Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Festigkeit des Geistes nimmt, und das
ganze Wesen erschlafft, als diese Aus-
schweifungen der Wollust. -- Betrach-
ten wir nun die physischen Folgen des
ausserehelichen Genusses, so sind die
nicht weniger traurig, denn hier ist
man niemals für venerischer Ansteckung
sicher. Kein Stand, kein Alter, keine
scheinbare Gesundheit schüzt uns dafür.
Nur gar zu leichtsinnig geht man jezt
gewöhnlich über diesen Punct weg, seit-
dem die grössre Allgemeinheit des Uebels
und der Einfluss unwissender Aerzte
diese Vergiftung so gleichgültig gemacht
haben, als Husten und Schnupfen.

Aber wir wollen es einmal in seiner
wahren Gestalt betrachten, was es heisst,
venerisch vergiftet zu seyn, und ich
glaube, jeder vernünftige und wohlden-
kende Mensch wird es mir zugeben, dass
es unter die grössten Unglücksfälle ge-
hört, die einen Menschen betreffen kön-
nen. Denn erstens sind die Wirkungen
dieses Giftes in dem Körper immer sehr
schwächend und angreifend, oft auch

Feſtigkeit des Geiſtes nimmt, und das
ganze Weſen erſchlafft, als dieſe Aus-
ſchweifungen der Wolluſt. — Betrach-
ten wir nun die phyſiſchen Folgen des
auſſerehelichen Genuſſes, ſo ſind die
nicht weniger traurig, denn hier iſt
man niemals für veneriſcher Anſteckung
ſicher. Kein Stand, kein Alter, keine
ſcheinbare Geſundheit ſchüzt uns dafür.
Nur gar zu leichtſinnig geht man jezt
gewöhnlich über dieſen Punct weg, ſeit-
dem die gröſsre Allgemeinheit des Uebels
und der Einfluſs unwiſſender Aerzte
dieſe Vergiftung ſo gleichgültig gemacht
haben, als Huſten und Schnupfen.

Aber wir wollen es einmal in ſeiner
wahren Geſtalt betrachten, was es heiſst,
veneriſch vergiftet zu ſeyn, und ich
glaube, jeder vernünftige und wohlden-
kende Menſch wird es mir zugeben, daſs
es unter die gröſsten Unglücksfälle ge-
hört, die einen Menſchen betreffen kön-
nen. Denn erſtens ſind die Wirkungen
dieſes Giftes in dem Körper immer ſehr
ſchwächend und angreifend, oft auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0555" n="527"/>
Fe&#x017F;tigkeit des Gei&#x017F;tes nimmt, und das<lb/>
ganze We&#x017F;en er&#x017F;chlafft, als die&#x017F;e Aus-<lb/>
&#x017F;chweifungen der Wollu&#x017F;t. &#x2014; Betrach-<lb/>
ten wir nun die phy&#x017F;i&#x017F;chen Folgen des<lb/>
au&#x017F;&#x017F;erehelichen Genu&#x017F;&#x017F;es, &#x017F;o &#x017F;ind die<lb/>
nicht weniger traurig, denn hier i&#x017F;t<lb/>
man niemals für veneri&#x017F;cher An&#x017F;teckung<lb/>
&#x017F;icher. Kein Stand, kein Alter, keine<lb/>
&#x017F;cheinbare Ge&#x017F;undheit &#x017F;chüzt uns dafür.<lb/>
Nur gar zu leicht&#x017F;innig geht man jezt<lb/>
gewöhnlich über die&#x017F;en Punct weg, &#x017F;eit-<lb/>
dem die grö&#x017F;sre Allgemeinheit des Uebels<lb/>
und der Einflu&#x017F;s unwi&#x017F;&#x017F;ender Aerzte<lb/>
die&#x017F;e Vergiftung &#x017F;o gleichgültig gemacht<lb/>
haben, als Hu&#x017F;ten und Schnupfen.</p><lb/>
            <p>Aber wir wollen es einmal in &#x017F;einer<lb/>
wahren Ge&#x017F;talt betrachten, was es hei&#x017F;st,<lb/>
veneri&#x017F;ch vergiftet zu &#x017F;eyn, und ich<lb/>
glaube, jeder vernünftige und wohlden-<lb/>
kende Men&#x017F;ch wird es mir zugeben, da&#x017F;s<lb/>
es unter die grö&#x017F;sten Unglücksfälle ge-<lb/>
hört, die einen Men&#x017F;chen betreffen kön-<lb/>
nen. Denn er&#x017F;tens &#x017F;ind die Wirkungen<lb/>
die&#x017F;es Giftes in dem Körper immer &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chwächend und angreifend, oft auch<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[527/0555] Feſtigkeit des Geiſtes nimmt, und das ganze Weſen erſchlafft, als dieſe Aus- ſchweifungen der Wolluſt. — Betrach- ten wir nun die phyſiſchen Folgen des auſſerehelichen Genuſſes, ſo ſind die nicht weniger traurig, denn hier iſt man niemals für veneriſcher Anſteckung ſicher. Kein Stand, kein Alter, keine ſcheinbare Geſundheit ſchüzt uns dafür. Nur gar zu leichtſinnig geht man jezt gewöhnlich über dieſen Punct weg, ſeit- dem die gröſsre Allgemeinheit des Uebels und der Einfluſs unwiſſender Aerzte dieſe Vergiftung ſo gleichgültig gemacht haben, als Huſten und Schnupfen. Aber wir wollen es einmal in ſeiner wahren Geſtalt betrachten, was es heiſst, veneriſch vergiftet zu ſeyn, und ich glaube, jeder vernünftige und wohlden- kende Menſch wird es mir zugeben, daſs es unter die gröſsten Unglücksfälle ge- hört, die einen Menſchen betreffen kön- nen. Denn erſtens ſind die Wirkungen dieſes Giftes in dem Körper immer ſehr ſchwächend und angreifend, oft auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/555
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/555>, abgerufen am 28.06.2024.