Beweglichkeit und Munterkeit, wenig- stens auf einige Zeit wieder verschafft; ja man unternahm es, furchtsame Ge- schöpfe durch das Blut eines wilden grausamen Geschöpfs kühn zu machen. Hierdurch aufgemuntert, trug man kein Bedenken, auch Menschen auf diese Weise zu restauriren. Dr. Denis und Riva zu Paris waren wirklich so glück- lich, einen jungen Menschen, der an ei- ner unheilbaren Schlafsucht litt (in der man ihm gleichfalls 20mal zu Ader ge- lassen hatte) durch die Anfüllung mit Lamsblut, und einen Wahnsinnigen durch die Vertauschung seines Bluts mit Kalbsblut völlig herzustellen. Aber da man nur die unheilbarsten und elende- sten Menschen dazu nahm, so trug sichs bald zu, dass einige unter der Operation starben, und seitdem hat es niemand wieder gewagt. Doch ist sie an Thieren auch hier in Jena sehr glücklich ausge- führt worden; und in der That sollte sie nicht ganz verworfen werden, denn, ob schon das eingelassene fremde Blut in
Beweglichkeit und Munterkeit, wenig- ſtens auf einige Zeit wieder verſchafft; ja man unternahm es, furchtſame Ge- ſchöpfe durch das Blut eines wilden grauſamen Geſchöpfs kühn zu machen. Hierdurch aufgemuntert, trug man kein Bedenken, auch Menſchen auf dieſe Weiſe zu reſtauriren. Dr. Denis und Riva zu Paris waren wirklich ſo glück- lich, einen jungen Menſchen, der an ei- ner unheilbaren Schlafſucht litt (in der man ihm gleichfalls 20mal zu Ader ge- laſſen hatte) durch die Anfüllung mit Lamsblut, und einen Wahnſinnigen durch die Vertauſchung ſeines Bluts mit Kalbsblut völlig herzuſtellen. Aber da man nur die unheilbarſten und elende- ſten Menſchen dazu nahm, ſo trug ſichs bald zu, daſs einige unter der Operation ſtarben, und ſeitdem hat es niemand wieder gewagt. Doch iſt ſie an Thieren auch hier in Jena ſehr glücklich ausge- führt worden; und in der That ſollte ſie nicht ganz verworfen werden, denn, ob ſchon das eingelaſſene fremde Blut in
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0058"n="30"/>
Beweglichkeit und Munterkeit, wenig-<lb/>ſtens auf einige Zeit wieder verſchafft;<lb/>
ja man unternahm es, furchtſame Ge-<lb/>ſchöpfe durch das Blut eines wilden<lb/>
grauſamen Geſchöpfs kühn zu machen.<lb/>
Hierdurch aufgemuntert, trug man kein<lb/>
Bedenken, auch Menſchen auf dieſe<lb/>
Weiſe zu reſtauriren. Dr. <hirendition="#i">Denis</hi> und<lb/><hirendition="#i">Riva</hi> zu Paris waren wirklich ſo glück-<lb/>
lich, einen jungen Menſchen, der an ei-<lb/>
ner unheilbaren Schlafſucht litt (in der<lb/>
man ihm gleichfalls 20mal zu Ader ge-<lb/>
laſſen hatte) durch die Anfüllung mit<lb/>
Lamsblut, und einen Wahnſinnigen<lb/>
durch die Vertauſchung ſeines Bluts mit<lb/>
Kalbsblut völlig herzuſtellen. Aber da<lb/>
man nur die unheilbarſten und elende-<lb/>ſten Menſchen dazu nahm, ſo trug ſichs<lb/>
bald zu, daſs einige unter der Operation<lb/>ſtarben, und ſeitdem hat es niemand<lb/>
wieder gewagt. Doch iſt ſie an Thieren<lb/>
auch hier in Jena ſehr glücklich ausge-<lb/>
führt worden; und in der That ſollte ſie<lb/>
nicht ganz verworfen werden, denn, ob<lb/>ſchon das eingelaſſene fremde Blut in<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[30/0058]
Beweglichkeit und Munterkeit, wenig-
ſtens auf einige Zeit wieder verſchafft;
ja man unternahm es, furchtſame Ge-
ſchöpfe durch das Blut eines wilden
grauſamen Geſchöpfs kühn zu machen.
Hierdurch aufgemuntert, trug man kein
Bedenken, auch Menſchen auf dieſe
Weiſe zu reſtauriren. Dr. Denis und
Riva zu Paris waren wirklich ſo glück-
lich, einen jungen Menſchen, der an ei-
ner unheilbaren Schlafſucht litt (in der
man ihm gleichfalls 20mal zu Ader ge-
laſſen hatte) durch die Anfüllung mit
Lamsblut, und einen Wahnſinnigen
durch die Vertauſchung ſeines Bluts mit
Kalbsblut völlig herzuſtellen. Aber da
man nur die unheilbarſten und elende-
ſten Menſchen dazu nahm, ſo trug ſichs
bald zu, daſs einige unter der Operation
ſtarben, und ſeitdem hat es niemand
wieder gewagt. Doch iſt ſie an Thieren
auch hier in Jena ſehr glücklich ausge-
führt worden; und in der That ſollte ſie
nicht ganz verworfen werden, denn, ob
ſchon das eingelaſſene fremde Blut in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hufeland, Christoph Wilhelm: Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern. Jena, 1797, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_leben_1797/58>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.