des intensiven Lebens bey Menschen, bringt schon einen so reissenden Strom von Consumtion hervor, dass sich ein schneller Puls, eine Art von allgemeinen Fieber (das so genannte tägliche Abend- fieber) einstellt. Jezt kommt der Schlaf zu Hülfe, versezt ihn in einen mehr pas- siven Zustand, und nach einer solchen 7 bis 8 stündigen Pause ist der verzeh- rende Strom der Lebensconsumtion so gut unterbrochen, das verlohrne so schön wieder ersezt, dass nun Pulsschlag und alle Bewegungen wieder langsam und regelmässig geschehen, und alles wieder den ruhigen Gang gehet. *) -- Daher vermag nichts so schnell uns auf- zureiben und zu zerstören, als lange dauernde Schlaflosigkeit. -- Selbst die Nestors des Pflanzenreichs, die Bäume, würden, ohne den jährlichen Winter-
*) Darum schlafen alte Leute weniger, weil bey ihnen das intensive Leben, die Lebensconsum- tion, schwach ist, und weniger Erholung braucht.
des intenſiven Lebens bey Menſchen, bringt ſchon einen ſo reiſsenden Strom von Conſumtion hervor, daſs ſich ein ſchneller Puls, eine Art von allgemeinen Fieber (das ſo genannte tägliche Abend- fieber) einſtellt. Jezt kommt der Schlaf zu Hülfe, verſezt ihn in einen mehr paſ- ſiven Zuſtand, und nach einer ſolchen 7 bis 8 ſtündigen Pauſe iſt der verzeh- rende Strom der Lebensconſumtion ſo gut unterbrochen, das verlohrne ſo ſchön wieder erſezt, daſs nun Pulsſchlag und alle Bewegungen wieder langſam und regelmäſsig geſchehen, und alles wieder den ruhigen Gang gehet. *) — Daher vermag nichts ſo ſchnell uns auf- zureiben und zu zerſtören, als lange dauernde Schlafloſigkeit. — Selbſt die Neſtors des Pflanzenreichs, die Bäume, würden, ohne den jährlichen Winter-
*) Darum ſchlafen alte Leute weniger, weil bey ihnen das intenſive Leben, die Lebensconſum- tion, ſchwach iſt, und weniger Erholung braucht.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0112"n="84"/>
des intenſiven Lebens bey Menſchen,<lb/>
bringt ſchon einen ſo reiſsenden Strom<lb/>
von Conſumtion hervor, daſs ſich ein<lb/>ſchneller Puls, eine Art von allgemeinen<lb/>
Fieber (das ſo genannte tägliche Abend-<lb/>
fieber) einſtellt. Jezt kommt der Schlaf<lb/>
zu Hülfe, verſezt ihn in einen mehr paſ-<lb/>ſiven Zuſtand, und nach einer ſolchen<lb/>
7 bis 8 ſtündigen Pauſe iſt der verzeh-<lb/>
rende Strom der Lebensconſumtion ſo<lb/>
gut unterbrochen, das verlohrne ſo<lb/>ſchön wieder erſezt, daſs nun Pulsſchlag<lb/>
und alle Bewegungen wieder langſam<lb/>
und regelmäſsig geſchehen, und alles<lb/>
wieder den ruhigen Gang gehet. <noteplace="foot"n="*)">Darum ſchlafen alte Leute weniger, weil bey<lb/>
ihnen das intenſive Leben, die Lebensconſum-<lb/>
tion, ſchwach iſt, und weniger Erholung<lb/>
braucht.</note>—<lb/>
Daher vermag nichts ſo ſchnell uns auf-<lb/>
zureiben und zu zerſtören, als lange<lb/>
dauernde Schlafloſigkeit. — Selbſt die<lb/>
Neſtors des Pflanzenreichs, die Bäume,<lb/>
würden, ohne den jährlichen Winter-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[84/0112]
des intenſiven Lebens bey Menſchen,
bringt ſchon einen ſo reiſsenden Strom
von Conſumtion hervor, daſs ſich ein
ſchneller Puls, eine Art von allgemeinen
Fieber (das ſo genannte tägliche Abend-
fieber) einſtellt. Jezt kommt der Schlaf
zu Hülfe, verſezt ihn in einen mehr paſ-
ſiven Zuſtand, und nach einer ſolchen
7 bis 8 ſtündigen Pauſe iſt der verzeh-
rende Strom der Lebensconſumtion ſo
gut unterbrochen, das verlohrne ſo
ſchön wieder erſezt, daſs nun Pulsſchlag
und alle Bewegungen wieder langſam
und regelmäſsig geſchehen, und alles
wieder den ruhigen Gang gehet. *) —
Daher vermag nichts ſo ſchnell uns auf-
zureiben und zu zerſtören, als lange
dauernde Schlafloſigkeit. — Selbſt die
Neſtors des Pflanzenreichs, die Bäume,
würden, ohne den jährlichen Winter-
*) Darum ſchlafen alte Leute weniger, weil bey
ihnen das intenſive Leben, die Lebensconſum-
tion, ſchwach iſt, und weniger Erholung
braucht.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/112>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.