Beispiel wenn wir eine hochherzige Prinzessin im höchsten Unwillen sagen hören: Sleurt by t'hair te onnoozle, hoe zy kermt, vort haatlijk Echtal- taar, an trapt har't hikkend Ja haars Ondanks uit den gorgel. -- -- Da reicht freilich keine Philo- sophie aus! wir können in dem Augenblick nicht lebendig fühlen, daß die Lächerlichkeit in uns, nicht in der Sprache liegt, und sie stellt die unweibliche Härte des Sinnes in das grellste Licht, Einige der Schauspieler des Amsterdammer Thea- ters deklamirten sehr gut. Im Durchschnitt war das Organ bei allen rein und natürlich. Der eine hatte einen so männlichen Schmerzenston, daß er als Vater einer gewissen, aus dem Englischen übersetzten, höchst jämmerlichen Fräulein Emilie, die gegen ihres Vaters Willen mit ihrem Herzge- liebten sehr nahe Bekanntschaft gemacht hatte, den heillos tönenden Ausruf: rampzaligt Vader! -- so herzzerreissend rief, daß ich sehr ernsthaft blieb. Die besagte Emilie selbst, deren ganze Rolle doch ein permanenter Jammer war, hatte im hohen tragischen gar nichts Kreischendes, son- dern einen richtigen immer weiblich bleibenden Tonleiter. In der ganzen Darstellung war nir- gends etwas Anstößiges, noch Vernachlässigtes.
Beiſpiel wenn wir eine hochherzige Prinzeſſin im hoͤchſten Unwillen ſagen hoͤren: Sleurt by t’hair te onnoozle, hoe zy kermt, vort haatlijk Echtal- taar, an trapt har’t hikkend Ja haars Ondanks uit den gorgel. — — Da reicht freilich keine Philo- ſophie aus! wir koͤnnen in dem Augenblick nicht lebendig fuͤhlen, daß die Laͤcherlichkeit in uns, nicht in der Sprache liegt, und ſie ſtellt die unweibliche Haͤrte des Sinnes in das grellſte Licht, Einige der Schauſpieler des Amſterdammer Thea- ters deklamirten ſehr gut. Im Durchſchnitt war das Organ bei allen rein und natuͤrlich. Der eine hatte einen ſo maͤnnlichen Schmerzenston, daß er als Vater einer gewiſſen, aus dem Engliſchen uͤberſetzten, hoͤchſt jaͤmmerlichen Fraͤulein Emilie, die gegen ihres Vaters Willen mit ihrem Herzge- liebten ſehr nahe Bekanntſchaft gemacht hatte, den heillos toͤnenden Ausruf: rampzaligt Vader! — ſo herzzerreiſſend rief, daß ich ſehr ernſthaft blieb. Die beſagte Emilie ſelbſt, deren ganze Rolle doch ein permanenter Jammer war, hatte im hohen tragiſchen gar nichts Kreiſchendes, ſon- dern einen richtigen immer weiblich bleibenden Tonleiter. In der ganzen Darſtellung war nir- gends etwas Anſtoͤßiges, noch Vernachlaͤſſigtes.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0228"n="214"/>
Beiſpiel wenn wir eine hochherzige Prinzeſſin im<lb/>
hoͤchſten Unwillen ſagen hoͤren: <hirendition="#aq">Sleurt by t’hair te<lb/>
onnoozle, hoe zy kermt, vort haatlijk Echtal-<lb/>
taar, an trapt har’t hikkend Ja haars Ondanks uit<lb/>
den gorgel</hi>. —— Da reicht freilich keine Philo-<lb/>ſophie aus! wir koͤnnen in dem Augenblick nicht<lb/>
lebendig fuͤhlen, daß <hirendition="#g">die Laͤcherlichkeit</hi> in<lb/>
uns, nicht in der Sprache liegt, und ſie ſtellt die<lb/>
unweibliche Haͤrte des Sinnes in das grellſte Licht,<lb/>
Einige der Schauſpieler des Amſterdammer Thea-<lb/>
ters deklamirten ſehr gut. Im Durchſchnitt war<lb/>
das Organ bei allen rein und natuͤrlich. Der eine<lb/>
hatte einen ſo maͤnnlichen Schmerzenston, daß<lb/>
er als Vater einer gewiſſen, aus dem Engliſchen<lb/>
uͤberſetzten, hoͤchſt jaͤmmerlichen Fraͤulein Emilie,<lb/>
die gegen ihres Vaters Willen mit ihrem Herzge-<lb/>
liebten ſehr nahe Bekanntſchaft gemacht hatte,<lb/>
den heillos toͤnenden Ausruf: <hirendition="#aq">rampzaligt Vader</hi>!<lb/>—ſo herzzerreiſſend rief, daß ich ſehr ernſthaft<lb/>
blieb. Die beſagte Emilie ſelbſt, deren ganze<lb/>
Rolle doch ein permanenter Jammer war, hatte<lb/>
im hohen tragiſchen gar nichts Kreiſchendes, ſon-<lb/>
dern einen richtigen immer weiblich bleibenden<lb/>
Tonleiter. In der ganzen Darſtellung war nir-<lb/>
gends etwas Anſtoͤßiges, noch Vernachlaͤſſigtes.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[214/0228]
Beiſpiel wenn wir eine hochherzige Prinzeſſin im
hoͤchſten Unwillen ſagen hoͤren: Sleurt by t’hair te
onnoozle, hoe zy kermt, vort haatlijk Echtal-
taar, an trapt har’t hikkend Ja haars Ondanks uit
den gorgel. — — Da reicht freilich keine Philo-
ſophie aus! wir koͤnnen in dem Augenblick nicht
lebendig fuͤhlen, daß die Laͤcherlichkeit in
uns, nicht in der Sprache liegt, und ſie ſtellt die
unweibliche Haͤrte des Sinnes in das grellſte Licht,
Einige der Schauſpieler des Amſterdammer Thea-
ters deklamirten ſehr gut. Im Durchſchnitt war
das Organ bei allen rein und natuͤrlich. Der eine
hatte einen ſo maͤnnlichen Schmerzenston, daß
er als Vater einer gewiſſen, aus dem Engliſchen
uͤberſetzten, hoͤchſt jaͤmmerlichen Fraͤulein Emilie,
die gegen ihres Vaters Willen mit ihrem Herzge-
liebten ſehr nahe Bekanntſchaft gemacht hatte,
den heillos toͤnenden Ausruf: rampzaligt Vader!
— ſo herzzerreiſſend rief, daß ich ſehr ernſthaft
blieb. Die beſagte Emilie ſelbſt, deren ganze
Rolle doch ein permanenter Jammer war, hatte
im hohen tragiſchen gar nichts Kreiſchendes, ſon-
dern einen richtigen immer weiblich bleibenden
Tonleiter. In der ganzen Darſtellung war nir-
gends etwas Anſtoͤßiges, noch Vernachlaͤſſigtes.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/228>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.