Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.genommen. Im direkten Gegensatz zu Rübsams An- 1) Obige Hypothese erschien mir etwas gewagt, ich fand aber für
die gegenteilige Annahme zu meiner Ueberraschung genug Belege in der Spezial-Untersuchung Königs über "die schwarzen Kabinette". Schon unter Karl V. erwiesen sich nach ihm die Spanier als Meister in der Kunst, Briefe aufzufangen, zu öffnen und wieder zu versiegeln. Schon vor Rudolf II., der so scharf für das Taxis'sche Lehen vorging, war die Briefspionage in ein System gebracht worden. Damals kamen die "Logisten" Eberl auf, in deren Familie das Geschäft der Spionage und der Fälschung sich von Rudolf II. bis Joseph II. vererbte; einer dieser Familien-Angehörigen, der Kourier war, wurde wegen dieser Fertigkeit zum Postmeister ernannt und 1612 geadelt. Auf diese Weise erhielt das Wiener Kabinett über die Politik Frankreichs, und der Deutschen Fürsten, wie aller andern jeweiligen Gegner wertvolle Nachweise. Die Taxis hatten sogar in Wien, obgleich die Post der Erblande in den Händen der Paar'schen Familie sich befand, ständig einen ihren Beamten im "Schwarzen Kabinett". (Sonderbare Widersprüche über diesen delikaten Punkt finden sich bei B. E. Crole, Geschichte der deutschen Post 1889, S. 20 und S. 425--427.) genommen. Im direkten Gegensatz zu Rübsams An- 1) Obige Hypothese erschien mir etwas gewagt, ich fand aber für
die gegenteilige Annahme zu meiner Ueberraschung genug Belege in der Spezial-Untersuchung Königs über »die schwarzen Kabinette«. Schon unter Karl V. erwiesen sich nach ihm die Spanier als Meister in der Kunst, Briefe aufzufangen, zu öffnen und wieder zu versiegeln. Schon vor Rudolf II., der so scharf für das Taxis’sche Lehen vorging, war die Briefspionage in ein System gebracht worden. Damals kamen die »Logisten« Eberl auf, in deren Familie das Geschäft der Spionage und der Fälschung sich von Rudolf II. bis Joseph II. vererbte; einer dieser Familien-Angehörigen, der Kourier war, wurde wegen dieser Fertigkeit zum Postmeister ernannt und 1612 geadelt. Auf diese Weise erhielt das Wiener Kabinett über die Politik Frankreichs, und der Deutschen Fürsten, wie aller andern jeweiligen Gegner wertvolle Nachweise. Die Taxis hatten sogar in Wien, obgleich die Post der Erblande in den Händen der Paar’schen Familie sich befand, ständig einen ihren Beamten im »Schwarzen Kabinett«. (Sonderbare Widersprüche über diesen delikaten Punkt finden sich bei B. E. Crole, Geschichte der deutschen Post 1889, S. 20 und S. 425—427.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0128" n="112"/> genommen. Im direkten Gegensatz zu <hi rendition="#g">Rübsams</hi> An-<lb/> schauung habe ich Grund zu der Annahme, dass dem<lb/> Taxis’schen Regal-Anspruch gerade als ein weiteres För-<lb/> derungsmittel zu gute kam, dass sich die systematische Ver-<lb/> letzung des Briefgeheimnisses allmählich als ein Mittel der<lb/> hohen Politik ausbildete: Mazarin hatte das berüchtigte<lb/> »schwarze Kabinet« eingerichtet; die österreichischen Poli-<lb/> tiker blieben nicht zurück; bald sprach man von einem<lb/> »danger de la poste«, bald war ihnen die Fixigkeit und<lb/> Routine der (spanischen) Postmeister in der Briefspionage<lb/> unentbehrlich geworden <note place="foot" n="1)">Obige Hypothese erschien mir etwas gewagt, ich fand aber für<lb/> die gegenteilige Annahme zu meiner Ueberraschung genug Belege in der<lb/> Spezial-Untersuchung Königs über »die schwarzen Kabinette«. Schon unter<lb/> Karl V. erwiesen sich nach ihm die Spanier als Meister in der Kunst, Briefe<lb/> aufzufangen, zu öffnen und wieder zu versiegeln. Schon vor Rudolf II., der<lb/> so scharf für das Taxis’sche Lehen vorging, war die Briefspionage in ein<lb/> System gebracht worden. Damals kamen die »Logisten« Eberl auf, in deren<lb/> Familie das Geschäft der Spionage und der Fälschung sich von Rudolf II.<lb/> bis Joseph II. vererbte; einer dieser Familien-Angehörigen, der Kourier war,<lb/> wurde <hi rendition="#g">wegen dieser Fertigkeit zum Postmeister</hi> ernannt und<lb/> 1612 geadelt. Auf diese Weise erhielt das Wiener Kabinett über die Politik<lb/> Frankreichs, und der Deutschen Fürsten, wie aller andern jeweiligen Gegner<lb/> wertvolle Nachweise. Die Taxis hatten sogar in Wien, obgleich die Post<lb/> der Erblande in den Händen der Paar’schen Familie sich befand, ständig<lb/> einen ihren Beamten im »Schwarzen Kabinett«. (Sonderbare Widersprüche<lb/> über diesen delikaten Punkt finden sich bei B. E. Crole, Geschichte der<lb/> deutschen Post 1889, S. 20 und S. 425—427.)</note>. Ein Dienst war des anderen<lb/> wert; die Unterstüzung der spanisch-habsburgischen Politik<lb/> erhielt ihren Lohn in der seltenen Energie und Ausdauer,<lb/> mit welcher die Wiener Kanzlei den schwierigen Kampf<lb/> für das Monopol aufnahm und durchführte. Die Taxis<lb/> waren sehr wertvolle diplomatische Agenten des Kaisers,<lb/> ihre Honorierung erfolgte in den Erlassen gegen das »Neben-<lb/> botenfuhrwerk«, welche den Kaiser nichts kosteten. Schein-<lb/> bar war das Regal die Belohnung für eine neue organisa-<lb/> torische Idee, wie der Kaiser damals anfing, Privilegien<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0128]
genommen. Im direkten Gegensatz zu Rübsams An-
schauung habe ich Grund zu der Annahme, dass dem
Taxis’schen Regal-Anspruch gerade als ein weiteres För-
derungsmittel zu gute kam, dass sich die systematische Ver-
letzung des Briefgeheimnisses allmählich als ein Mittel der
hohen Politik ausbildete: Mazarin hatte das berüchtigte
»schwarze Kabinet« eingerichtet; die österreichischen Poli-
tiker blieben nicht zurück; bald sprach man von einem
»danger de la poste«, bald war ihnen die Fixigkeit und
Routine der (spanischen) Postmeister in der Briefspionage
unentbehrlich geworden 1). Ein Dienst war des anderen
wert; die Unterstüzung der spanisch-habsburgischen Politik
erhielt ihren Lohn in der seltenen Energie und Ausdauer,
mit welcher die Wiener Kanzlei den schwierigen Kampf
für das Monopol aufnahm und durchführte. Die Taxis
waren sehr wertvolle diplomatische Agenten des Kaisers,
ihre Honorierung erfolgte in den Erlassen gegen das »Neben-
botenfuhrwerk«, welche den Kaiser nichts kosteten. Schein-
bar war das Regal die Belohnung für eine neue organisa-
torische Idee, wie der Kaiser damals anfing, Privilegien
1) Obige Hypothese erschien mir etwas gewagt, ich fand aber für
die gegenteilige Annahme zu meiner Ueberraschung genug Belege in der
Spezial-Untersuchung Königs über »die schwarzen Kabinette«. Schon unter
Karl V. erwiesen sich nach ihm die Spanier als Meister in der Kunst, Briefe
aufzufangen, zu öffnen und wieder zu versiegeln. Schon vor Rudolf II., der
so scharf für das Taxis’sche Lehen vorging, war die Briefspionage in ein
System gebracht worden. Damals kamen die »Logisten« Eberl auf, in deren
Familie das Geschäft der Spionage und der Fälschung sich von Rudolf II.
bis Joseph II. vererbte; einer dieser Familien-Angehörigen, der Kourier war,
wurde wegen dieser Fertigkeit zum Postmeister ernannt und
1612 geadelt. Auf diese Weise erhielt das Wiener Kabinett über die Politik
Frankreichs, und der Deutschen Fürsten, wie aller andern jeweiligen Gegner
wertvolle Nachweise. Die Taxis hatten sogar in Wien, obgleich die Post
der Erblande in den Händen der Paar’schen Familie sich befand, ständig
einen ihren Beamten im »Schwarzen Kabinett«. (Sonderbare Widersprüche
über diesen delikaten Punkt finden sich bei B. E. Crole, Geschichte der
deutschen Post 1889, S. 20 und S. 425—427.)
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