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Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]

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Bei der Vergleichung unseres Erdkörpers mit den übrigen Planeten unsers
Sonnensystems finden wir, daß dieselben sich nicht in allen Verhältnissen
ähnlich sind. Die Körper auf unserer Erde sind geeignet, einen dreifachen
Zustand a@nzunehmen, indem sie entweder starr, tropfbar flüssig oder ela-
stisch flüssig erscheinen. Derselbe Fall kann nun zum Beispiel auf dem Monde nicht
statt finden, dem wir nach der Art seiner Bedeckung entweder gar kei-
ne, oder eine von der unsrigen sehr verschiedene Athmosphäre zusprechen
müssen. Wenn der Luftdruck auf der Erde am Ufer des Meeres einen
Barometerstand von 28" hervorbringt, so würde derselbe auf dem
Monde nur etwa 1/3 Linie betragen. Ebenso müssen wir annehmen,
daß auf dem Monde sich keine Flüssigkeit befindet, wenigstens keine
Meere. Denn da wir durch unsere Fernröhre im Stande sind, auf
dem Monde etwa eine Größe wie Berlin genau zu beobachten, so fin-
den wir, daß auf demselben nirgend zwei Höhen sich gleich sind. Die
Ebenen auf dem Monde können daher keine Flüssigkeit enthalten,
die nach hydrostatischen Gesetzen ein Bestreben haben sich en niveau
zu setzen. Der Mond ist also höchst wahrscheinlich starr, wie die Aero-
lithen ohne Luft und ohne Wasser. - Anders verhält es sich mit den
übrigen Planeten, unter denen Jupiter und durch eine sichtbare parallele
Zone ihre dichtere Athmosphäre verrathen. - Die Cometen scheinen
dagegen ganz luftförmige Gebilde, da selbst durch ihren Kern kleine
Sterne erblickt werden können.

Was wir von der innern Beschaffenheit des planetarischen Körpers,
den wir bewohnen, wissen, beruht auf sehr unsicher hypothetischen Ver-
muthungen. Denn wie gewagt sind die Schlüsse, die wir von den wenigen

Bei der Vergleichung unseres Erdkörpers mit den übrigen Planeten unsers
Sonnensystems finden wir, daß dieselben sich nicht in allen Verhältnissen
ähnlich sind. Die Körper auf unserer Erde sind geeignet, einen dreifachen
Zustand anzunehmen, indem sie entweder starr, tropfbar flüssig oder ela-
stisch flüssig erscheinen. Derselbe Fall kann nun zum Beispiel auf dem Monde nicht
statt finden, dem wir nach der Art seiner Bedeckung entweder gar kei-
ne, oder eine von der unsrigen sehr verschiedene Athmosphäre zusprechen
müssen. Wenn der Luftdruck auf der Erde am Ufer des Meeres einen
Barometerstand von 28" hervorbringt, so würde derselbe auf dem
Monde nur etwa ⅓ Linie betragen. Ebenso müssen wir annehmen,
daß auf dem Monde sich keine Flüssigkeit befindet, wenigstens keine
Meere. Denn da wir durch unsere Fernröhre im Stande sind, auf
dem Monde etwa eine Größe wie Berlin genau zu beobachten, so fin-
den wir, daß auf demselben nirgend zwei Höhen sich gleich sind. Die
Ebenen auf dem Monde können daher keine Flüssigkeit enthalten,
die nach hydrostatischen Gesetzen ein Bestreben haben sich en niveau
zu setzen. Der Mond ist also höchst wahrscheinlich starr, wie die Aero-
lithen ohne Luft und ohne Wasser. – Anders verhält es sich mit den
übrigen Planeten, unter denen ♃ und ♄ durch eine sichtbare parallele
Zone ihre dichtere Athmosphäre verrathen. – Die Cometen scheinen
dagegen ganz luftförmige Gebilde, da selbst durch ihren Kern kleine
Sterne erblickt werden können.

Was wir von der innern Beschaffenheit des planetarischen Körpers,
den wir bewohnen, wissen, beruht auf sehr unsicher hypothetischen Ver-
muthungen. Denn wie gewagt sind die Schlüsse, die wir von den wenigen

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[21/0025] Bei der Vergleichung unseres Erdkörpers mit den übrigen Planeten unsers Sonnensystems finden wir, daß dieselben sich nicht in allen Verhältnissen ähnlich sind. Die Körper auf unserer Erde sind geeignet, einen dreifachen Zustand anzunehmen, indem sie entweder starr, tropfbar flüssig oder ela- stisch flüssig erscheinen. Derselbe Fall kann nun zb auf dem Monde nicht statt finden, dem wir nach der Art seiner Bedeckung entweder gar kei- ne, oder eine von der unsrigen sehr verschiedene Athmosphäre zusprechen müssen. Wenn der Luftdruck auf der Erde am Ufer des Meeres einen Barometerstand von 28" hervorbringt, so würde derselbe auf dem Monde nur etwa ⅓ Linie betragen. Ebenso müssen wir annehmen, daß auf dem Monde sich keine Flüssigkeit befindet, wenigstens keine Meere. Denn da wir durch unsere Fernröhre im Stande sind, auf dem Monde etwa eine Größe wie Berlin genau zu beobachten, so fin- den wir, daß auf demselben nirgend zwei Höhen sich gleich sind. Die Ebenen auf dem Monde können daher keine Flüssigkeit enthalten, die nach hydrostatischen Gesetzen ein Bestreben haben sich en niveau zu setzen. Der Mond ist also höchst wahrscheinlich starr, wie die Aero- lithen ohne Luft u ohne Wasser. – Anders verhält es sich mit den übrigen Planeten, unter denen ♃ u ♄ durch eine sichtbare parallele Zone ihre dichtere Athmosphäre verrathen. – Die Cometen scheinen dagegen ganz luftförmige Gebilde, da selbst durch ihren Kern kleine Sterne erblickt werden können. Was wir von der innern Beschaffenheit des planetarischen Körpers, den wir bewohnen, wissen, beruht auf sehr unsicher hypothetischen Ver- muthungen. Denn wie gewagt sind die Schlüsse, die wir von den wenigen

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Zitationshilfe: Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.], S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hufeland_privatbesitz_1829/25>, abgerufen am 23.11.2024.