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Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893.

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-- anderer Art, als dem Gordon'schen -- dem Chalifen
Al Mahdi (775--786) bezw. dem Chalifen Moawija (661--
679) zu. Falls diese Angabe richtig ist, so dürfte man in
dem arabischen Relaisdienst mit Fug eine Erbschaft des
römischen Cursus publicus erblicken, da sich derselbe unter
der vandalischen Regierung forterhalten hatte 1).

Auch diese Organisation, welche in der Hand eines
Postmeisters in Bagdad vereinigt war, diente, wie die per-
sische und römische, lediglich der Staats- und Militärver-
waltung, sowie der Kontrolle der provinzialen Zivil- und
Militärbehörden (speculatores, curiosi). Die Kuriere gingen
nicht regelmässig, sondern nur bei speziellem Bedarf und
Anlass. Auch hier erfolgte später eine Weiterbildung durch
die generelle Aufstellung eines regelmässigen Kurses; wenig-
stens wird bezeugt, dass die türkischen Nachfolger der Chalifen
den Kurierdienst im 13. Jahrhundert so einrichteten, dass jede
Woche zweimal die Depeschen von Damaskus nach Kairo in
vier Tagen -- (und ebenso schnell zurück-)gebracht wurden 2).
(S. Sprenger, über "zwei arabische geographische Werke",
in den Sitzungsberichten der phil.-hist. Klasse der kais.
Akademie der Wissenschaften in Wien; 1850, V. 78--79.)


1) Auch die Einrichtung der "Hochäcker" treffen wir bei der Chalifen-
Post an. Ihre Strassen nämlich folgten wie die Römerstrassen nicht den
bewohnten Plätzen, sondern giengen direkt; die Stationen mussten daher alles,
was sie an Nahrung für Menschen und Tiere, zur Verpflegung und zum
Nachtquartier für die Reisenden brauchten, selbst erzeugen; ringsum wurde
daher der Boden bebaut, und wurden Dattelpalmen gepflanzt; ein gegrabener
Brunnen lieferte das unentbehrliche Wasser. So wurde das Stationsgebäude,
wo der Postmeister wohnte, der Mittelpunkt eines bedeutenden Wirtschafts-
komplexes -- oft eine Oase inmitten der Wüste, die Strasse ein Pionier
und Träger der Kultur. Schon Al Mahdi liess (nach dem Berichte Abul-
feda's) dieser Strasse entlang "öffentliche Herbergen erbauen, Meilensäulen
errichten, die Wasserteiche in Stand setzen und neue Brunnen graben".
2) Von der Einrichtung persischer "Post"-Stationen zwischen Samarkand
und Täbris berichtet 1403 der kastilianische Gesandte Gonzalez de Clavijo
(s. Petermann, "Geographische Mitteilungen", 1868 S. 225; heute noch
untersteht die persische Post, was für deren Charakter bemerkenswert ist, dem
Kriegsministerium).

— anderer Art, als dem Gordon’schen — dem Chalifen
Al Mahdi (775—786) bezw. dem Chalifen Moawija (661—
679) zu. Falls diese Angabe richtig ist, so dürfte man in
dem arabischen Relaisdienst mit Fug eine Erbschaft des
römischen Cursus publicus erblicken, da sich derselbe unter
der vandalischen Regierung forterhalten hatte 1).

Auch diese Organisation, welche in der Hand eines
Postmeisters in Bagdad vereinigt war, diente, wie die per-
sische und römische, lediglich der Staats- und Militärver-
waltung, sowie der Kontrolle der provinzialen Zivil- und
Militärbehörden (speculatores, curiosi). Die Kuriere gingen
nicht regelmässig, sondern nur bei speziellem Bedarf und
Anlass. Auch hier erfolgte später eine Weiterbildung durch
die generelle Aufstellung eines regelmässigen Kurses; wenig-
stens wird bezeugt, dass die türkischen Nachfolger der Chalifen
den Kurierdienst im 13. Jahrhundert so einrichteten, dass jede
Woche zweimal die Depeschen von Damaskus nach Kairo in
vier Tagen — (und ebenso schnell zurück-)gebracht wurden 2).
(S. Sprenger, über »zwei arabische geographische Werke«,
in den Sitzungsberichten der phil.-hist. Klasse der kais.
Akademie der Wissenschaften in Wien; 1850, V. 78—79.)


1) Auch die Einrichtung der »Hochäcker« treffen wir bei der Chalifen-
Post an. Ihre Strassen nämlich folgten wie die Römerstrassen nicht den
bewohnten Plätzen, sondern giengen direkt; die Stationen mussten daher alles,
was sie an Nahrung für Menschen und Tiere, zur Verpflegung und zum
Nachtquartier für die Reisenden brauchten, selbst erzeugen; ringsum wurde
daher der Boden bebaut, und wurden Dattelpalmen gepflanzt; ein gegrabener
Brunnen lieferte das unentbehrliche Wasser. So wurde das Stationsgebäude,
wo der Postmeister wohnte, der Mittelpunkt eines bedeutenden Wirtschafts-
komplexes — oft eine Oase inmitten der Wüste, die Strasse ein Pionier
und Träger der Kultur. Schon Al Mahdi liess (nach dem Berichte Abul-
feda’s) dieser Strasse entlang »öffentliche Herbergen erbauen, Meilensäulen
errichten, die Wasserteiche in Stand setzen und neue Brunnen graben«.
2) Von der Einrichtung persischer »Post«-Stationen zwischen Samarkand
und Täbris berichtet 1403 der kastilianische Gesandte Gonzalez de Clavijo
(s. Petermann, »Geographische Mitteilungen«, 1868 S. 225; heute noch
untersteht die persische Post, was für deren Charakter bemerkenswert ist, dem
Kriegsministerium).
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[50/0066] — anderer Art, als dem Gordon’schen — dem Chalifen Al Mahdi (775—786) bezw. dem Chalifen Moawija (661— 679) zu. Falls diese Angabe richtig ist, so dürfte man in dem arabischen Relaisdienst mit Fug eine Erbschaft des römischen Cursus publicus erblicken, da sich derselbe unter der vandalischen Regierung forterhalten hatte 1). Auch diese Organisation, welche in der Hand eines Postmeisters in Bagdad vereinigt war, diente, wie die per- sische und römische, lediglich der Staats- und Militärver- waltung, sowie der Kontrolle der provinzialen Zivil- und Militärbehörden (speculatores, curiosi). Die Kuriere gingen nicht regelmässig, sondern nur bei speziellem Bedarf und Anlass. Auch hier erfolgte später eine Weiterbildung durch die generelle Aufstellung eines regelmässigen Kurses; wenig- stens wird bezeugt, dass die türkischen Nachfolger der Chalifen den Kurierdienst im 13. Jahrhundert so einrichteten, dass jede Woche zweimal die Depeschen von Damaskus nach Kairo in vier Tagen — (und ebenso schnell zurück-)gebracht wurden 2). (S. Sprenger, über »zwei arabische geographische Werke«, in den Sitzungsberichten der phil.-hist. Klasse der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien; 1850, V. 78—79.) 1) Auch die Einrichtung der »Hochäcker« treffen wir bei der Chalifen- Post an. Ihre Strassen nämlich folgten wie die Römerstrassen nicht den bewohnten Plätzen, sondern giengen direkt; die Stationen mussten daher alles, was sie an Nahrung für Menschen und Tiere, zur Verpflegung und zum Nachtquartier für die Reisenden brauchten, selbst erzeugen; ringsum wurde daher der Boden bebaut, und wurden Dattelpalmen gepflanzt; ein gegrabener Brunnen lieferte das unentbehrliche Wasser. So wurde das Stationsgebäude, wo der Postmeister wohnte, der Mittelpunkt eines bedeutenden Wirtschafts- komplexes — oft eine Oase inmitten der Wüste, die Strasse ein Pionier und Träger der Kultur. Schon Al Mahdi liess (nach dem Berichte Abul- feda’s) dieser Strasse entlang »öffentliche Herbergen erbauen, Meilensäulen errichten, die Wasserteiche in Stand setzen und neue Brunnen graben«. 2) Von der Einrichtung persischer »Post«-Stationen zwischen Samarkand und Täbris berichtet 1403 der kastilianische Gesandte Gonzalez de Clavijo (s. Petermann, »Geographische Mitteilungen«, 1868 S. 225; heute noch untersteht die persische Post, was für deren Charakter bemerkenswert ist, dem Kriegsministerium).

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Zitationshilfe: Huber, Franz C.: Die Geschichtliche Entwickelung des modernen Verkehrs. Tübingen, 1893, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huber_verkehr_1893/66>, abgerufen am 24.11.2024.