cher Moment wirken, wenn ihn der Geistliche ganz im liebenden Sinne des Evangeliums auslegte. Freilich muß er sich nicht dabei, wie ein gewisser Schweitzer Prediger bei dem Bergfall in Geldau benehmen. Dieser gab jenem großen Auftritt den Rachegeistern Gottes schuld, die jetzt aufträten, die Sünder der Gemeine zu züchtigen. Durch diese Mittel muß die Religion und der Charakter der Menschheit noch tiefer sinken.
Fällt euch aber nicht bei dem Schicksal des wackern Herrn ** die Stelle aus Schillers Glocke ein, welche die Feuersbrunst so ergreifend beschreibt, und dann mit den Worten endet:
Einen Blick nach dem Grabe seiner Habe sendet noch der Mensch zurück -- Greift fröhlich dann zum Wanderstabe, was Feuerswuth ihm auch geraubt, ein süßer Trost ist ihm geblieben, er zählt die Häupter seiner Lieben und sieh! ihm fehlt kein theures Haupt.
Ich habe schon mehrmals über den ganz ver- schiedenen Grad von Theilnahme nachgedacht, die der oben erwähnte Bergfall in Geldau, und dieser
cher Moment wirken, wenn ihn der Geiſtliche ganz im liebenden Sinne des Evangeliums auslegte. Freilich muß er ſich nicht dabei, wie ein gewiſſer Schweitzer Prediger bei dem Bergfall in Geldau benehmen. Dieſer gab jenem großen Auftritt den Rachegeiſtern Gottes ſchuld, die jetzt auftraͤten, die Suͤnder der Gemeine zu zuͤchtigen. Durch dieſe Mittel muß die Religion und der Charakter der Menſchheit noch tiefer ſinken.
Faͤllt euch aber nicht bei dem Schickſal des wackern Herrn ** die Stelle aus Schillers Glocke ein, welche die Feuersbrunſt ſo ergreifend beſchreibt, und dann mit den Worten endet:
Einen Blick nach dem Grabe ſeiner Habe ſendet noch der Menſch zuruͤck — Greift froͤhlich dann zum Wanderſtabe, was Feuerswuth ihm auch geraubt, ein ſuͤßer Troſt iſt ihm geblieben, er zaͤhlt die Haͤupter ſeiner Lieben und ſieh! ihm fehlt kein theures Haupt.
Ich habe ſchon mehrmals uͤber den ganz ver- ſchiedenen Grad von Theilnahme nachgedacht, die der oben erwaͤhnte Bergfall in Geldau, und dieſer
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cher Moment wirken, wenn ihn der Geiſtliche ganz
im liebenden Sinne des Evangeliums auslegte.
Freilich muß er ſich nicht dabei, wie ein gewiſſer
Schweitzer Prediger bei dem Bergfall in Geldau
benehmen. Dieſer gab jenem großen Auftritt den
Rachegeiſtern Gottes ſchuld, die jetzt auftraͤten,
die Suͤnder der Gemeine zu zuͤchtigen. Durch
dieſe Mittel muß die Religion und der Charakter
der Menſchheit noch tiefer ſinken.
Faͤllt euch aber nicht bei dem Schickſal des
wackern Herrn ** die Stelle aus Schillers Glocke ein,
welche die Feuersbrunſt ſo ergreifend beſchreibt,
und dann mit den Worten endet:
Einen Blick
nach dem Grabe
ſeiner Habe
ſendet noch der Menſch zuruͤck —
Greift froͤhlich dann zum Wanderſtabe,
was Feuerswuth ihm auch geraubt,
ein ſuͤßer Troſt iſt ihm geblieben,
er zaͤhlt die Haͤupter ſeiner Lieben
und ſieh! ihm fehlt kein theures Haupt.
Ich habe ſchon mehrmals uͤber den ganz ver-
ſchiedenen Grad von Theilnahme nachgedacht, die
der oben erwaͤhnte Bergfall in Geldau, und dieſer
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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/325>, abgerufen am 23.12.2024.
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