Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

Periode 2. Studium.
der Nachtheile der monarchischen Verfassung,
daß es sich bey uns so sehr geändert hat.

§. 78.

Bey den einzelen Beschäftigungen der Ju-
risten: respondere, scribere, cavere (denn
postulare und judicare gehörte, vielleicht zum
Glücke, noch nicht dazu) war der Anfragen-
de (consultor) entweder die Parthey, oder
der Redner, oder der Richter, oder selbst
der Prätor. Daß der Jurisconsultus meist
nur entschied, ohne über seine Gründe eine
Dissertation zu halten, daß er den Menschen-
verstand brauchte oder extensive erklärte, was
offenbar so erklärt werden mußte, daß seine
Antwort nicht eigentlich verband, aber doch
von Gewichte war, daß auch bey dieser Wis-
senschaft, wie bey jeder noch nicht gefesselten,
verschiedene Meynungen und Streitigkeiten
vorkamen, dies alles versteht sich wohl ziem-
lich von selbst. Das Notariatswesen war
noch nicht von den edlern Arbeiten getrennt,
und es erstreckte sich auch auf das, was eine
Parthey nach der alten nicht unvernünftigen
Sitte mündlich hersagen mußte.

§. 79.

Die Art zu studieren war noch nicht wis-
senschaftlich, denn die Bekanntschaft mit der

grie-
F

Periode 2. Studium.
der Nachtheile der monarchiſchen Verfaſſung,
daß es ſich bey uns ſo ſehr geaͤndert hat.

§. 78.

Bey den einzelen Beſchaͤftigungen der Ju-
riſten: reſpondere, ſcribere, cavere (denn
poſtulare und judicare gehoͤrte, vielleicht zum
Gluͤcke, noch nicht dazu) war der Anfragen-
de (conſultor) entweder die Parthey, oder
der Redner, oder der Richter, oder ſelbſt
der Praͤtor. Daß der Jurisconſultus meiſt
nur entſchied, ohne uͤber ſeine Gruͤnde eine
Diſſertation zu halten, daß er den Menſchen-
verſtand brauchte oder extenſive erklaͤrte, was
offenbar ſo erklaͤrt werden mußte, daß ſeine
Antwort nicht eigentlich verband, aber doch
von Gewichte war, daß auch bey dieſer Wiſ-
ſenſchaft, wie bey jeder noch nicht gefeſſelten,
verſchiedene Meynungen und Streitigkeiten
vorkamen, dies alles verſteht ſich wohl ziem-
lich von ſelbſt. Das Notariatsweſen war
noch nicht von den edlern Arbeiten getrennt,
und es erſtreckte ſich auch auf das, was eine
Parthey nach der alten nicht unvernuͤnftigen
Sitte muͤndlich herſagen mußte.

§. 79.

Die Art zu ſtudieren war noch nicht wiſ-
ſenſchaftlich, denn die Bekanntſchaft mit der

grie-
F
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0093" n="81"/><fw place="top" type="header">Periode 2. Studium.</fw><lb/>
der Nachtheile der monarchi&#x017F;chen Verfa&#x017F;&#x017F;ung,<lb/>
daß es &#x017F;ich bey uns &#x017F;o &#x017F;ehr gea&#x0364;ndert hat.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 78.</head><lb/>
              <p>Bey den einzelen Be&#x017F;cha&#x0364;ftigungen der Ju-<lb/>
ri&#x017F;ten: <hi rendition="#aq">re&#x017F;pondere, &#x017F;cribere, cavere</hi> (denn<lb/><hi rendition="#aq">po&#x017F;tulare</hi> und <hi rendition="#aq">judicare</hi> geho&#x0364;rte, vielleicht zum<lb/>
Glu&#x0364;cke, noch nicht dazu) war der Anfragen-<lb/>
de (<hi rendition="#aq">con&#x017F;ultor</hi>) entweder die Parthey, oder<lb/>
der Redner, oder der Richter, oder &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
der Pra&#x0364;tor. Daß der <hi rendition="#aq">Juriscon&#x017F;ultus</hi> mei&#x017F;t<lb/>
nur ent&#x017F;chied, ohne u&#x0364;ber &#x017F;eine Gru&#x0364;nde eine<lb/>
Di&#x017F;&#x017F;ertation zu halten, daß er den Men&#x017F;chen-<lb/>
ver&#x017F;tand brauchte oder <hi rendition="#aq">exten&#x017F;ive</hi> erkla&#x0364;rte, was<lb/>
offenbar &#x017F;o erkla&#x0364;rt werden mußte, daß &#x017F;eine<lb/>
Antwort nicht eigentlich verband, aber doch<lb/>
von Gewichte war, daß auch bey die&#x017F;er Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaft, wie bey jeder noch nicht gefe&#x017F;&#x017F;elten,<lb/>
ver&#x017F;chiedene Meynungen und Streitigkeiten<lb/>
vorkamen, dies alles ver&#x017F;teht &#x017F;ich wohl ziem-<lb/>
lich von &#x017F;elb&#x017F;t. Das Notariatswe&#x017F;en war<lb/>
noch nicht von den edlern Arbeiten getrennt,<lb/>
und es er&#x017F;treckte &#x017F;ich auch auf das, was eine<lb/>
Parthey nach der alten nicht unvernu&#x0364;nftigen<lb/>
Sitte mu&#x0364;ndlich her&#x017F;agen mußte.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 79.</head><lb/>
              <p>Die Art zu &#x017F;tudieren war noch nicht wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaftlich, denn die Bekannt&#x017F;chaft mit der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F</fw><fw place="bottom" type="catch">grie-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0093] Periode 2. Studium. der Nachtheile der monarchiſchen Verfaſſung, daß es ſich bey uns ſo ſehr geaͤndert hat. §. 78. Bey den einzelen Beſchaͤftigungen der Ju- riſten: reſpondere, ſcribere, cavere (denn poſtulare und judicare gehoͤrte, vielleicht zum Gluͤcke, noch nicht dazu) war der Anfragen- de (conſultor) entweder die Parthey, oder der Redner, oder der Richter, oder ſelbſt der Praͤtor. Daß der Jurisconſultus meiſt nur entſchied, ohne uͤber ſeine Gruͤnde eine Diſſertation zu halten, daß er den Menſchen- verſtand brauchte oder extenſive erklaͤrte, was offenbar ſo erklaͤrt werden mußte, daß ſeine Antwort nicht eigentlich verband, aber doch von Gewichte war, daß auch bey dieſer Wiſ- ſenſchaft, wie bey jeder noch nicht gefeſſelten, verſchiedene Meynungen und Streitigkeiten vorkamen, dies alles verſteht ſich wohl ziem- lich von ſelbſt. Das Notariatsweſen war noch nicht von den edlern Arbeiten getrennt, und es erſtreckte ſich auch auf das, was eine Parthey nach der alten nicht unvernuͤnftigen Sitte muͤndlich herſagen mußte. §. 79. Die Art zu ſtudieren war noch nicht wiſ- ſenſchaftlich, denn die Bekanntſchaft mit der grie- F

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/93
Zitationshilfe: Hugo, Gustav: Lehrbuch der Rechtsgeschichte bis auf unsre Zeiten. Berlin, 1790, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hugo_rechtsgeschichte_1790/93>, abgerufen am 21.11.2024.