mir, das sei die letzte Rückwirkung der sehr hoch- gehaltnen Wasser gegen die Schelde zu, wo man unter gewissen Umständen das Durchstechen der Dämme befohlen habe. Das Durchbrechen eines solchen Dammes ist mir ein Blick, dessen Furcht- barkeit ich gar nicht ausdrücken kann. Oft sind Wohnungen unmittelbar hinter dem Damm, so, daß ein Erdwall, wie wir ihn noch um unsre klei- nen alten Festungen sehen, der ungeheuren Wasser- masse zum Bette dient. Du siehst ihn hier aus dem Fenster, wenige Schritte von dir auf zwan- zig Fuß hoch steigen, und jenseits ist die Höhe des Dammes und die Wasserhöhe fast eins. Hat das Wasser einmal eine geringe Oeffnung gefunden, so muß es furchtbar fortwühlend bald jeden Wi- derstand aus dem Wege räumen, und unaufhalt- sam die Fläche in Besitz nehmen.
Der große Umfang von Gebüsch, Alleen und Pflanzungen ist aber auf einem holländischen Land- gut bei weitem nicht der Gegenstand leerer Pracht, noch bloßen Vergnügens. Der ganze Platz ist in Schläge eingetheilt, und wird regelmäßig als Holzertrag benutzt. Nur die zunächst an das Haus stoßenden Gebüsche und Alleen sind davon ausge- nommen, so lange eine besondre Spekulation nicht
mir, das ſei die letzte Ruͤckwirkung der ſehr hoch- gehaltnen Waſſer gegen die Schelde zu, wo man unter gewiſſen Umſtaͤnden das Durchſtechen der Daͤmme befohlen habe. Das Durchbrechen eines ſolchen Dammes iſt mir ein Blick, deſſen Furcht- barkeit ich gar nicht ausdruͤcken kann. Oft ſind Wohnungen unmittelbar hinter dem Damm, ſo, daß ein Erdwall, wie wir ihn noch um unſre klei- nen alten Feſtungen ſehen, der ungeheuren Waſſer- maſſe zum Bette dient. Du ſiehſt ihn hier aus dem Fenſter, wenige Schritte von dir auf zwan- zig Fuß hoch ſteigen, und jenſeits iſt die Hoͤhe des Dammes und die Waſſerhoͤhe faſt eins. Hat das Waſſer einmal eine geringe Oeffnung gefunden, ſo muß es furchtbar fortwuͤhlend bald jeden Wi- derſtand aus dem Wege raͤumen, und unaufhalt- ſam die Flaͤche in Beſitz nehmen.
Der große Umfang von Gebuͤſch, Alleen und Pflanzungen iſt aber auf einem hollaͤndiſchen Land- gut bei weitem nicht der Gegenſtand leerer Pracht, noch bloßen Vergnuͤgens. Der ganze Platz iſt in Schlaͤge eingetheilt, und wird regelmaͤßig als Holzertrag benutzt. Nur die zunaͤchſt an das Haus ſtoßenden Gebuͤſche und Alleen ſind davon ausge- nommen, ſo lange eine beſondre Spekulation nicht
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mir, das ſei die letzte Ruͤckwirkung der ſehr hoch-
gehaltnen Waſſer gegen die Schelde zu, wo man
unter gewiſſen Umſtaͤnden das Durchſtechen der
Daͤmme befohlen habe. Das Durchbrechen eines
ſolchen Dammes iſt mir ein Blick, deſſen Furcht-
barkeit ich gar nicht ausdruͤcken kann. Oft ſind
Wohnungen unmittelbar hinter dem Damm, ſo,
daß ein Erdwall, wie wir ihn noch um unſre klei-
nen alten Feſtungen ſehen, der ungeheuren Waſſer-
maſſe zum Bette dient. Du ſiehſt ihn hier aus
dem Fenſter, wenige Schritte von dir auf zwan-
zig Fuß hoch ſteigen, und jenſeits iſt die Hoͤhe des
Dammes und die Waſſerhoͤhe faſt eins. Hat das
Waſſer einmal eine geringe Oeffnung gefunden,
ſo muß es furchtbar fortwuͤhlend bald jeden Wi-
derſtand aus dem Wege raͤumen, und unaufhalt-
ſam die Flaͤche in Beſitz nehmen.
Der große Umfang von Gebuͤſch, Alleen und
Pflanzungen iſt aber auf einem hollaͤndiſchen Land-
gut bei weitem nicht der Gegenſtand leerer Pracht,
noch bloßen Vergnuͤgens. Der ganze Platz iſt in
Schlaͤge eingetheilt, und wird regelmaͤßig als
Holzertrag benutzt. Nur die zunaͤchſt an das Haus
ſtoßenden Gebuͤſche und Alleen ſind davon ausge-
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/251>, abgerufen am 23.12.2024.
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