt Schuld giebt, viel zu fett.
Nun ging ich die Pflanzen aufzuſuchen, die ihren Hunger in ihrem Vaterlande ſtillen, die Baͤume, die ſie in Afrikas Einoͤden beſchatten. Groß iſt der botaniſche Garten nicht, aber mit ei- ner herrlichen Sauberkeit unterhalten, und an Mannigfaltigkeit und Zahl der fremden Pflanzen
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habe. Haben die Thiere etwa einen groͤßern Raum
noͤthig, um luſtig zu ſeyn? denn ſonſt geht es ih-
nen hier doch gewiß gut. Mir daͤucht das widrige
nachahmende Geſchlecht beduͤrfe der Freiheit am
wenigſten. Je mehr Kraft ein Thier hat, je we-
her thut mir ſeine Sklaverei. — Endlich erblickte
ich zwei Zebras — die machten mich luſtig! ſo
ein Zebra ſieht immer aus, als waͤrs ihm kein Ernſt
mit ſeinem bunten Fell. Aber hier in Holland
ſollten ſie recht haͤufig ſeyn; in einem ſolchen nord-
hollaͤndiſchen Dorfe, wo das Pflaſter gemahlt und
die Baumſtaͤmme angeſtrichen ſind, da ſollte man
mit lautet Zebras fahren. So ein Zebra ſieht doch
nur wie ein geputzter Eſel aus und hat nicht ſeiner
guten Vettern vernuͤnftiges Weſen. Dieſe koͤnig-
lichen Zebras waren ganz rund von Wohlleben,
und ſchienen zu der Unbaͤndigkeit, die man ih-
rem Geſchlechte ſonſt Schuld giebt, viel
zu fett.
Nun ging ich die Pflanzen aufzuſuchen, die
ihren Hunger in ihrem Vaterlande ſtillen, die
Baͤume, die ſie in Afrikas Einoͤden beſchatten.
Groß iſt der botaniſche Garten nicht, aber mit ei-
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/207>, abgerufen am 22.12.2024.
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