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Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696.

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Hernach im Alter fehlts am besten
Wenn er sein Haus bestellen soll:
Die sich nicht in der Jugend schonen/
Die müssen in dem Alter passen.

XXXIX. Hingegen wenn die Reime dar-
zu kommen/ so soll mir dergleichen zum we-
nigsten nicht ein jeder ex tempore schmieren.

Ach mancher lebt ietzund in Freuden/
Und mißbraucht seinen Uberfluß!
Hernach im Alter kömmt das Leiden/
Daß er aus Mangel seuffzen muß:
Denn welche lieben/ wenn sie wollen/
Die müssen passen/ wenn sie sollen.

XL. Jch lasse mich auch den Einwurff
nicht irre machen/ als wenn man des Rei-
mes wegen viel gute Realien nicht anbrin-
gen könte. Denn solches wiederfähret nur
den Stümpern/ welche den Vortheil/ den
Reim/ die construction, und das genus zu
ändern nicht in der Gewalt haben.

XLI. Jch besinne mich/ daß ich in meiner
Jugend ein Lied mit diesem Verse schliessen
wolte:

Leib und Leben
Wil ich geben/
Nimm es ein:
Laß dein Leibgen
-- -- --
Meine seyn.

XLII. Als ich aber merckte/ daß sich auff
das Wort Leibgen nichts bequemes reimen
wolte/ so nahm ich andre Wörter/ und
brachte folgenden Vers heraus:

Laß
b 4
Hernach im Alter fehlts am beſten
Wenn er ſein Haus beſtellen ſoll:
Die ſich nicht in der Jugend ſchonen/
Die muͤſſen in dem Alter paſſen.

XXXIX. Hingegen wenn die Reime dar-
zu kommen/ ſo ſoll mir dergleichen zum we-
nigſten nicht ein jeder ex tempore ſchmieren.

Ach mancher lebt ietzund in Freuden/
Und mißbraucht ſeinen Uberfluß!
Hernach im Alter koͤmmt das Leiden/
Daß er aus Mangel ſeuffzen muß:
Denn welche lieben/ wenn ſie wollen/
Die muͤſſen paſſen/ wenn ſie ſollen.

XL. Jch laſſe mich auch den Einwurff
nicht irre machen/ als wenn man des Rei-
mes wegen viel gute Realien nicht anbrin-
gen koͤnte. Deñ ſolches wiederfaͤhret nur
den Stuͤmpern/ welche den Vortheil/ den
Reim/ die conſtruction, und das genus zu
aͤndern nicht in der Gewalt haben.

XLI. Jch beſinne mich/ daß ich in meineꝛ
Jugend ein Lied mit dieſem Verſe ſchlieſſen
wolte:

Leib und Leben
Wil ich geben/
Nimm es ein:
Laß dein Leibgen
‒‒ ‒‒ ‒‒
Meine ſeyn.

XLII. Als ich aber merckte/ daß ſich auff
das Wort Leibgen nichts bequemes reimen
wolte/ ſo nahm ich andre Woͤrter/ und
brachte folgenden Vers heraus:

Laß
b 4
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[23/0027] Hernach im Alter fehlts am beſten Wenn er ſein Haus beſtellen ſoll: Die ſich nicht in der Jugend ſchonen/ Die muͤſſen in dem Alter paſſen. XXXIX. Hingegen wenn die Reime dar- zu kommen/ ſo ſoll mir dergleichen zum we- nigſten nicht ein jeder ex tempore ſchmieren. Ach mancher lebt ietzund in Freuden/ Und mißbraucht ſeinen Uberfluß! Hernach im Alter koͤmmt das Leiden/ Daß er aus Mangel ſeuffzen muß: Denn welche lieben/ wenn ſie wollen/ Die muͤſſen paſſen/ wenn ſie ſollen. XL. Jch laſſe mich auch den Einwurff nicht irre machen/ als wenn man des Rei- mes wegen viel gute Realien nicht anbrin- gen koͤnte. Deñ ſolches wiederfaͤhret nur den Stuͤmpern/ welche den Vortheil/ den Reim/ die conſtruction, und das genus zu aͤndern nicht in der Gewalt haben. XLI. Jch beſinne mich/ daß ich in meineꝛ Jugend ein Lied mit dieſem Verſe ſchlieſſen wolte: Leib und Leben Wil ich geben/ Nimm es ein: Laß dein Leibgen ‒‒ ‒‒ ‒‒ Meine ſeyn. XLII. Als ich aber merckte/ daß ſich auff das Wort Leibgen nichts bequemes reimen wolte/ ſo nahm ich andre Woͤrter/ und brachte folgenden Vers heraus: Laß b 4

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Zitationshilfe: Hübner, Johann: Poetisches Handbuch. Leipzig, 1696, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/huebner_handbuch_1696/27>, abgerufen am 29.04.2024.