Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

her glänzet und blinket -- -- -- dagegen seht
nun die Tischgesellschaft meines Reichen satt und
übersatt im Park umherschlendern, und hört ihre
Ausrufungen beim Anblick des belebten Marmors
-- denket euch funfzehn und zwanzig Menschen
aus jener Welt der Reichen, und analisirt euch
ihr Inneres bei diesen Exklamationen -- ich ha-
be solche Auftritte so oft erlebt, und mir wars im-
mer als müste ich einen Schleier über das Kunst-
werk werfen, der es vor dem Auge dieser satten
Leute verbürge. Doch zurück an einen Platz des
Walles mit Bäumen besetzt, wo an vielen kleinen
Tischen kleine Familiengruppen bei einem Krug
Bier den Abend genossen. Das waren lebendige
Tennier -- die Tanzenden ausgenommen, denn
Tanz und Musik ward ich nirgends gewahr. Al-
lein die Kleidungen, die Stellungen, die Geräth-
schaften -- alles stimmt in den Gemälden dieses
Meisters mit der Wirklichkeit überein. Die Kinder
die im Grase sich wälzten, hie und da eine wohl-
meinend keifende Mutter, die das Jüngste am
Gängelband führend, hinter die kleinen Lärmer
her eilte, der Ausdruck gefühlten Ausruhens in
den gefaltet vor sich hingelegten Händen der rein-
lichen Weiber, und der von Seelenruhe in den

her glaͤnzet und blinket — — — dagegen ſeht
nun die Tiſchgeſellſchaft meines Reichen ſatt und
uͤberſatt im Park umherſchlendern, und hoͤrt ihre
Ausrufungen beim Anblick des belebten Marmors
— denket euch funfzehn und zwanzig Menſchen
aus jener Welt der Reichen, und analiſirt euch
ihr Inneres bei dieſen Exklamationen — ich ha-
be ſolche Auftritte ſo oft erlebt, und mir wars im-
mer als muͤſte ich einen Schleier uͤber das Kunſt-
werk werfen, der es vor dem Auge dieſer ſatten
Leute verbuͤrge. Doch zuruͤck an einen Platz des
Walles mit Baͤumen beſetzt, wo an vielen kleinen
Tiſchen kleine Familiengruppen bei einem Krug
Bier den Abend genoſſen. Das waren lebendige
Tennier — die Tanzenden ausgenommen, denn
Tanz und Muſik ward ich nirgends gewahr. Al-
lein die Kleidungen, die Stellungen, die Geraͤth-
ſchaften — alles ſtimmt in den Gemaͤlden dieſes
Meiſters mit der Wirklichkeit uͤberein. Die Kinder
die im Graſe ſich waͤlzten, hie und da eine wohl-
meinend keifende Mutter, die das Juͤngſte am
Gaͤngelband fuͤhrend, hinter die kleinen Laͤrmer
her eilte, der Ausdruck gefuͤhlten Ausruhens in
den gefaltet vor ſich hingelegten Haͤnden der rein-
lichen Weiber, und der von Seelenruhe in den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0237" n="223"/>
her gla&#x0364;nzet und blinket &#x2014; &#x2014; &#x2014; dagegen &#x017F;eht<lb/>
nun die Ti&#x017F;chge&#x017F;ell&#x017F;chaft meines Reichen &#x017F;att und<lb/>
u&#x0364;ber&#x017F;att im Park umher&#x017F;chlendern, und ho&#x0364;rt ihre<lb/>
Ausrufungen beim Anblick des belebten Marmors<lb/>
&#x2014; denket euch funfzehn und zwanzig Men&#x017F;chen<lb/>
aus jener Welt der Reichen, und anali&#x017F;irt euch<lb/>
ihr Inneres bei die&#x017F;en Exklamationen &#x2014; ich ha-<lb/>
be &#x017F;olche Auftritte &#x017F;o oft erlebt, und mir wars im-<lb/>
mer als mu&#x0364;&#x017F;te ich einen Schleier u&#x0364;ber das Kun&#x017F;t-<lb/>
werk werfen, der es vor dem Auge die&#x017F;er &#x017F;atten<lb/>
Leute verbu&#x0364;rge. Doch zuru&#x0364;ck an einen Platz des<lb/>
Walles mit Ba&#x0364;umen be&#x017F;etzt, wo an vielen kleinen<lb/>
Ti&#x017F;chen kleine Familiengruppen bei einem Krug<lb/>
Bier den Abend geno&#x017F;&#x017F;en. Das waren lebendige<lb/>
Tennier &#x2014; die Tanzenden ausgenommen, denn<lb/>
Tanz und Mu&#x017F;ik ward ich nirgends gewahr. Al-<lb/>
lein die Kleidungen, die Stellungen, die Gera&#x0364;th-<lb/>
&#x017F;chaften &#x2014; alles &#x017F;timmt in den Gema&#x0364;lden die&#x017F;es<lb/>
Mei&#x017F;ters mit der Wirklichkeit u&#x0364;berein. Die Kinder<lb/>
die im Gra&#x017F;e &#x017F;ich wa&#x0364;lzten, hie und da eine wohl-<lb/>
meinend keifende Mutter, die das Ju&#x0364;ng&#x017F;te am<lb/>
Ga&#x0364;ngelband fu&#x0364;hrend, hinter die kleinen La&#x0364;rmer<lb/>
her eilte, der Ausdruck gefu&#x0364;hlten Ausruhens in<lb/>
den gefaltet vor &#x017F;ich hingelegten Ha&#x0364;nden der rein-<lb/>
lichen Weiber, und der von Seelenruhe in den<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0237] her glaͤnzet und blinket — — — dagegen ſeht nun die Tiſchgeſellſchaft meines Reichen ſatt und uͤberſatt im Park umherſchlendern, und hoͤrt ihre Ausrufungen beim Anblick des belebten Marmors — denket euch funfzehn und zwanzig Menſchen aus jener Welt der Reichen, und analiſirt euch ihr Inneres bei dieſen Exklamationen — ich ha- be ſolche Auftritte ſo oft erlebt, und mir wars im- mer als muͤſte ich einen Schleier uͤber das Kunſt- werk werfen, der es vor dem Auge dieſer ſatten Leute verbuͤrge. Doch zuruͤck an einen Platz des Walles mit Baͤumen beſetzt, wo an vielen kleinen Tiſchen kleine Familiengruppen bei einem Krug Bier den Abend genoſſen. Das waren lebendige Tennier — die Tanzenden ausgenommen, denn Tanz und Muſik ward ich nirgends gewahr. Al- lein die Kleidungen, die Stellungen, die Geraͤth- ſchaften — alles ſtimmt in den Gemaͤlden dieſes Meiſters mit der Wirklichkeit uͤberein. Die Kinder die im Graſe ſich waͤlzten, hie und da eine wohl- meinend keifende Mutter, die das Juͤngſte am Gaͤngelband fuͤhrend, hinter die kleinen Laͤrmer her eilte, der Ausdruck gefuͤhlten Ausruhens in den gefaltet vor ſich hingelegten Haͤnden der rein- lichen Weiber, und der von Seelenruhe in den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/237
Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/237>, abgerufen am 22.12.2024.