Eben die grössre Weichheit und Zartheit der Organe, die den Menschen einer langen Dauer fähig macht, expo- nirt ihn auch mehrern Gefahren, leich- tern Unterbrechungen, Stockungen und Verletzungen.
Ferner die mehrern Berührungs- puncte, die er mit der ihn umgebenden Welt hat, machen ihn auch empfängli- cher für eine Menge nachtheiliger Ein- flüsse, die eine gröbere Organisation nicht fühlt; seine vielfachern Bedürf- nisse vervielfältigen die Gefahren durch Entziehung ihrer Befriedigung.
Selbst das geistige Leben hat seine ganz eignen Gifte und Gefahren. Was weiss das Thier von fehlgeschlagner Hof- nung, unbefriedigtem Ehrgeiz, ver- schmähter Liebe, von Kummer, Reue, Verzweiflung? Und wie lebensverzeh- rend und tödtend sind für den Menschen diese Seelengifte?
Eben die gröſsre Weichheit und Zartheit der Organe, die den Menſchen einer langen Dauer fähig macht, expo- nirt ihn auch mehrern Gefahren, leich- tern Unterbrechungen, Stockungen und Verletzungen.
Ferner die mehrern Berührungs- puncte, die er mit der ihn umgebenden Welt hat, machen ihn auch empfängli- cher für eine Menge nachtheiliger Ein- flüſſe, die eine gröbere Organiſation nicht fühlt; ſeine vielfachern Bedürf- niſſe vervielfältigen die Gefahren durch Entziehung ihrer Befriedigung.
Selbſt das geiſtige Leben hat ſeine ganz eignen Gifte und Gefahren. Was weiſs das Thier von fehlgeſchlagner Hof- nung, unbefriedigtem Ehrgeiz, ver- ſchmähter Liebe, von Kummer, Reue, Verzweiflung? Und wie lebensverzeh- rend und tödtend ſind für den Menſchen dieſe Seelengifte?
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Eben die gröſsre Weichheit und
Zartheit der Organe, die den Menſchen
einer langen Dauer fähig macht, expo-
nirt ihn auch mehrern Gefahren, leich-
tern Unterbrechungen, Stockungen und
Verletzungen.
Ferner die mehrern Berührungs-
puncte, die er mit der ihn umgebenden
Welt hat, machen ihn auch empfängli-
cher für eine Menge nachtheiliger Ein-
flüſſe, die eine gröbere Organiſation
nicht fühlt; ſeine vielfachern Bedürf-
niſſe vervielfältigen die Gefahren durch
Entziehung ihrer Befriedigung.
Selbſt das geiſtige Leben hat ſeine
ganz eignen Gifte und Gefahren. Was
weiſs das Thier von fehlgeſchlagner Hof-
nung, unbefriedigtem Ehrgeiz, ver-
ſchmähter Liebe, von Kummer, Reue,
Verzweiflung? Und wie lebensverzeh-
rend und tödtend ſind für den Menſchen
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/280>, abgerufen am 25.11.2024.
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