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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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dings lässt der Wortlaut: (die Posten seien des Kaisers be-
sondere Hoheit und Regale, er möge dieselben bei dem
Reiche erhalten und nicht in fremde Hände kommen lassen)
manche Zweifel offen; dieser Wortlaut aber wird nur richtig
aufgefasst, wenn man die Richtung des Protests gegen den
spanischen König und das beschränkte Geltungsgebiet (Be-
förderung der Brieffelleisen für den spanisch-habsburgischen
Hof auf der Route Brüssel-Augsburg-Mantua) im Auge behält,
da sich bloss hierauf der Protest beziehen kann. Allgemein
wurde damals die Taxis'sche Post als eine ausländische Ver-
waltung angesehen: "von Herrn Philippsen, König von Hispanien
allein unterhalten und besoldet
" heisst es in dem Taxis'schen Be-
stallungsbrief von 1563; "man ist", erklärt 1596 der Württemb.
Herzog Friedrich, "Spanien keine Post schuldig, denn was aus
gutem Willen geschehen" (Stängel, S. 203). Nun ergriffen 1570
die Kurfürsten die Gelegenheit, um der unklaren Stellung ein
Ende zu machen, in welcher zu ihnen die spanische Postver-
waltung mit ihren Ansprüchen auf privilegierten Gerichtsstand,
Steuerfreiheit u. s. w. seit der Abdankung Karls V. stand; die
Route Brüssel-Augsburg-Mantua sollte unter des Kaisers Hoheit
gestellt werden. Daher bekämpften die Kurfürsten auch nicht
das spätere Projekt Henots, eine rein deutsche Reichspost zu
errichten. Aber sie wehrten sich sofort, als das Projekt in die
Hände der Taxis hinübergespielt wurde, offenbar weil sie die-
selben als ausländische Eindringlinge ansahen. Die Erklärung
von 1570 spricht also durchaus nicht zu Gunsten des Taxis'schen
Regals; andernfalls hätte sofort auch die Besoldungsfrage, (die
ja den einzigen Grund zu der damaligen Verwirrung des Post-
wesens abgab), besprochen werden müssen. Aber davon ist
auch nicht entfernt die Rede.

Ferner müssten die Kurfürsten nicht nur die Lehens-Ver-
leihung an die Taxis'sche Familie befürwortet, sondern zugleich
auch auf ihre eigene Landespost verzichtet haben. Dass sie
daran bei ihrem Ersuchen von 1570 am allerwenigsten dachten,
beweist ihr vor- und nachheriges Verhalten gegenüber der Reichs-
lehenspost mehr als genug: Gerade in jener Zeit werden von
den Territorialherrn (wie von den Reichsstädten) die durch-

dings lässt der Wortlaut: (die Posten seien des Kaisers be-
sondere Hoheit und Regale, er möge dieselben bei dem
Reiche erhalten und nicht in fremde Hände kommen lassen)
manche Zweifel offen; dieser Wortlaut aber wird nur richtig
aufgefasst, wenn man die Richtung des Protests gegen den
spanischen König und das beschränkte Geltungsgebiet (Be-
förderung der Brieffelleisen für den spanisch-habsburgischen
Hof auf der Route Brüssel-Augsburg-Mantua) im Auge behält,
da sich bloss hierauf der Protest beziehen kann. Allgemein
wurde damals die Taxis’sche Post als eine ausländische Ver-
waltung angesehen: »von Herrn Philippsen, König von Hispanien
allein unterhalten und besoldet
« heisst es in dem Taxis’schen Be-
stallungsbrief von 1563; »man ist«, erklärt 1596 der Württemb.
Herzog Friedrich, »Spanien keine Post schuldig, denn was aus
gutem Willen geschehen« (Stängel, S. 203). Nun ergriffen 1570
die Kurfürsten die Gelegenheit, um der unklaren Stellung ein
Ende zu machen, in welcher zu ihnen die spanische Postver-
waltung mit ihren Ansprüchen auf privilegierten Gerichtsstand,
Steuerfreiheit u. s. w. seit der Abdankung Karls V. stand; die
Route Brüssel-Augsburg-Mantua sollte unter des Kaisers Hoheit
gestellt werden. Daher bekämpften die Kurfürsten auch nicht
das spätere Projekt Henots, eine rein deutsche Reichspost zu
errichten. Aber sie wehrten sich sofort, als das Projekt in die
Hände der Taxis hinübergespielt wurde, offenbar weil sie die-
selben als ausländische Eindringlinge ansahen. Die Erklärung
von 1570 spricht also durchaus nicht zu Gunsten des Taxis’schen
Regals; andernfalls hätte sofort auch die Besoldungsfrage, (die
ja den einzigen Grund zu der damaligen Verwirrung des Post-
wesens abgab), besprochen werden müssen. Aber davon ist
auch nicht entfernt die Rede.

Ferner müssten die Kurfürsten nicht nur die Lehens-Ver-
leihung an die Taxis’sche Familie befürwortet, sondern zugleich
auch auf ihre eigene Landespost verzichtet haben. Dass sie
daran bei ihrem Ersuchen von 1570 am allerwenigsten dachten,
beweist ihr vor- und nachheriges Verhalten gegenüber der Reichs-
lehenspost mehr als genug: Gerade in jener Zeit werden von
den Territorialherrn (wie von den Reichsstädten) die durch-

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[205/0221] dings lässt der Wortlaut: (die Posten seien des Kaisers be- sondere Hoheit und Regale, er möge dieselben bei dem Reiche erhalten und nicht in fremde Hände kommen lassen) manche Zweifel offen; dieser Wortlaut aber wird nur richtig aufgefasst, wenn man die Richtung des Protests gegen den spanischen König und das beschränkte Geltungsgebiet (Be- förderung der Brieffelleisen für den spanisch-habsburgischen Hof auf der Route Brüssel-Augsburg-Mantua) im Auge behält, da sich bloss hierauf der Protest beziehen kann. Allgemein wurde damals die Taxis’sche Post als eine ausländische Ver- waltung angesehen: »von Herrn Philippsen, König von Hispanien allein unterhalten und besoldet« heisst es in dem Taxis’schen Be- stallungsbrief von 1563; »man ist«, erklärt 1596 der Württemb. Herzog Friedrich, »Spanien keine Post schuldig, denn was aus gutem Willen geschehen« (Stängel, S. 203). Nun ergriffen 1570 die Kurfürsten die Gelegenheit, um der unklaren Stellung ein Ende zu machen, in welcher zu ihnen die spanische Postver- waltung mit ihren Ansprüchen auf privilegierten Gerichtsstand, Steuerfreiheit u. s. w. seit der Abdankung Karls V. stand; die Route Brüssel-Augsburg-Mantua sollte unter des Kaisers Hoheit gestellt werden. Daher bekämpften die Kurfürsten auch nicht das spätere Projekt Henots, eine rein deutsche Reichspost zu errichten. Aber sie wehrten sich sofort, als das Projekt in die Hände der Taxis hinübergespielt wurde, offenbar weil sie die- selben als ausländische Eindringlinge ansahen. Die Erklärung von 1570 spricht also durchaus nicht zu Gunsten des Taxis’schen Regals; andernfalls hätte sofort auch die Besoldungsfrage, (die ja den einzigen Grund zu der damaligen Verwirrung des Post- wesens abgab), besprochen werden müssen. Aber davon ist auch nicht entfernt die Rede. Ferner müssten die Kurfürsten nicht nur die Lehens-Ver- leihung an die Taxis’sche Familie befürwortet, sondern zugleich auch auf ihre eigene Landespost verzichtet haben. Dass sie daran bei ihrem Ersuchen von 1570 am allerwenigsten dachten, beweist ihr vor- und nachheriges Verhalten gegenüber der Reichs- lehenspost mehr als genug: Gerade in jener Zeit werden von den Territorialherrn (wie von den Reichsstädten) die durch-

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/221>, abgerufen am 22.11.2024.