Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Menschen etwas Uebels zuzutrauen, und
in jeder unbedeutenden Begebenheit
reichen Stoff zu Sorgen und Aengstlich-
keit zu finden.

6. Und zulezt gehört hieher das zu
weit getriebene oder wenigstens falsch
verstandene System der Abhärtung
durch Kälte, häufige kalte und lange
fortgesezte Bäder in Eiswasser u. s. w.
Es kann nichts geschickter seyn, den
Karacter des Alters zu bewirken, als
eben diess.

Aber nicht genug, dass man jezt
schon in einer Zeit zum Alter gelangt,
wo unsre Vorfahren noch Jünglinge wa-
ren, man ist leider noch weiter gekom-
men. Man hat sogar die Kunst erfun-
den, die Kinder schon als Greisse auf
die Welt kommen zu lassen. Ich habe
einigemal solche Erscheinungen gese-
hen; runzelicht, mit den markirtesten
Gesichtszügen des Alters treten sie auf

Menſchen etwas Uebels zuzutrauen, und
in jeder unbedeutenden Begebenheit
reichen Stoff zu Sorgen und Aengſtlich-
keit zu finden.

6. Und zulezt gehört hieher das zu
weit getriebene oder wenigſtens falſch
verſtandene Syſtem der Abhärtung
durch Kälte, häufige kalte und lange
fortgeſezte Bäder in Eiswaſſer u. ſ. w.
Es kann nichts geſchickter ſeyn, den
Karacter des Alters zu bewirken, als
eben dieſs.

Aber nicht genug, daſs man jezt
ſchon in einer Zeit zum Alter gelangt,
wo unſre Vorfahren noch Jünglinge wa-
ren, man iſt leider noch weiter gekom-
men. Man hat ſogar die Kunſt erfun-
den, die Kinder ſchon als Greiſse auf
die Welt kommen zu laſſen. Ich habe
einigemal ſolche Erſcheinungen geſe-
hen; runzelicht, mit den markirteſten
Geſichtszügen des Alters treten ſie auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0488" n="460"/>
Men&#x017F;chen etwas Uebels zuzutrauen, und<lb/>
in jeder unbedeutenden Begebenheit<lb/>
reichen Stoff zu Sorgen und Aeng&#x017F;tlich-<lb/>
keit zu finden.</p><lb/>
            <p>6. Und zulezt gehört hieher das zu<lb/>
weit getriebene oder wenig&#x017F;tens fal&#x017F;ch<lb/>
ver&#x017F;tandene Sy&#x017F;tem der Abhärtung<lb/>
durch Kälte, häufige kalte und lange<lb/>
fortge&#x017F;ezte Bäder in Eiswa&#x017F;&#x017F;er u. &#x017F;. w.<lb/>
Es kann nichts ge&#x017F;chickter &#x017F;eyn, den<lb/>
Karacter des Alters zu bewirken, als<lb/>
eben die&#x017F;s.</p><lb/>
            <p>Aber nicht genug, da&#x017F;s man jezt<lb/>
&#x017F;chon in einer Zeit zum Alter gelangt,<lb/>
wo un&#x017F;re Vorfahren noch Jünglinge wa-<lb/>
ren, man i&#x017F;t leider noch weiter gekom-<lb/>
men. Man hat &#x017F;ogar die Kun&#x017F;t erfun-<lb/>
den, die Kinder &#x017F;chon als Grei&#x017F;se auf<lb/>
die Welt kommen zu la&#x017F;&#x017F;en. Ich habe<lb/>
einigemal &#x017F;olche Er&#x017F;cheinungen ge&#x017F;e-<lb/>
hen; runzelicht, mit den markirte&#x017F;ten<lb/>
Ge&#x017F;ichtszügen des Alters treten &#x017F;ie auf<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[460/0488] Menſchen etwas Uebels zuzutrauen, und in jeder unbedeutenden Begebenheit reichen Stoff zu Sorgen und Aengſtlich- keit zu finden. 6. Und zulezt gehört hieher das zu weit getriebene oder wenigſtens falſch verſtandene Syſtem der Abhärtung durch Kälte, häufige kalte und lange fortgeſezte Bäder in Eiswaſſer u. ſ. w. Es kann nichts geſchickter ſeyn, den Karacter des Alters zu bewirken, als eben dieſs. Aber nicht genug, daſs man jezt ſchon in einer Zeit zum Alter gelangt, wo unſre Vorfahren noch Jünglinge wa- ren, man iſt leider noch weiter gekom- men. Man hat ſogar die Kunſt erfun- den, die Kinder ſchon als Greiſse auf die Welt kommen zu laſſen. Ich habe einigemal ſolche Erſcheinungen geſe- hen; runzelicht, mit den markirteſten Geſichtszügen des Alters treten ſie auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/488
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/488>, abgerufen am 22.11.2024.