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Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811.

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ist allenthalben mit Bäumen bepflanzt, und auf
allen Feldern wachsen sechs- bis zehnjährige Obst-
bäume hervor. Da die Einfuhr des Obstes vom
Rheingau aus erschwert ist, wächst die Obstzucht
des linken Ufers ansehnlich. Die Rheingauer, die
ehedem ihr Obst einst frisch nach Mainz führten,
trocknen nun den größten Theil, und verkaufen ihn
in das obstarme Hessen. Die neuangestellten Beam-
ten des linken Ufers beklagen sich sehr bitterlich über
die neue Zeit. -- Besonders schilderte der Postmei-
ster in Ingelheim seinen Zustand recht traurig. Der
Hof, den er jetzt als Eigenthum besaß, war sonst
ein geistliches Gut gewesen, und er der Pächter.
Er sprach von seiner Pachtzeit, wie vom goldenen
Zeitalter. Nach kurzem Gespräch lud er mich auf
das höflichste ein, von seinem neuen Gastzimmer
aus den Rhein zu sehen. -- Die Fenster gewährten
über das weinbewachsene Ufer hinweg die Aussicht
auf das Rheingau. Ellfeld lag still in Nebelflor
umhüllt, der Odenwald glühte im Abendstrahl --
alles feierte den Schluß des Tages. Ich befand
mich in einem artigen Salon mit Fußteppich, Spie-
geln, zierlichem Geräth. -- Der Wirth setzte mir
auf meine Bitte Trauben vor -- ich erkundigte mich
nach der Zahl seines Viehes, den Kosten, die ein
so schönes neues Gebäu machte, das seinem bra-
ven großen Wohnhause gegenüber lag, und wünschte
jedem Verarmten so wohlhabend zu seyn, wie dem
armen Herrn Postmeister. Indeß der Vater den
Druck der Zeiten beklagte, schritt sein vierzehnjäh-

iſt allenthalben mit Baͤumen bepflanzt, und auf
allen Feldern wachſen ſechs- bis zehnjaͤhrige Obſt-
baͤume hervor. Da die Einfuhr des Obſtes vom
Rheingau aus erſchwert iſt, waͤchſt die Obſtzucht
des linken Ufers anſehnlich. Die Rheingauer, die
ehedem ihr Obſt einſt friſch nach Mainz fuͤhrten,
trocknen nun den groͤßten Theil, und verkaufen ihn
in das obſtarme Heſſen. Die neuangeſtellten Beam-
ten des linken Ufers beklagen ſich ſehr bitterlich uͤber
die neue Zeit. — Beſonders ſchilderte der Poſtmei-
ſter in Ingelheim ſeinen Zuſtand recht traurig. Der
Hof, den er jetzt als Eigenthum beſaß, war ſonſt
ein geiſtliches Gut geweſen, und er der Paͤchter.
Er ſprach von ſeiner Pachtzeit, wie vom goldenen
Zeitalter. Nach kurzem Geſpraͤch lud er mich auf
das hoͤflichſte ein, von ſeinem neuen Gaſtzimmer
aus den Rhein zu ſehen. — Die Fenſter gewaͤhrten
uͤber das weinbewachſene Ufer hinweg die Ausſicht
auf das Rheingau. Ellfeld lag ſtill in Nebelflor
umhuͤllt, der Odenwald gluͤhte im Abendſtrahl —
alles feierte den Schluß des Tages. Ich befand
mich in einem artigen Salon mit Fußteppich, Spie-
geln, zierlichem Geraͤth. — Der Wirth ſetzte mir
auf meine Bitte Trauben vor — ich erkundigte mich
nach der Zahl ſeines Viehes, den Koſten, die ein
ſo ſchoͤnes neues Gebaͤu machte, das ſeinem bra-
ven großen Wohnhauſe gegenuͤber lag, und wuͤnſchte
jedem Verarmten ſo wohlhabend zu ſeyn, wie dem
armen Herrn Poſtmeiſter. Indeß der Vater den
Druck der Zeiten beklagte, ſchritt ſein vierzehnjaͤh-

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[399/0413] iſt allenthalben mit Baͤumen bepflanzt, und auf allen Feldern wachſen ſechs- bis zehnjaͤhrige Obſt- baͤume hervor. Da die Einfuhr des Obſtes vom Rheingau aus erſchwert iſt, waͤchſt die Obſtzucht des linken Ufers anſehnlich. Die Rheingauer, die ehedem ihr Obſt einſt friſch nach Mainz fuͤhrten, trocknen nun den groͤßten Theil, und verkaufen ihn in das obſtarme Heſſen. Die neuangeſtellten Beam- ten des linken Ufers beklagen ſich ſehr bitterlich uͤber die neue Zeit. — Beſonders ſchilderte der Poſtmei- ſter in Ingelheim ſeinen Zuſtand recht traurig. Der Hof, den er jetzt als Eigenthum beſaß, war ſonſt ein geiſtliches Gut geweſen, und er der Paͤchter. Er ſprach von ſeiner Pachtzeit, wie vom goldenen Zeitalter. Nach kurzem Geſpraͤch lud er mich auf das hoͤflichſte ein, von ſeinem neuen Gaſtzimmer aus den Rhein zu ſehen. — Die Fenſter gewaͤhrten uͤber das weinbewachſene Ufer hinweg die Ausſicht auf das Rheingau. Ellfeld lag ſtill in Nebelflor umhuͤllt, der Odenwald gluͤhte im Abendſtrahl — alles feierte den Schluß des Tages. Ich befand mich in einem artigen Salon mit Fußteppich, Spie- geln, zierlichem Geraͤth. — Der Wirth ſetzte mir auf meine Bitte Trauben vor — ich erkundigte mich nach der Zahl ſeines Viehes, den Koſten, die ein ſo ſchoͤnes neues Gebaͤu machte, das ſeinem bra- ven großen Wohnhauſe gegenuͤber lag, und wuͤnſchte jedem Verarmten ſo wohlhabend zu ſeyn, wie dem armen Herrn Poſtmeiſter. Indeß der Vater den Druck der Zeiten beklagte, ſchritt ſein vierzehnjaͤh-

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Zitationshilfe: Huber, Therese: Bemerkungen über Holland aus dem Reisejournal einer deutschen Frau. Leipzig, 1811, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_reisejournal_1811/413>, abgerufen am 22.12.2024.