lusorisch, "het Gewakel." Man könnte die poe- tische Beschreibung mancher Reisenden von dem gepflanzten Paradies mancher gefühlvollen, kunst- liebenden deutschen Herrschaft, drollig verunstal- ten, wenn man die leichte Brücke, die sich kühn über die Silberfluth erhebt, schlichtweg "das Ge- wakle überm Graben" nennte. Diese Gegend ist so bebaut und so bewohnt, daß man selten bemer- ken kann, welches das letzte Haus des einen, oder das erste des andern Dorfes ist. Zwischen innen werden die zerstreuten Ortschaften wieder von ir- gend einem Landgute mit schöngepflanzten Alleen und Gebüschen verbunden. Geht man mit der Nachtschuit, so blinken fortwährend hie und da, nah und fern, die Lichter aus den grün umpflanz- ten Fenstern in die stille Fluth. Oft findet man Gebäude, welche jetzt nur Bauerhöfe sind, aber ehemals Herrschaftliche waren, die noch in den Titeln der Herrschaften prangen. So ist nicht weit von Montfort eine ehemalige Herrschaft, He- lenstein, woselbst noch ein Ueberrest einer alten Mauer, des in ehemaligen Kriegen zerstörten Schlosses zu sehen ist, und eines der letzten Häu- ser, wenn man von * * * nach Woerden fährt, heißt Polanen. Beide sind jetzt Pachthöfe, allein
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luſoriſch, „het Gewakel.“ Man koͤnnte die poe- tiſche Beſchreibung mancher Reiſenden von dem gepflanzten Paradies mancher gefuͤhlvollen, kunſt- liebenden deutſchen Herrſchaft, drollig verunſtal- ten, wenn man die leichte Bruͤcke, die ſich kuͤhn uͤber die Silberfluth erhebt, ſchlichtweg „das Ge- wakle uͤberm Graben“ nennte. Dieſe Gegend iſt ſo bebaut und ſo bewohnt, daß man ſelten bemer- ken kann, welches das letzte Haus des einen, oder das erſte des andern Dorfes iſt. Zwiſchen innen werden die zerſtreuten Ortſchaften wieder von ir- gend einem Landgute mit ſchoͤngepflanzten Alleen und Gebuͤſchen verbunden. Geht man mit der Nachtſchuit, ſo blinken fortwaͤhrend hie und da, nah und fern, die Lichter aus den gruͤn umpflanz- ten Fenſtern in die ſtille Fluth. Oft findet man Gebaͤude, welche jetzt nur Bauerhoͤfe ſind, aber ehemals Herrſchaftliche waren, die noch in den Titeln der Herrſchaften prangen. So iſt nicht weit von Montfort eine ehemalige Herrſchaft, He- lenſtein, woſelbſt noch ein Ueberreſt einer alten Mauer, des in ehemaligen Kriegen zerſtoͤrten Schloſſes zu ſehen iſt, und eines der letzten Haͤu- ſer, wenn man von * * * nach Woerden faͤhrt, heißt Polanen. Beide ſind jetzt Pachthoͤfe, allein
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luſoriſch, „het Gewakel.“ Man koͤnnte die poe-
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gepflanzten Paradies mancher gefuͤhlvollen, kunſt-
liebenden deutſchen Herrſchaft, drollig verunſtal-
ten, wenn man die leichte Bruͤcke, die ſich kuͤhn
uͤber die Silberfluth erhebt, ſchlichtweg „das Ge-
wakle uͤberm Graben“ nennte. Dieſe Gegend iſt
ſo bebaut und ſo bewohnt, daß man ſelten bemer-
ken kann, welches das letzte Haus des einen, oder
das erſte des andern Dorfes iſt. Zwiſchen innen
werden die zerſtreuten Ortſchaften wieder von ir-
gend einem Landgute mit ſchoͤngepflanzten Alleen
und Gebuͤſchen verbunden. Geht man mit der
Nachtſchuit, ſo blinken fortwaͤhrend hie und da,
nah und fern, die Lichter aus den gruͤn umpflanz-
ten Fenſtern in die ſtille Fluth. Oft findet man
Gebaͤude, welche jetzt nur Bauerhoͤfe ſind, aber
ehemals Herrſchaftliche waren, die noch in den
Titeln der Herrſchaften prangen. So iſt nicht
weit von Montfort eine ehemalige Herrſchaft, He-
lenſtein, woſelbſt noch ein Ueberreſt einer alten
Mauer, des in ehemaligen Kriegen zerſtoͤrten
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heißt Polanen. Beide ſind jetzt Pachthoͤfe, allein
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/303>, abgerufen am 23.12.2024.
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