Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

zahlt, aber im Himmel überreichlich belohnt werden. Da-
her denn die wiederholte Mahnung: "Wollet nicht Diener
der Menschen werden."
(I. Cor. VII.) Diese Worte gelten
nach der Auslegung des hl. Chrysosthomus (h. XIX. n. 4
in I. Cor.) nicht bloß den Knechten und Dienern sondern
auch den Herrschaften. "Aber wie" fragt er, "kann denn
der Knecht nicht Knecht sein?"
Wenn er alles wegen Gott
thut, und kein Augendiener ist. Wer aber nicht Knecht
ist, wird ein Knecht, sobald er aus Habsucht oder Ehr-
geiz oder Sinnlichkeit eine böse That vollbringt. Betrachte
nur Joseph in Putiphars Haus! Er war Knecht aber
nicht der Menschen, und deßhalb im Dienste der Freieste
von allen Freien. Deßhalb gehorchte er seiner Herrin
nicht, als sie zur Unzucht ihn verleiten wollte. Dieses
Weib hingegen war keine Magd und doch unfreier als
jede Magd, als sie ihrem Diener schmeichelte aber von
ihm abgewiesen wurde.

Wer ist da wahrhaft frei? Der keusche Joseph,
welcher dem ungestümen Verlangen seiner Herrin
widersteht. Wer ist da Sklave? Die Herrin, welche
in den Fesseln ihrer Leidenschaften die Schande
sucht, und von ihrem Knechte abgewiesen wird. - Das,
christliche Arbeiter, ihr möget abhängig sein wie immer,
ist euere Würde und Hoheit, vor welcher selbst der Gottlose
und der Verführer und die Verführerin Ehrfurcht haben
muß. Seid also mit euerer Lage, wenn sie auch drückend
sein sollte, doch nie unzufrieden, sondern füget euch geduldig
in die Anordnungen Gottes. Christliche Arbeiter, habet
Ehrfurcht vor einander, kommet eueren Vorgesetzten mit
Ehrfurcht entgegen; wer aber über euch steht, der soll euch
ehren als ebenbürtige Brüder in Christo Jesu. In dieser
gegenseitigen Ehrfurcht werden dann alle Glück und
Heil finden.

Zum Schlusse nun kehre ich zum Anfange zurück,

zahlt, aber im Himmel überreichlich belohnt werden. Da-
her denn die wiederholte Mahnung: „Wollet nicht Diener
der Menschen werden.“
(I. Cor. VII.) Diese Worte gelten
nach der Auslegung des hl. Chrysosthomus (h. XIX. n. 4
in I. Cor.) nicht bloß den Knechten und Dienern sondern
auch den Herrschaften. „Aber wie“ fragt er, „kann denn
der Knecht nicht Knecht sein?“
Wenn er alles wegen Gott
thut, und kein Augendiener ist. Wer aber nicht Knecht
ist, wird ein Knecht, sobald er aus Habsucht oder Ehr-
geiz oder Sinnlichkeit eine böse That vollbringt. Betrachte
nur Joseph in Putiphars Haus! Er war Knecht aber
nicht der Menschen, und deßhalb im Dienste der Freieste
von allen Freien. Deßhalb gehorchte er seiner Herrin
nicht, als sie zur Unzucht ihn verleiten wollte. Dieses
Weib hingegen war keine Magd und doch unfreier als
jede Magd, als sie ihrem Diener schmeichelte aber von
ihm abgewiesen wurde.

Wer ist da wahrhaft frei? Der keusche Joseph,
welcher dem ungestümen Verlangen seiner Herrin
widersteht. Wer ist da Sklave? Die Herrin, welche
in den Fesseln ihrer Leidenschaften die Schande
sucht, und von ihrem Knechte abgewiesen wird. – Das,
christliche Arbeiter, ihr möget abhängig sein wie immer,
ist euere Würde und Hoheit, vor welcher selbst der Gottlose
und der Verführer und die Verführerin Ehrfurcht haben
muß. Seid also mit euerer Lage, wenn sie auch drückend
sein sollte, doch nie unzufrieden, sondern füget euch geduldig
in die Anordnungen Gottes. Christliche Arbeiter, habet
Ehrfurcht vor einander, kommet eueren Vorgesetzten mit
Ehrfurcht entgegen; wer aber über euch steht, der soll euch
ehren als ebenbürtige Brüder in Christo Jesu. In dieser
gegenseitigen Ehrfurcht werden dann alle Glück und
Heil finden.

Zum Schlusse nun kehre ich zum Anfange zurück,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="37">
        <p><pb facs="#f0372" xml:id="H891_001_1896_pb0360_0001" n="360"/>
zahlt, aber im Himmel überreichlich belohnt werden. Da-<lb/>
her denn die wiederholte Mahnung: <q>&#x201E;Wollet nicht Diener<lb/>
der Menschen werden.&#x201C;</q> (I. Cor. VII.) Diese Worte gelten<lb/>
nach der Auslegung des hl. Chrysosthomus (h. XIX. n. 4<lb/>
in I. Cor.) nicht bloß den Knechten und Dienern sondern<lb/>
auch den Herrschaften. <q>&#x201E;Aber wie&#x201C;</q> fragt er, <q>&#x201E;kann denn<lb/>
der Knecht nicht Knecht sein?&#x201C;</q> Wenn er alles wegen Gott<lb/>
thut, und kein Augendiener ist. Wer aber nicht Knecht<lb/>
ist, wird ein Knecht, sobald er aus Habsucht oder Ehr-<lb/>
geiz oder Sinnlichkeit eine böse That vollbringt. Betrachte<lb/>
nur Joseph in Putiphars Haus! Er war Knecht aber<lb/>
nicht der Menschen, und deßhalb im Dienste der Freieste<lb/>
von allen Freien. Deßhalb gehorchte er seiner Herrin<lb/>
nicht, als sie zur Unzucht ihn verleiten wollte. Dieses<lb/>
Weib hingegen war keine Magd und doch unfreier als<lb/>
jede Magd, als sie ihrem Diener schmeichelte aber von<lb/>
ihm abgewiesen wurde.</p>
        <p>Wer ist da wahrhaft frei? Der keusche Joseph,<lb/>
welcher dem ungestümen Verlangen seiner Herrin<lb/>
widersteht. Wer ist da Sklave? Die Herrin, welche<lb/>
in den Fesseln ihrer Leidenschaften die Schande<lb/>
sucht, und von ihrem Knechte abgewiesen wird. &#x2013; Das,<lb/>
christliche Arbeiter, ihr möget abhängig sein wie immer,<lb/>
ist euere Würde und Hoheit, vor welcher selbst der Gottlose<lb/>
und der Verführer und die Verführerin Ehrfurcht haben<lb/>
muß. Seid also mit euerer Lage, wenn sie auch drückend<lb/>
sein sollte, doch nie unzufrieden, sondern füget euch geduldig<lb/>
in die Anordnungen Gottes. Christliche Arbeiter, habet<lb/>
Ehrfurcht vor einander, kommet eueren Vorgesetzten mit<lb/>
Ehrfurcht entgegen; wer aber über euch steht, der soll euch<lb/>
ehren als ebenbürtige Brüder in Christo Jesu. In dieser<lb/>
gegenseitigen Ehrfurcht werden dann alle Glück und<lb/>
Heil finden.</p>
        <p>Zum Schlusse nun kehre ich zum Anfange zurück,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0372] zahlt, aber im Himmel überreichlich belohnt werden. Da- her denn die wiederholte Mahnung: „Wollet nicht Diener der Menschen werden.“ (I. Cor. VII.) Diese Worte gelten nach der Auslegung des hl. Chrysosthomus (h. XIX. n. 4 in I. Cor.) nicht bloß den Knechten und Dienern sondern auch den Herrschaften. „Aber wie“ fragt er, „kann denn der Knecht nicht Knecht sein?“ Wenn er alles wegen Gott thut, und kein Augendiener ist. Wer aber nicht Knecht ist, wird ein Knecht, sobald er aus Habsucht oder Ehr- geiz oder Sinnlichkeit eine böse That vollbringt. Betrachte nur Joseph in Putiphars Haus! Er war Knecht aber nicht der Menschen, und deßhalb im Dienste der Freieste von allen Freien. Deßhalb gehorchte er seiner Herrin nicht, als sie zur Unzucht ihn verleiten wollte. Dieses Weib hingegen war keine Magd und doch unfreier als jede Magd, als sie ihrem Diener schmeichelte aber von ihm abgewiesen wurde. Wer ist da wahrhaft frei? Der keusche Joseph, welcher dem ungestümen Verlangen seiner Herrin widersteht. Wer ist da Sklave? Die Herrin, welche in den Fesseln ihrer Leidenschaften die Schande sucht, und von ihrem Knechte abgewiesen wird. – Das, christliche Arbeiter, ihr möget abhängig sein wie immer, ist euere Würde und Hoheit, vor welcher selbst der Gottlose und der Verführer und die Verführerin Ehrfurcht haben muß. Seid also mit euerer Lage, wenn sie auch drückend sein sollte, doch nie unzufrieden, sondern füget euch geduldig in die Anordnungen Gottes. Christliche Arbeiter, habet Ehrfurcht vor einander, kommet eueren Vorgesetzten mit Ehrfurcht entgegen; wer aber über euch steht, der soll euch ehren als ebenbürtige Brüder in Christo Jesu. In dieser gegenseitigen Ehrfurcht werden dann alle Glück und Heil finden. Zum Schlusse nun kehre ich zum Anfange zurück,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/372
Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/372>, abgerufen am 18.06.2024.