Hufeland, Otto: Vorlesungen über physicalische Geographie von A. v. Humboldt. [G]eschrieben im Sommer 1829 durch Otto Hufeland. [Berlin], [ca. 1829]. [= Abschrift einer Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Sing-Akademie zu Berlin, 6.12.1827–27.3.1828.]ihr Gedeihen in den Ebenen, sondern weil die Respiration ihrer äussern Die Vegetation der südlichen Erdhälfte, die eine pelagische, eine Zur Characteristik der Pflanzen gehört es überhaupt, daß nicht alle über Unter den niedern Pflanzenformen gibt es zwar mehrere, welche ihr Gedeihen in den Ebenen, sondern weil die Respiration ihrer äussern Die Vegetation der südlichen Erdhälfte, die eine pelagische, eine Zur Characteristik der Pflanzen gehört es überhaupt, daß nicht alle über Unter den niedern Pflanzenformen gibt es zwar mehrere, welche <TEI> <text> <body> <div type="session" n="8"> <p><pb facs="#f0070" n="66"/> ihr Gedeihen in den Ebenen, sondern weil die Respiration ihrer äussern<lb/> Integumente durch den vermehrten Barometerdruck zerstört wird,<lb/> und sie den Lichtreiz entbehren, der auf den höhern Gebirgen so viel<lb/> lebhafter wirkt. –</p><lb/> <p>Die Vegetation der südlichen Erdhälfte, die eine pelagische, eine<lb/> Wasserhemisphäre genañt werden kann, ist auffallend verschieden<lb/> von der der nördlichen. Die Schmalheit der gegen Süden sich pyrami-<lb/> dalisch verengenden Continente begründet ein wahres Inselclima,<lb/> kühle Som̃er <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> milde Winter. So wachsen Palmen <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Farrenkräuter<lb/> dem Pole näher, wie <choice><orig>zB</orig><reg resp="#CT">z. B.</reg></choice> auf <hi rendition="#aq">van Diemens</hi> Land, das einen etwa<lb/> mit <hi rendition="#aq">Genf</hi> correspondirenden Breitegrad hat. –</p><lb/> <p>Zur Characteristik der Pflanzen gehört es überhaupt, daß nicht alle über<lb/> den Erdball gleichmässig vertheilt sind, sondern daß jeder Form ein bestim̃-<lb/> ter Wohnplatz angewiesen ist. Gewisse Familien köñte man nordische,<lb/> andere wieder tropische neñen, wobei jedoch nicht zu verkeñen ist, daß<lb/> die Grenzen irgend scharf gezogen sind, sondern sehr in einander über-<lb/> gehen. Die Andromeden, Ericeen, Amentaceen werden häufiger gegen<lb/> Norden, wogegen andere Pflanzenformen abnehmen, <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> wie die Malva-<lb/> ceen, Leguminosen mit den zahlreichen Cassien <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Mimosen, die Rubiaceen<lb/> zu denen die wichtige <hi rendition="#aq">cinchona officinalis</hi> gehört, sich gegen den Aequa-<lb/> tor hin verbreiten. Auch in Hinsicht auf die Längengrade herrscht eine<lb/> große Verschiedenheit. Die Vegetation von Nordamerika hat viel<note resp="#BF" type="editorial">In <bibl>[N. N.]: Physikalische Geographie. Vorgetragen von Alexander von Humboldt. [Berlin], [1827/28] (Ms. Germ. qu. 2124), Bl. 35r.</bibl>: wenig. Online verfügbar: <ref target="http://www.deutschestextarchiv.de/nn_msgermqu2124_1827/73">Deutsches Textarchiv</ref>.</note><lb/> Aehnlichkeit mit der europäischen <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> <add place="superlinear">nur</add> einzelne Pflanzentypen, die sich<lb/> bei uns in großer Menge finden, scheinen der westlichen Hemisphä-<lb/> re durchaus zu fehlen. So habe ich unter 5–6000 untersuchten Pflan-<lb/> zen kaum 1 bis 2 Formen unserer allverbreiteten Umbelliferen<lb/><choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> Cruciferen gefunden.</p><lb/> <p>Unter den niedern Pflanzenformen gibt es zwar mehrere, welche<lb/> dem alten <choice><abbr>u</abbr><expan resp="#BF">und</expan></choice> neuen Continent gemeinschaftlich zukom̃en, wie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0070]
ihr Gedeihen in den Ebenen, sondern weil die Respiration ihrer äussern
Integumente durch den vermehrten Barometerdruck zerstört wird,
und sie den Lichtreiz entbehren, der auf den höhern Gebirgen so viel
lebhafter wirkt. –
Die Vegetation der südlichen Erdhälfte, die eine pelagische, eine
Wasserhemisphäre genañt werden kann, ist auffallend verschieden
von der der nördlichen. Die Schmalheit der gegen Süden sich pyrami-
dalisch verengenden Continente begründet ein wahres Inselclima,
kühle Som̃er u milde Winter. So wachsen Palmen u Farrenkräuter
dem Pole näher, wie zB auf van Diemens Land, das einen etwa
mit Genf correspondirenden Breitegrad hat. –
Zur Characteristik der Pflanzen gehört es überhaupt, daß nicht alle über
den Erdball gleichmässig vertheilt sind, sondern daß jeder Form ein bestim̃-
ter Wohnplatz angewiesen ist. Gewisse Familien köñte man nordische,
andere wieder tropische neñen, wobei jedoch nicht zu verkeñen ist, daß
die Grenzen irgend scharf gezogen sind, sondern sehr in einander über-
gehen. Die Andromeden, Ericeen, Amentaceen werden häufiger gegen
Norden, wogegen andere Pflanzenformen abnehmen, u wie die Malva-
ceen, Leguminosen mit den zahlreichen Cassien u Mimosen, die Rubiaceen
zu denen die wichtige cinchona officinalis gehört, sich gegen den Aequa-
tor hin verbreiten. Auch in Hinsicht auf die Längengrade herrscht eine
große Verschiedenheit. Die Vegetation von Nordamerika hat viel
Aehnlichkeit mit der europäischen u nur einzelne Pflanzentypen, die sich
bei uns in großer Menge finden, scheinen der westlichen Hemisphä-
re durchaus zu fehlen. So habe ich unter 5–6000 untersuchten Pflan-
zen kaum 1 bis 2 Formen unserer allverbreiteten Umbelliferen
u Cruciferen gefunden.
Unter den niedern Pflanzenformen gibt es zwar mehrere, welche
dem alten u neuen Continent gemeinschaftlich zukom̃en, wie
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