Selbst die Luft kann vergiftet seyn, in der wir leben, und so können wir entweder schnell oder schleichend ge- tödet werden. Ich rechne dahin vor al- len das Gift, was wir selbst der Luft durchs Leben und Athemholen mitthei- len. Lebende Geschöpfe zehren in ei- ner gewissen Quantität Luft den reinen Stoff oder die Lebensluft auf, und thei- len ihr dafür unreine und nicht zum Athmen taugliche Stoffe mit. Ist eine grosse Menge Menschen in einen kleinen Raum eingeschlossen, so kann es bald tödlich werden *) Ist der Raum grösser, und die Menge kleiner, so ist es zwar nicht tödlich, aber dennoch schädlich. Man vermeide daher Oerter, wo solche unverhältnissmässige Menschenmassen zusammengepresst sind, vorzüglich wenn sie nicht genug Höhe oder Luftzugang
*) Wie das schreckliche Beyspiel in Calcutta zeigte, wo in der schwarzen Höle von 146 Engländern in kaum 12 Stunden, blos durch Vergiftung der Luft, 123 getödet wurden. S. Zimmermann von der Ersarung.
Selbſt die Luft kann vergiftet ſeyn, in der wir leben, und ſo können wir entweder ſchnell oder ſchleichend ge- tödet werden. Ich rechne dahin vor al- len das Gift, was wir ſelbſt der Luft durchs Leben und Athemholen mitthei- len. Lebende Geſchöpfe zehren in ei- ner gewiſſen Quantität Luft den reinen Stoff oder die Lebensluft auf, und thei- len ihr dafür unreine und nicht zum Athmen taugliche Stoffe mit. Iſt eine groſse Menge Menſchen in einen kleinen Raum eingeſchloſſen, ſo kann es bald tödlich werden *) Iſt der Raum gröſser, und die Menge kleiner, ſo iſt es zwar nicht tödlich, aber dennoch ſchädlich. Man vermeide daher Oerter, wo ſolche unverhältniſsmäſsige Menſchenmaſſen zuſammengepreſst ſind, vorzüglich wenn ſie nicht genug Höhe oder Luftzugang
*) Wie das ſchreckliche Beyſpiel in Calcutta zeigte, wo in der ſchwarzen Höle von 146 Engländern in kaum 12 Stunden, blos durch Vergiftung der Luft, 123 getödet wurden. S. Zimmermann von der Erſarung.
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Selbſt die Luft kann vergiftet ſeyn,
in der wir leben, und ſo können wir
entweder ſchnell oder ſchleichend ge-
tödet werden. Ich rechne dahin vor al-
len das Gift, was wir ſelbſt der Luft
durchs Leben und Athemholen mitthei-
len. Lebende Geſchöpfe zehren in ei-
ner gewiſſen Quantität Luft den reinen
Stoff oder die Lebensluft auf, und thei-
len ihr dafür unreine und nicht zum
Athmen taugliche Stoffe mit. Iſt eine
groſse Menge Menſchen in einen kleinen
Raum eingeſchloſſen, ſo kann es bald
tödlich werden *) Iſt der Raum gröſser,
und die Menge kleiner, ſo iſt es zwar
nicht tödlich, aber dennoch ſchädlich.
Man vermeide daher Oerter, wo ſolche
unverhältniſsmäſsige Menſchenmaſſen
zuſammengepreſst ſind, vorzüglich wenn
ſie nicht genug Höhe oder Luftzugang
*) Wie das ſchreckliche Beyſpiel in Calcutta zeigte,
wo in der ſchwarzen Höle von 146 Engländern in
kaum 12 Stunden, blos durch Vergiftung der
Luft, 123 getödet wurden. S. Zimmermann von
der Erſarung.
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Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/452>, abgerufen am 22.11.2024.
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