Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Was will ich denn sagen? Ihr wisset doch, wie
man von manchen zu behaupten pflegt: "Die müssen eben
einander heirathen."
Wohl wird das oft mit Unrecht be-
hauptet, aber doch leicht geglaubt. Das ist nun ein sehr
böses Zeichen. Warum? Ich sage den Grund mit be-
trübtem Herzen.

Die Leichtfertigkeit, mit der man einerseits solche
Reden ausstreut und anderseits als glaubwürdig aufnimmt,
beweist ja die allgemein verbreitete Ansicht, daß diese
Bekanntschaften ein gewisses Gebot vielfach zu vergessen
scheinen. Wie es daher für jede anständige Familie Trauer
und Schande ist, wenn es mit ihren Söhnen und Töchtern
nicht mehr in Ordnung, so muß es auch eine Ehre und Aus-
zeichnung und Freude sein, wenn die Braut mit wohlver-
dientem Jungfraukranze am Altare kniet. Ihr möget also
diese Bekanntschaften betrachten wie ihr wollet, ihr könnet
nur zu dem Schluße kommen: Die Bekanntschaft soll
eine Ehrensache der Familie sein. Diese Familienangelegen-
heit ist aber zudem noch eine heilige.

Wer etwa diese Behauptung nach Sitte der Welt
als übertrieben oder gar lächerlich finden sollte, der beher-
zige einmal, was ich zu sagen habe. Diese Ehrensache
der Familie ist eine heilige in Rücksicht auf die Braut-
leute und den Zweck der Bekanntschaft.

Nehmet zuerst diese beiden jungen Leute. Ihr kennet
wohl alle die Geschichte vom jungen Tobias und der
Sara. Tobias ehrte seine Eltern alle Tage seines Lebens,
hütete sich vor aller Unkeuschheit, hatte Gott in seinem
Herzen, und lobte ihn zu aller Zeit. Sara mischte sich
nie unter die Tanzenden und Muthwilligen, hielte ihre Seele
rein vor aller Begierlichkeit, begehrte nie einen Mann;
und wenn sie auch sieben Männer nacheinander hatte, so
nahm sie dieselben nicht aus Lust, sondern aus Furcht,
gegen den Willen Gottes zu handeln; diese, ihrer unwür-

Was will ich denn sagen? Ihr wisset doch, wie
man von manchen zu behaupten pflegt: „Die müssen eben
einander heirathen.“
Wohl wird das oft mit Unrecht be-
hauptet, aber doch leicht geglaubt. Das ist nun ein sehr
böses Zeichen. Warum? Ich sage den Grund mit be-
trübtem Herzen.

Die Leichtfertigkeit, mit der man einerseits solche
Reden ausstreut und anderseits als glaubwürdig aufnimmt,
beweist ja die allgemein verbreitete Ansicht, daß diese
Bekanntschaften ein gewisses Gebot vielfach zu vergessen
scheinen. Wie es daher für jede anständige Familie Trauer
und Schande ist, wenn es mit ihren Söhnen und Töchtern
nicht mehr in Ordnung, so muß es auch eine Ehre und Aus-
zeichnung und Freude sein, wenn die Braut mit wohlver-
dientem Jungfraukranze am Altare kniet. Ihr möget also
diese Bekanntschaften betrachten wie ihr wollet, ihr könnet
nur zu dem Schluße kommen: Die Bekanntschaft soll
eine Ehrensache der Familie sein. Diese Familienangelegen-
heit ist aber zudem noch eine heilige.

Wer etwa diese Behauptung nach Sitte der Welt
als übertrieben oder gar lächerlich finden sollte, der beher-
zige einmal, was ich zu sagen habe. Diese Ehrensache
der Familie ist eine heilige in Rücksicht auf die Braut-
leute und den Zweck der Bekanntschaft.

Nehmet zuerst diese beiden jungen Leute. Ihr kennet
wohl alle die Geschichte vom jungen Tobias und der
Sara. Tobias ehrte seine Eltern alle Tage seines Lebens,
hütete sich vor aller Unkeuschheit, hatte Gott in seinem
Herzen, und lobte ihn zu aller Zeit. Sara mischte sich
nie unter die Tanzenden und Muthwilligen, hielte ihre Seele
rein vor aller Begierlichkeit, begehrte nie einen Mann;
und wenn sie auch sieben Männer nacheinander hatte, so
nahm sie dieselben nicht aus Lust, sondern aus Furcht,
gegen den Willen Gottes zu handeln; diese, ihrer unwür-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="8">
        <pb facs="#f0080" xml:id="H891_001_1896_pb0068_0001" n="68"/>
        <p>Was will ich denn sagen? Ihr wisset doch, wie<lb/>
man von manchen zu behaupten pflegt: <q>&#x201E;Die müssen eben<lb/>
einander heirathen.&#x201C;</q> Wohl wird das oft mit Unrecht be-<lb/>
hauptet, aber doch leicht geglaubt. Das ist nun ein sehr<lb/>
böses Zeichen. Warum? Ich sage den Grund mit be-<lb/>
trübtem Herzen.</p>
        <p>Die Leichtfertigkeit, mit der man einerseits solche<lb/>
Reden ausstreut und anderseits als glaubwürdig aufnimmt,<lb/>
beweist ja die allgemein verbreitete Ansicht, daß <hi rendition="#g">diese</hi><lb/>
Bekanntschaften ein gewisses Gebot vielfach zu vergessen<lb/>
scheinen. Wie es daher für jede anständige Familie Trauer<lb/>
und Schande ist, wenn es mit ihren Söhnen und Töchtern<lb/>
nicht mehr in Ordnung, so muß es auch eine Ehre und Aus-<lb/>
zeichnung und Freude sein, wenn die Braut mit wohlver-<lb/>
dientem Jungfraukranze am Altare kniet. Ihr möget also<lb/>
diese Bekanntschaften betrachten wie ihr wollet, ihr könnet<lb/>
nur zu dem Schluße kommen: Die Bekanntschaft soll<lb/>
eine Ehrensache der Familie sein. Diese Familienangelegen-<lb/>
heit ist aber zudem noch eine heilige.</p>
        <p>Wer etwa diese Behauptung nach Sitte der Welt<lb/>
als übertrieben oder gar lächerlich finden sollte, der beher-<lb/>
zige einmal, was ich zu sagen habe. Diese Ehrensache<lb/>
der Familie ist eine heilige in Rücksicht auf die Braut-<lb/>
leute und den Zweck der Bekanntschaft.</p>
        <p>Nehmet zuerst diese beiden jungen Leute. Ihr kennet<lb/>
wohl alle die Geschichte vom jungen Tobias und der<lb/>
Sara. Tobias ehrte seine Eltern alle Tage seines Lebens,<lb/>
hütete sich vor aller Unkeuschheit, hatte Gott in seinem<lb/>
Herzen, und lobte ihn zu aller Zeit. Sara mischte sich<lb/>
nie unter die Tanzenden und Muthwilligen, hielte ihre Seele<lb/>
rein vor aller Begierlichkeit, begehrte nie einen Mann;<lb/>
und wenn sie auch sieben Männer nacheinander hatte, so<lb/>
nahm sie dieselben nicht aus Lust, sondern aus Furcht,<lb/>
gegen den Willen Gottes zu handeln; diese, ihrer unwür-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0080] Was will ich denn sagen? Ihr wisset doch, wie man von manchen zu behaupten pflegt: „Die müssen eben einander heirathen.“ Wohl wird das oft mit Unrecht be- hauptet, aber doch leicht geglaubt. Das ist nun ein sehr böses Zeichen. Warum? Ich sage den Grund mit be- trübtem Herzen. Die Leichtfertigkeit, mit der man einerseits solche Reden ausstreut und anderseits als glaubwürdig aufnimmt, beweist ja die allgemein verbreitete Ansicht, daß diese Bekanntschaften ein gewisses Gebot vielfach zu vergessen scheinen. Wie es daher für jede anständige Familie Trauer und Schande ist, wenn es mit ihren Söhnen und Töchtern nicht mehr in Ordnung, so muß es auch eine Ehre und Aus- zeichnung und Freude sein, wenn die Braut mit wohlver- dientem Jungfraukranze am Altare kniet. Ihr möget also diese Bekanntschaften betrachten wie ihr wollet, ihr könnet nur zu dem Schluße kommen: Die Bekanntschaft soll eine Ehrensache der Familie sein. Diese Familienangelegen- heit ist aber zudem noch eine heilige. Wer etwa diese Behauptung nach Sitte der Welt als übertrieben oder gar lächerlich finden sollte, der beher- zige einmal, was ich zu sagen habe. Diese Ehrensache der Familie ist eine heilige in Rücksicht auf die Braut- leute und den Zweck der Bekanntschaft. Nehmet zuerst diese beiden jungen Leute. Ihr kennet wohl alle die Geschichte vom jungen Tobias und der Sara. Tobias ehrte seine Eltern alle Tage seines Lebens, hütete sich vor aller Unkeuschheit, hatte Gott in seinem Herzen, und lobte ihn zu aller Zeit. Sara mischte sich nie unter die Tanzenden und Muthwilligen, hielte ihre Seele rein vor aller Begierlichkeit, begehrte nie einen Mann; und wenn sie auch sieben Männer nacheinander hatte, so nahm sie dieselben nicht aus Lust, sondern aus Furcht, gegen den Willen Gottes zu handeln; diese, ihrer unwür-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/80
Zitationshilfe: Hug, Gallus Joseph: Die christliche Familie im Kampfe gegen feindliche Mächte. Vorträge über christliche Ehe und Erziehung. Freiburg (Schweiz), 1896, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hug_familie_1896/80>, abgerufen am 27.11.2024.