Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

habe. Haben die Thiere etwa einen größern Raum
nöthig, um lustig zu seyn? denn sonst geht es ih-
nen hier doch gewiß gut. Mir däucht das widrige
nachahmende Geschlecht bedürfe der Freiheit am
wenigsten. Je mehr Kraft ein Thier hat, je we-
her thut mir seine Sklaverei. -- Endlich erblickte
ich zwei Zebras -- die machten mich lustig! so
ein Zebra sieht immer aus, als wärs ihm kein Ernst
mit seinem bunten Fell. Aber hier in Holland
sollten sie recht häufig seyn; in einem solchen nord-
holländischen Dorfe, wo das Pflaster gemahlt und
die Baumstämme angestrichen sind, da sollte man
mit lautet Zebras fahren. So ein Zebra sieht doch
nur wie ein geputzter Esel aus und hat nicht seiner
guten Vettern vernünftiges Wesen. Diese könig-
lichen Zebras waren ganz rund von Wohlleben,
und schienen zu der Unbändigkeit, die man ih-
rem Geschlechte sonst Schuld giebt, viel
zu fett.

Nun ging ich die Pflanzen aufzusuchen, die
ihren Hunger in ihrem Vaterlande stillen, die
Bäume, die sie in Afrikas Einöden beschatten.
Groß ist der botanische Garten nicht, aber mit ei-
ner herrlichen Sauberkeit unterhalten, und an
Mannigfaltigkeit und Zahl der fremden Pflanzen

N

habe. Haben die Thiere etwa einen groͤßern Raum
noͤthig, um luſtig zu ſeyn? denn ſonſt geht es ih-
nen hier doch gewiß gut. Mir daͤucht das widrige
nachahmende Geſchlecht beduͤrfe der Freiheit am
wenigſten. Je mehr Kraft ein Thier hat, je we-
her thut mir ſeine Sklaverei. — Endlich erblickte
ich zwei Zebras — die machten mich luſtig! ſo
ein Zebra ſieht immer aus, als waͤrs ihm kein Ernſt
mit ſeinem bunten Fell. Aber hier in Holland
ſollten ſie recht haͤufig ſeyn; in einem ſolchen nord-
hollaͤndiſchen Dorfe, wo das Pflaſter gemahlt und
die Baumſtaͤmme angeſtrichen ſind, da ſollte man
mit lautet Zebras fahren. So ein Zebra ſieht doch
nur wie ein geputzter Eſel aus und hat nicht ſeiner
guten Vettern vernuͤnftiges Weſen. Dieſe koͤnig-
lichen Zebras waren ganz rund von Wohlleben,
und ſchienen zu der Unbaͤndigkeit, die man ih-
rem Geſchlechte ſonſt Schuld giebt, viel
zu fett.

Nun ging ich die Pflanzen aufzuſuchen, die
ihren Hunger in ihrem Vaterlande ſtillen, die
Baͤume, die ſie in Afrikas Einoͤden beſchatten.
Groß iſt der botaniſche Garten nicht, aber mit ei-
ner herrlichen Sauberkeit unterhalten, und an
Mannigfaltigkeit und Zahl der fremden Pflanzen

N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="193"/>
habe. Haben die Thiere etwa einen gro&#x0364;ßern Raum<lb/>
no&#x0364;thig, um lu&#x017F;tig zu &#x017F;eyn? denn &#x017F;on&#x017F;t geht es ih-<lb/>
nen hier doch gewiß gut. Mir da&#x0364;ucht das widrige<lb/>
nachahmende Ge&#x017F;chlecht bedu&#x0364;rfe der Freiheit am<lb/>
wenig&#x017F;ten. Je mehr Kraft ein Thier hat, je we-<lb/>
her thut mir &#x017F;eine Sklaverei. &#x2014; Endlich erblickte<lb/>
ich zwei Zebras &#x2014; die machten mich lu&#x017F;tig! &#x017F;o<lb/>
ein Zebra &#x017F;ieht immer aus, als wa&#x0364;rs ihm kein Ern&#x017F;t<lb/>
mit &#x017F;einem bunten Fell. Aber hier in Holland<lb/>
&#x017F;ollten &#x017F;ie recht ha&#x0364;ufig &#x017F;eyn; in einem &#x017F;olchen nord-<lb/>
holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Dorfe, wo das Pfla&#x017F;ter gemahlt und<lb/>
die Baum&#x017F;ta&#x0364;mme ange&#x017F;trichen &#x017F;ind, da &#x017F;ollte man<lb/>
mit lautet Zebras fahren. So ein Zebra &#x017F;ieht doch<lb/>
nur wie ein geputzter E&#x017F;el aus und hat nicht &#x017F;einer<lb/>
guten Vettern vernu&#x0364;nftiges We&#x017F;en. Die&#x017F;e ko&#x0364;nig-<lb/>
lichen Zebras waren ganz rund von Wohlleben,<lb/>
und &#x017F;chienen zu der Unba&#x0364;ndigkeit, die man ih-<lb/>
rem Ge&#x017F;chlechte &#x017F;on&#x017F;t Schuld giebt, viel<lb/>
zu fett.</p><lb/>
        <p>Nun ging ich die Pflanzen aufzu&#x017F;uchen, die<lb/>
ihren Hunger in ihrem Vaterlande &#x017F;tillen, die<lb/>
Ba&#x0364;ume, die &#x017F;ie in Afrikas Eino&#x0364;den be&#x017F;chatten.<lb/>
Groß i&#x017F;t der botani&#x017F;che Garten nicht, aber mit ei-<lb/>
ner herrlichen Sauberkeit unterhalten, und an<lb/>
Mannigfaltigkeit und Zahl der fremden Pflanzen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0207] habe. Haben die Thiere etwa einen groͤßern Raum noͤthig, um luſtig zu ſeyn? denn ſonſt geht es ih- nen hier doch gewiß gut. Mir daͤucht das widrige nachahmende Geſchlecht beduͤrfe der Freiheit am wenigſten. Je mehr Kraft ein Thier hat, je we- her thut mir ſeine Sklaverei. — Endlich erblickte ich zwei Zebras — die machten mich luſtig! ſo ein Zebra ſieht immer aus, als waͤrs ihm kein Ernſt mit ſeinem bunten Fell. Aber hier in Holland ſollten ſie recht haͤufig ſeyn; in einem ſolchen nord- hollaͤndiſchen Dorfe, wo das Pflaſter gemahlt und die Baumſtaͤmme angeſtrichen ſind, da ſollte man mit lautet Zebras fahren. So ein Zebra ſieht doch nur wie ein geputzter Eſel aus und hat nicht ſeiner guten Vettern vernuͤnftiges Weſen. Dieſe koͤnig- lichen Zebras waren ganz rund von Wohlleben, und ſchienen zu der Unbaͤndigkeit, die man ih- rem Geſchlechte ſonſt Schuld giebt, viel zu fett. Nun ging ich die Pflanzen aufzuſuchen, die ihren Hunger in ihrem Vaterlande ſtillen, die Baͤume, die ſie in Afrikas Einoͤden beſchatten. Groß iſt der botaniſche Garten nicht, aber mit ei- ner herrlichen Sauberkeit unterhalten, und an Mannigfaltigkeit und Zahl der fremden Pflanzen N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/207
Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/207>, abgerufen am 22.12.2024.