Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Es war eine Zeit, wo man in Frank-
reich den Werth des Bluts so wenig zu
kennen schien, dass man König Ludwig
XIII. in den lezten 10 Monaten seines
Lebens 47mal zur Ader liess, und ihm
noch überdiess 215 Purganzen und 210
Lavements gab, und gerade da suchte
man durch einen ganz entgegengesezten
Prozess, durch Einfüllung eines frischen
jungen Bluts in die Adern, das Leben
der Menschen zu verjüngen, zu verlän-
gern, und incurable Krankheiten zu hei-
len. Man nannte diess Transfusion, und
die Methode war diese, dass man zwey
Blutadern öfnete, und vermittelst eines
Röhrgens das Blut aus der Pulsader ei-
nes andern lebenden Geschöpfs in die
eine leitete, während man durch die an-
dre Aderöffnung das alte Blut auslaufen
liess. Man hatte in England einige
glückliche Versuche an Thieren gemacht,
und wirklich einigen alten lahmen und
tauben Geschöpfen, Schafen, Kälbern
und Pferden, durch die Anfüllung mit
dem Blute eines jungen Thiers, Gehör,

Es war eine Zeit, wo man in Frank-
reich den Werth des Bluts ſo wenig zu
kennen ſchien, daſs man König Ludwig
XIII. in den lezten 10 Monaten ſeines
Lebens 47mal zur Ader lieſs, und ihm
noch überdieſs 215 Purganzen und 210
Lavements gab, und gerade da ſuchte
man durch einen ganz entgegengeſezten
Prozeſs, durch Einfüllung eines friſchen
jungen Bluts in die Adern, das Leben
der Menſchen zu verjüngen, zu verlän-
gern, und incurable Krankheiten zu hei-
len. Man nannte dieſs Transfuſion, und
die Methode war dieſe, daſs man zwey
Blutadern öfnete, und vermittelſt eines
Röhrgens das Blut aus der Pulsader ei-
nes andern lebenden Geſchöpfs in die
eine leitete, während man durch die an-
dre Aderöffnung das alte Blut auslaufen
lieſs. Man hatte in England einige
glückliche Verſuche an Thieren gemacht,
und wirklich einigen alten lahmen und
tauben Geſchöpfen, Schafen, Kälbern
und Pferden, durch die Anfüllung mit
dem Blute eines jungen Thiers, Gehör,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0057" n="29"/>
          <p>Es war eine Zeit, wo man in Frank-<lb/>
reich den Werth des Bluts &#x017F;o wenig zu<lb/>
kennen &#x017F;chien, da&#x017F;s man König Ludwig<lb/>
XIII. in den lezten 10 Monaten &#x017F;eines<lb/>
Lebens 47mal zur Ader lie&#x017F;s, und ihm<lb/>
noch überdie&#x017F;s 215 Purganzen und 210<lb/>
Lavements gab, und gerade da &#x017F;uchte<lb/>
man durch einen ganz entgegenge&#x017F;ezten<lb/>
Proze&#x017F;s, durch Einfüllung eines fri&#x017F;chen<lb/>
jungen Bluts in die Adern, das Leben<lb/>
der Men&#x017F;chen zu verjüngen, zu verlän-<lb/>
gern, und incurable Krankheiten zu hei-<lb/>
len. Man nannte die&#x017F;s <hi rendition="#i">Transfu&#x017F;ion</hi>, und<lb/>
die Methode war die&#x017F;e, da&#x017F;s man zwey<lb/>
Blutadern öfnete, und vermittel&#x017F;t eines<lb/>
Röhrgens das Blut aus der Pulsader ei-<lb/>
nes andern lebenden Ge&#x017F;chöpfs in die<lb/>
eine leitete, während man durch die an-<lb/>
dre Aderöffnung das alte Blut auslaufen<lb/>
lie&#x017F;s. Man hatte in England einige<lb/>
glückliche Ver&#x017F;uche an Thieren gemacht,<lb/>
und wirklich einigen alten lahmen und<lb/>
tauben Ge&#x017F;chöpfen, Schafen, Kälbern<lb/>
und Pferden, durch die Anfüllung mit<lb/>
dem Blute eines jungen Thiers, Gehör,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0057] Es war eine Zeit, wo man in Frank- reich den Werth des Bluts ſo wenig zu kennen ſchien, daſs man König Ludwig XIII. in den lezten 10 Monaten ſeines Lebens 47mal zur Ader lieſs, und ihm noch überdieſs 215 Purganzen und 210 Lavements gab, und gerade da ſuchte man durch einen ganz entgegengeſezten Prozeſs, durch Einfüllung eines friſchen jungen Bluts in die Adern, das Leben der Menſchen zu verjüngen, zu verlän- gern, und incurable Krankheiten zu hei- len. Man nannte dieſs Transfuſion, und die Methode war dieſe, daſs man zwey Blutadern öfnete, und vermittelſt eines Röhrgens das Blut aus der Pulsader ei- nes andern lebenden Geſchöpfs in die eine leitete, während man durch die an- dre Aderöffnung das alte Blut auslaufen lieſs. Man hatte in England einige glückliche Verſuche an Thieren gemacht, und wirklich einigen alten lahmen und tauben Geſchöpfen, Schafen, Kälbern und Pferden, durch die Anfüllung mit dem Blute eines jungen Thiers, Gehör,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/57
Zitationshilfe: Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/57>, abgerufen am 23.11.2024.