Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.Theil I. bis Justinian. nements. Aber diese Aufmunterung konntenicht länger der einreissenden allgemeinen Varbarey widerstehen, da jetzt Gelehrsam- keit zum römischen Rechte weit nöthiger war, als da man noch manches alle Tage sah, was man jetzt nur aus Büchern lernen konn- te, und meist gar nicht lernte. Eine Men- ge Schriftsteller, mehr als ein Kaiser, und selbst Justinian bemerkt den elenden Zustand des ganzen Studiums. In seiner Constitu- tio de ratione & methodo jus docendi ad An- tecessores beruft er sich auf ihr eigenes Zeug- niß, ob man von so vielen juristischen Schrif- ten, die doch bisher lauter leges gewesen seyen, mehr als sechs Bücher deutlich erklärt habe, ob es nicht Sitte sey, selbst in diesen vieles zu überschlagen, und ob von den übri- gen Schriften ein Mensch etwas lese, wenn nicht etwa gerade die Praxis darauf führe, oder wenn nicht ein Professor Lust habe, doch ein wenig mehr zu wissen, als seine Schüler a)? a) §. 1. Et antea quidem, quemadmodum & Vestra seit prudentia ex tanta legum mul- titudine, quae in librorum quidem duo mil- lia - - - extendebatur, nihil aliud nisi sex tantummodo libros & ipsos confusos & jura vtilia in se perraro habentes a voce ma- gistra studiosi accipiebant, caeteris jam de- suetis jam omnibus inuis - - - - & tunc- tantummodo ex aliqua minima parte reci- Theil I. bis Juſtinian. nements. Aber dieſe Aufmunterung konntenicht laͤnger der einreiſſenden allgemeinen Varbarey widerſtehen, da jetzt Gelehrſam- keit zum roͤmiſchen Rechte weit noͤthiger war, als da man noch manches alle Tage ſah, was man jetzt nur aus Buͤchern lernen konn- te, und meiſt gar nicht lernte. Eine Men- ge Schriftſteller, mehr als ein Kaiſer, und ſelbſt Juſtinian bemerkt den elenden Zuſtand des ganzen Studiums. In ſeiner Conſtitu- tio de ratione & methodo jus docendi ad An- teceſſores beruft er ſich auf ihr eigenes Zeug- niß, ob man von ſo vielen juriſtiſchen Schrif- ten, die doch bisher lauter leges geweſen ſeyen, mehr als ſechs Buͤcher deutlich erklaͤrt habe, ob es nicht Sitte ſey, ſelbſt in dieſen vieles zu uͤberſchlagen, und ob von den uͤbri- gen Schriften ein Menſch etwas leſe, wenn nicht etwa gerade die Praxis darauf fuͤhre, oder wenn nicht ein Profeſſor Luſt habe, doch ein wenig mehr zu wiſſen, als ſeine Schuͤler a)? a) §. 1. Et antea quidem, quemadmodum & Veſtra ſeit prudentia ex tanta legum mul- titudine, quae in librorum quidem duo mil- lia ‒ ‒ ‒ extendebatur, nihil aliud niſi ſex tantummodo libros & ipſos confuſos & jura vtilia in ſe perraro habentes a voce ma- giſtra ſtudioſi accipiebant, caeteris jam de- ſuetis jam omnibus inuis ‒ ‒ ‒ ‒ & tunc- tantummodo ex aliqua minima parte reci- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0216" n="204"/><fw place="top" type="header">Theil <hi rendition="#aq">I.</hi> bis Juſtinian.</fw><lb/> nements. Aber dieſe Aufmunterung konnte<lb/> nicht laͤnger der einreiſſenden allgemeinen<lb/> Varbarey widerſtehen, da jetzt Gelehrſam-<lb/> keit zum roͤmiſchen Rechte weit noͤthiger war,<lb/> als da man noch manches alle Tage ſah,<lb/> was man jetzt nur aus Buͤchern lernen konn-<lb/> te, und meiſt gar nicht lernte. Eine Men-<lb/> ge Schriftſteller, mehr als ein Kaiſer, und<lb/> ſelbſt <hi rendition="#fr">Juſtinian</hi> bemerkt den elenden Zuſtand<lb/> des ganzen Studiums. In ſeiner <hi rendition="#aq">Conſtitu-<lb/> tio de ratione & methodo jus docendi ad An-<lb/> teceſſores</hi> beruft er ſich auf ihr eigenes Zeug-<lb/> niß, ob man von ſo vielen juriſtiſchen Schrif-<lb/> ten, die doch bisher lauter <hi rendition="#aq">leges</hi> geweſen<lb/> ſeyen, mehr als ſechs Buͤcher deutlich erklaͤrt<lb/> habe, ob es nicht Sitte ſey, ſelbſt in dieſen<lb/> vieles zu uͤberſchlagen, und ob von den uͤbri-<lb/> gen Schriften ein Menſch etwas leſe, wenn<lb/> nicht etwa gerade die Praxis darauf fuͤhre,<lb/> oder wenn nicht ein Profeſſor Luſt habe, doch<lb/> ein wenig mehr zu wiſſen, als ſeine Schuͤler <hi rendition="#aq">a</hi>)?</p><lb/> <note place="end" n="a)"> <hi rendition="#aq">§. 1. Et antea quidem, quemadmodum<lb/> & Veſtra ſeit prudentia ex tanta legum mul-<lb/> titudine, quae in librorum quidem duo mil-<lb/> lia ‒ ‒ ‒ extendebatur, nihil aliud niſi<lb/> ſex tantummodo libros & ipſos confuſos &<lb/> jura vtilia in ſe perraro habentes a voce ma-<lb/> giſtra ſtudioſi accipiebant, caeteris jam de-<lb/> ſuetis jam omnibus inuis ‒ ‒ ‒ ‒ & tunc-<lb/> tantummodo ex aliqua minima parte reci-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">tan-</hi> </fw><lb/> </note> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [204/0216]
Theil I. bis Juſtinian.
nements. Aber dieſe Aufmunterung konnte
nicht laͤnger der einreiſſenden allgemeinen
Varbarey widerſtehen, da jetzt Gelehrſam-
keit zum roͤmiſchen Rechte weit noͤthiger war,
als da man noch manches alle Tage ſah,
was man jetzt nur aus Buͤchern lernen konn-
te, und meiſt gar nicht lernte. Eine Men-
ge Schriftſteller, mehr als ein Kaiſer, und
ſelbſt Juſtinian bemerkt den elenden Zuſtand
des ganzen Studiums. In ſeiner Conſtitu-
tio de ratione & methodo jus docendi ad An-
teceſſores beruft er ſich auf ihr eigenes Zeug-
niß, ob man von ſo vielen juriſtiſchen Schrif-
ten, die doch bisher lauter leges geweſen
ſeyen, mehr als ſechs Buͤcher deutlich erklaͤrt
habe, ob es nicht Sitte ſey, ſelbſt in dieſen
vieles zu uͤberſchlagen, und ob von den uͤbri-
gen Schriften ein Menſch etwas leſe, wenn
nicht etwa gerade die Praxis darauf fuͤhre,
oder wenn nicht ein Profeſſor Luſt habe, doch
ein wenig mehr zu wiſſen, als ſeine Schuͤler a)?
a⁾ §. 1. Et antea quidem, quemadmodum
& Veſtra ſeit prudentia ex tanta legum mul-
titudine, quae in librorum quidem duo mil-
lia ‒ ‒ ‒ extendebatur, nihil aliud niſi
ſex tantummodo libros & ipſos confuſos &
jura vtilia in ſe perraro habentes a voce ma-
giſtra ſtudioſi accipiebant, caeteris jam de-
ſuetis jam omnibus inuis ‒ ‒ ‒ ‒ & tunc-
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