mir in das ewige Feuer!" Wohl hören mich diese Un- glücklichen nicht, aber desto unglücklicher für sie ist die schreckliche, Nacht der Ewigkeit.
Also das Gute darf nie bestraft werden. Dann nehmet euch wohl in Acht, bloßer Gebrechen wegen die Ruthe zu gebrauchen. Ein Kind kann nicht recht laufen: es wird geschlagen, weil es in seinem Elende zu spät kommt. Ein anderes kann in seiner Schwäche nicht nach den Launen der Eltern arbeiten, und wird deswegen ge- züchtigt. Ein drittes ist schwachen Geistes und begreift deshalb alles sehr langsam und manches gar nicht: darf es deswegen in oder außer der Schule geprügelt werden oder verdienen all diese Gebrechen Erbarmen und Mitleid?
Endlich haben die Kinder allerlei Unvollkommenheiten, welche mehr oder weniger freiwillig sind. Fast alle sind zerstreut und flatterhaft, vergeßlich und schwatzhaft, zu Lärm und Spiel geneigt. Dies sollt ihr ihnen allerdings abgewöhnen, aber deswegen keine Ruthe an ihnen zer- schlagen. Ist ein Kind flatterhaft, so lasset es erst nach Vollendung der Arbeit spielen, ist es unbeholfen, so machet ihm die Sache vor, bis es darin irgendwie gewandt ist. Eine Beschämung, ein kleines Fasten, ein bischen Haus- arrest kann auch vom Guten sein. Nicht wahr, es ist doch nicht so selbstverständlich, was der Ruthe und der Züchtigung ruft? Wenn auch das auf den Bisherigen klar, müssen wir gleichwohl noch einen hochwichtigen Punkt betrachten.
Von der Sünde nämlich sollet ihr das Schädliche und Schimpfliche wohl unterscheiden. Es giebt nämlich Dinge, welche Schaden und Schande bringen, und doch nicht Sünde sind, z. B. ein Verstoß gegen den Anstand, eine unvorsichtige Rede, das Zerbrechen eines Geschirres, das Alles wird oft sehr schwer bestraft, während offenbare Todsünden kaum getadelt werden. Was ist die Folge hier-
mir in das ewige Feuer!“ Wohl hören mich diese Un- glücklichen nicht, aber desto unglücklicher für sie ist die schreckliche, Nacht der Ewigkeit.
Also das Gute darf nie bestraft werden. Dann nehmet euch wohl in Acht, bloßer Gebrechen wegen die Ruthe zu gebrauchen. Ein Kind kann nicht recht laufen: es wird geschlagen, weil es in seinem Elende zu spät kommt. Ein anderes kann in seiner Schwäche nicht nach den Launen der Eltern arbeiten, und wird deswegen ge- züchtigt. Ein drittes ist schwachen Geistes und begreift deshalb alles sehr langsam und manches gar nicht: darf es deswegen in oder außer der Schule geprügelt werden oder verdienen all diese Gebrechen Erbarmen und Mitleid?
Endlich haben die Kinder allerlei Unvollkommenheiten, welche mehr oder weniger freiwillig sind. Fast alle sind zerstreut und flatterhaft, vergeßlich und schwatzhaft, zu Lärm und Spiel geneigt. Dies sollt ihr ihnen allerdings abgewöhnen, aber deswegen keine Ruthe an ihnen zer- schlagen. Ist ein Kind flatterhaft, so lasset es erst nach Vollendung der Arbeit spielen, ist es unbeholfen, so machet ihm die Sache vor, bis es darin irgendwie gewandt ist. Eine Beschämung, ein kleines Fasten, ein bischen Haus- arrest kann auch vom Guten sein. Nicht wahr, es ist doch nicht so selbstverständlich, was der Ruthe und der Züchtigung ruft? Wenn auch das auf den Bisherigen klar, müssen wir gleichwohl noch einen hochwichtigen Punkt betrachten.
Von der Sünde nämlich sollet ihr das Schädliche und Schimpfliche wohl unterscheiden. Es giebt nämlich Dinge, welche Schaden und Schande bringen, und doch nicht Sünde sind, z. B. ein Verstoß gegen den Anstand, eine unvorsichtige Rede, das Zerbrechen eines Geschirres, das Alles wird oft sehr schwer bestraft, während offenbare Todsünden kaum getadelt werden. Was ist die Folge hier-
<TEI><text><body><divn="22"><p><q><pbfacs="#f0226"xml:id="H891_001_1896_pb0214_0001"n="214"/>
mir in das ewige Feuer!“</q> Wohl hören mich diese Un-<lb/>
glücklichen nicht, aber desto unglücklicher für sie ist die<lb/>
schreckliche, Nacht der Ewigkeit.</p><p>Also das Gute darf nie bestraft werden. Dann<lb/>
nehmet euch wohl in Acht, bloßer Gebrechen wegen die<lb/>
Ruthe zu gebrauchen. Ein Kind kann nicht recht laufen:<lb/>
es wird geschlagen, weil es in seinem Elende zu spät<lb/>
kommt. Ein anderes kann in seiner Schwäche nicht nach<lb/>
den Launen der Eltern arbeiten, und wird deswegen ge-<lb/>
züchtigt. Ein drittes ist schwachen Geistes und begreift<lb/>
deshalb alles sehr langsam und manches gar nicht: darf<lb/>
es deswegen in oder außer der Schule geprügelt werden<lb/>
oder verdienen all diese Gebrechen Erbarmen und Mitleid?</p><p>Endlich haben die Kinder allerlei Unvollkommenheiten,<lb/>
welche mehr oder weniger freiwillig sind. Fast alle sind<lb/>
zerstreut und flatterhaft, vergeßlich und schwatzhaft, zu<lb/>
Lärm und Spiel geneigt. Dies sollt ihr ihnen allerdings<lb/>
abgewöhnen, aber deswegen keine Ruthe an ihnen zer-<lb/>
schlagen. Ist ein Kind flatterhaft, so lasset es erst nach<lb/>
Vollendung der Arbeit spielen, ist es unbeholfen, so machet<lb/>
ihm die Sache vor, bis es darin irgendwie gewandt ist.<lb/>
Eine Beschämung, ein kleines Fasten, ein bischen Haus-<lb/>
arrest kann auch vom Guten sein. Nicht wahr, es ist<lb/>
doch nicht so selbstverständlich, was der Ruthe und der<lb/>
Züchtigung ruft? Wenn auch das auf den Bisherigen<lb/>
klar, müssen wir gleichwohl noch einen hochwichtigen Punkt<lb/>
betrachten.</p><p>Von der Sünde nämlich sollet ihr das Schädliche und<lb/>
Schimpfliche wohl unterscheiden. Es giebt nämlich Dinge,<lb/>
welche Schaden und Schande bringen, und doch nicht<lb/>
Sünde sind, z. B. ein Verstoß gegen den Anstand, eine<lb/>
unvorsichtige Rede, das Zerbrechen eines Geschirres, das<lb/>
Alles wird oft sehr schwer bestraft, während offenbare<lb/>
Todsünden kaum getadelt werden. Was ist die Folge hier-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[214/0226]
mir in das ewige Feuer!“ Wohl hören mich diese Un-
glücklichen nicht, aber desto unglücklicher für sie ist die
schreckliche, Nacht der Ewigkeit.
Also das Gute darf nie bestraft werden. Dann
nehmet euch wohl in Acht, bloßer Gebrechen wegen die
Ruthe zu gebrauchen. Ein Kind kann nicht recht laufen:
es wird geschlagen, weil es in seinem Elende zu spät
kommt. Ein anderes kann in seiner Schwäche nicht nach
den Launen der Eltern arbeiten, und wird deswegen ge-
züchtigt. Ein drittes ist schwachen Geistes und begreift
deshalb alles sehr langsam und manches gar nicht: darf
es deswegen in oder außer der Schule geprügelt werden
oder verdienen all diese Gebrechen Erbarmen und Mitleid?
Endlich haben die Kinder allerlei Unvollkommenheiten,
welche mehr oder weniger freiwillig sind. Fast alle sind
zerstreut und flatterhaft, vergeßlich und schwatzhaft, zu
Lärm und Spiel geneigt. Dies sollt ihr ihnen allerdings
abgewöhnen, aber deswegen keine Ruthe an ihnen zer-
schlagen. Ist ein Kind flatterhaft, so lasset es erst nach
Vollendung der Arbeit spielen, ist es unbeholfen, so machet
ihm die Sache vor, bis es darin irgendwie gewandt ist.
Eine Beschämung, ein kleines Fasten, ein bischen Haus-
arrest kann auch vom Guten sein. Nicht wahr, es ist
doch nicht so selbstverständlich, was der Ruthe und der
Züchtigung ruft? Wenn auch das auf den Bisherigen
klar, müssen wir gleichwohl noch einen hochwichtigen Punkt
betrachten.
Von der Sünde nämlich sollet ihr das Schädliche und
Schimpfliche wohl unterscheiden. Es giebt nämlich Dinge,
welche Schaden und Schande bringen, und doch nicht
Sünde sind, z. B. ein Verstoß gegen den Anstand, eine
unvorsichtige Rede, das Zerbrechen eines Geschirres, das
Alles wird oft sehr schwer bestraft, während offenbare
Todsünden kaum getadelt werden. Was ist die Folge hier-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/226>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.