scheint? Mir scheint es vielmehr, dass dazu eine besondere Anlage der Organi- sation nöthig ist, und nur diesen Auserwählten mag es überlassen blei- ben, die Grundtiefen der Philoso- phie auszuspüren und zu entwickeln; wir andern wollen uns damit begnü- gen, philosophisch zu handeln und zu leben.
4. Auch halte ichs für Excess, wenn man immer producirend, und nicht auch mit unter concipirend arbeitet. Man kann alle Geistesarbeit in zwey Klassen theilen, die schaffende, die aus sich selbst herausspinnt und neue Ideen erzeugt, und die empfangende oder passive, die blos fremde Ideen auf- nimmt und geniesst, z. E. das Lesen oder Anhören andrer. Erstere ist ungleich an- strengender und erschöpfender, und man sollte sie daher immer mit der an- dern abwechseln lassen.
ſcheint? Mir ſcheint es vielmehr, daſs dazu eine beſondere Anlage der Organi- ſation nöthig iſt, und nur dieſen Auserwählten mag es überlaſſen blei- ben, die Grundtiefen der Philoſo- phie auszuſpüren und zu entwickeln; wir andern wollen uns damit begnü- gen, philoſophiſch zu handeln und zu leben.
4. Auch halte ichs für Exceſs, wenn man immer producirend, und nicht auch mit unter concipirend arbeitet. Man kann alle Geiſtesarbeit in zwey Klaſſen theilen, die ſchaffende, die aus ſich ſelbſt herausſpinnt und neue Ideen erzeugt, und die empfangende oder paſſive, die blos fremde Ideen auf- nimmt und genieſst, z. E. das Leſen oder Anhören andrer. Erſtere iſt ungleich an- ſtrengender und erſchöpfender, und man ſollte ſie daher immer mit der an- dern abwechſeln laſſen.
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ſcheint? Mir ſcheint es vielmehr, daſs
dazu eine beſondere Anlage der Organi-
ſation nöthig iſt, und nur dieſen
Auserwählten mag es überlaſſen blei-
ben, die Grundtiefen der Philoſo-
phie auszuſpüren und zu entwickeln;
wir andern wollen uns damit begnü-
gen, philoſophiſch zu handeln und zu
leben.
4. Auch halte ichs für Exceſs, wenn
man immer producirend, und nicht
auch mit unter concipirend arbeitet.
Man kann alle Geiſtesarbeit in zwey
Klaſſen theilen, die ſchaffende, die
aus ſich ſelbſt herausſpinnt und neue
Ideen erzeugt, und die empfangende
oder paſſive, die blos fremde Ideen auf-
nimmt und genieſst, z. E. das Leſen oder
Anhören andrer. Erſtere iſt ungleich an-
ſtrengender und erſchöpfender, und
man ſollte ſie daher immer mit der an-
dern abwechſeln laſſen.
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/386>, abgerufen am 24.11.2024.
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